Westerland/Wentorf. Erst war es nur ihr liebstes Urlaubsziel, jetzt machen sich Wentorfs Bürgervorsteher Lutz Helmrich und seine Frau auf der Insel selbstständig.

  • Lutz Helmrich und seine Frau Nicola Helmrich-Krüger erfüllen sich auf Sylt einen Traum
  • In Westerland eröffnet das Ehepaar einen ganz speziellen Trendladen
  • Kann das funktionieren, wenn ihr Wohnort weiterhin Wentorf bleibt?

Davon hat die Wentorferin Nicola Helmrich-Krüger schon lange geträumt: ein Keramik-Mal-Laden auf ihrer Lieblingsferieninsel Sylt. „Seit zwei Jahren haben wir uns immer wieder gesagt: ‚Mensch, ihr Sylter, könnt ihr so etwas nicht mal machen?‘“, erzählt die Frau von Wentorfs Bürgervorsteher Lutz Helmrich: „Nun machen wir es eben selbst.“ Die 55-Jährige besucht mit großer Leidenschaft Keramik-Kurse in der Malschule des Woods Art Institute (WAI) in Wentorf und liebt den Laden „Lieblingsstück“ an der Vierlandenstraße in Bergedorf.

Jetzt haben sie und ihr Mann an der Strandstraße in Westerland ein ähnliches Geschäft namens „Sylt Keramik“ eröffnet. Kundinnen und Kunden können dort Keramik selbst bemalen, glasieren und brennen lassen und schließlich fertig abholen. Wentorf kehrt das Ehepaar aber nicht den Rücken, dort soll der erste Wohnsitz erhalten bleiben.

Sylt: Besonderes Ehepaar eröffnet Trendladen in Westerland

Wenn es um Unternehmensgründungen geht, kennt das Ehepaar keine Berührungsängste: Der selbstständige Kaufmann und die Lerntherapeutin mit eigener Praxis wollten schon gemeinsam eine Privatschule gründen, was stets an den Immobilienangeboten scheiterte. Lutz Helmrich, gelernter Steuerberater, hatte zuletzt während der Corona-Pandemie Testzentren in Wentorf und in Hamburg-Bergedorf betrieben.

Selbstverständlich hat der Christdemokrat genau kalkuliert, was das Geschäft auf Sylt einbringen muss, damit es sich trägt. Außerdem muss es auch die angemietete Wohnung in Keitum finanzieren. „Im Moment ist das noch ein unternehmerisches Risiko“, sagt der 56-Jährige. Aber ebenso wie seine Frau ist er überzeugt: „Wir sind es gewohnt, dass unsere Freunde uns für verrückt erklären, aber das wird klappen!“

Keramik selbst bemalen, gemeinsam kreativ sein, liegt im Trend

Gerade ist es im Geschäft etwas ruhiger geworden, doch während der Osterfeiertage, konnten sich die Wentorfer kaum retten: „Die haben uns die Haare vom Kopf gepinselt“, scherzt die 55-jährige Mutter eines 18-jährigen Sohnes und einer 13 Jahre alten Tochter. Mit seiner Geschäftsidee liegt das Paar im Trend: Allein in Hamburg gibt es zehn Geschäfte, in denen die Kundinnen und Kunden Keramik bemalen können. Auch in Flensburg, Eckernförde, Kiel, Lüneburg und Bremen haben ähnliche Läden eröffnet.

Keramik-Mal-Laden Sylt: Die Mitarbeiterinnen von „Sylt Keramik“, Emilia (v. l.) und ihre Schwester Antonia Zieglgänsberger, bemalen mit Kim Horn und Sophia Binzer die von ihnen ausgesuchten Keramikbecher.
Keramik-Mal-Laden Sylt: Die Mitarbeiterinnen von „Sylt Keramik“, Emilia (v. l.) und ihre Schwester Antonia Zieglgänsberger, bemalen mit Kim Horn und Sophia Binzer die von ihnen ausgesuchten Keramikbecher. © Lutz Helmrich | Sylt Marketing

Die Konzepte ähneln sich: Die Kundinnen und Kunden kaufen einen Rohling, die Kosten für Farben, Glasur und Brennvorgang sind schon eingepreist. Dann geht es ans kreative Gestalten, häufig gemeinsam mit Freunden. „Wir haben zwei Brennöfen“, sagt Lutz Helmrich, der für das Handwerkliche und die Technik zuständig ist. „In jeden passen etwa 40 Keramikstücke.“ Dies hänge aber davon ab, was sich die Kunden aussuchen: Eine Kaffeekanne für 50 Euro braucht mehr Platz als ein kleiner Fisch für 9 Euro. Mit der Kreativität habe er es nicht so, das sei wieder der Part seiner Frau, die alle nur als Nina kennen.

Sylter freuen sich, dass jemand eine Aktivität für drinnen anbietet

„Die meisten suchen sich eine Tasse, einen Teller oder ein Frühstücksbrett für 20 bis 25 Euro aus. Die größeren Rohlinge sind eher etwas für Fortgeschrittene oder Gemeinschaftswerke für Familien“, erzählt Nicola Helmrich-Krüger. Das Tolle am Bemalen der Keramik: Jeder könne etwas Schönes schaffen, und man könne auch in der Gemeinschaft kreativ werden.

„Auf Sylt können die Menschen meist nur draußen und auf sportliche Weise aktiv werden“, weiß sie. „Eine Möglichkeit, drinnen kreativ zu werden, habe ich dort immer vermisst.“ Ihr Mann und die Kinder lieben das Bogenschießen und den Bogenbau. „Aber als Frau im mittleren Alter fand ich es nicht so prickelnd, in zugigen Zelten oder Holzhäusern zu sitzen, wenn ich kreativ werden wollte.“

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„Die Sylter freuen sich über unser neues Angebot“, hat Lutz Helmrich erfahren. „Denn wir bieten mehr als nur Schuhe kaufen, nicht noch eine Boutique oder noch einen Schmuckladen, sondern etwas, was sowohl die Touristen als auch die Sylter selbst schaffen können – und zwar auch bei schlechtem Wetter.“ Der Wentorfer Kommunalpolitiker hat sich in Kursen eines Lieferanten in Österreich selbst kundig gemacht, wie das läuft mit dem Brennen und Glasieren. Seine Frau verrät: „Wir haben einfach mal ‚Keramik-Studio eröffnen‘ gegoogelt.“

Beim Keramik bemalen können auch Anfänger schöne Werke schaffen

Dann hat das Paar im Januar den leer stehenden Laden an der Strandstraße entdeckt und Lutz Helmrich hat ihn für geeignet erklärt: „Wir können hier mal Durchzug machen, und wir haben ausreichend Platz. Bis zu 40 Menschen können gleichzeitig kreativ werden.“ Das Paar bekam den Zuschlag.

Nicola Helmrich-Krüger erklärt: „Unserer Kunden müssen keine Superkünstler sein. Die haben wir allerdings auch, eine Kundin schafft Werke zum Niederknien. Das ist etwas für jeden, auch für Senioren. Mit ganz leicht erlernbaren Techniken oder mit Schablonen kann man ein ganz individuelles Souvenir für den täglichen Gebrauch schaffen.“ In der Regel könnten die fertigen Teile am folgenden Tag um 17 Uhr bereits abgeholt werden.

Abwechselnd im Laden auf Sylt präsent, Studentinnen unterstützen

Geöffnet ist „Sylt Keramik“ an der Strandstraße 5 an sieben Tagen die Woche von 10 bis 19 Uhr, sonntags bis 17 Uhr. „Nur am 1. Mai ist Ruhetag, das gebietet die Bäderregelung“, sagt die Unternehmerin. „Aber da muss mein Mann ja auch als Bürgervorsteher in den Mai feiern.“ Zurzeit seien sie meist abwechselnd auf Sylt und im Laden. Sie arbeitet auch noch in einer Grundschule als Lerntherapeutin, kann daher nur während der Ferien und an Wochenenden vor Ort sein.

Lutz Helmrich ist durch die politischen Sitzungen unter der Woche eingespannt. Zur Unterstützung haben sie daher Werkstudentinnen eingestellt. Und ruhen mag Lutz Helmrich ohnehin nicht: Zurzeit tüftelt er an einer neuen Geschäftsidee. Worum es geht, will er noch nicht verraten.

Kontakt über www.syltkeramik.de