Basthorst. Der Tierschützer und Star der Vox-Serie „Harte Hunde“ war zu Gast auf der „Messe4dogs“ auf Gut Basthorst. Was er Hundehaltern rät.
In der Nacht zu Sonnabend (23. März) angekommen, haben sie in aller Frühe den Seitentrakt im Scheunengebäude auf Gut Basthorst zum Tattoo-Studio umgebaut. Für die „Zupacker“ rund um Tierschützer und Fernsehstar Ralf Seeger kein Problem. Während vier Team-Mitglieder die Tattoo-Aktionen koordinieren, sitzt der Chef ganz hinten und erledigt schnell ein paar Anrufe. Neue Anfragen, viele Hilferufe, unaufschiebbarer Orga-Kram.
Ralf Seeger ist ein gefragter Mann. Derweil geben sich die ersten Besucherinnen und Besucher der Hundemesse „messe4dogs“ auf dem historischen Gut von Enno Freiherr von Ruffin die Scheunentür in die Hand.
Gut Basthorst: Fernsehstar Ralf Seeger gibt Hundebesitzern Tipps
Das „Harte Hunde“-Team wird erst mal aus sicherer Distanz bestaunt. Denn viele Mitglieder sind bunt tätowiert, haben einen Irokesenschnitt und sehen auch von der Kleidung her eher wie hartgesottene Rocker aus als wie Tierfreunde. Aber selbst Kenner der gleichnamigen Vox-Serie überrascht das nicht: Die Jungs sind gut erzogen und beinah handzahm.
Selfie machen ist kein Problem, alle geben bereitwillig Auskunft. Und ja, Fernsehhund Tyson ist auch dabei. Fürs Foto wird die amerikanische Bulldogge nachher noch mit Herrchen posieren. Wobei die Niedlichkeitsform rein äußerlich weder auf Hund noch Halter zutrifft. Fakt ist: Der Mann hat Prinzipien und kennt sich mit Hunden aus. Grund genug, Ralf Seeger zehn Tipps zum Thema zu entlocken.
Herr Seeger, was muss ich wissen, bevor ich mir einen Hund anschaffe?
Ich sollte mir drei Fragen stellen. Habe ich den Platz, die Zeit und das Geld. Die dritte Frage wird leider immer wichtiger. Futter, Tierarzt und Hundesteuer können ganz schön ins Geld gehen. Das muss mir klar sein, wenn ich mir ein Tier anschaffe.
Wie schnell erkenne ich das Wesen eines Hundes?
Das geht nicht so schnell. Vor allem nicht bei Hunden, die im Tierheim leben. Die sind eingeschüchtert und haben nie so etwas wie Sozialkompetenz gelernt. So ein Tier offenbart sein Wesen erst, wenn es draußen ist. Erst dann kann es auch aggressiv werden, in prekären Situationen zubeißen oder die Flucht ergreifen. Besser ist, beim Menschen anzufangen. Wenn ich weiß, wie ich ticke, finde ich auch besser heraus, welches Tier zu mir passt. Gutes Personal im Tierheim kann mir dann viel besser den richtigen Hund vermitteln oder sollte es zumindest können.
Wieviel vom Charakter eines Hundes hängt von der Rasse ab?
Extrem viel. Bei einem Herdenschutzhund von 50 oder 60 Kilo Gewicht und einem stark ausgebildetem Territorialtrieb zum Beispiel, ist doch klar, dass da viel Kraft zusammenkommt, die ich bändigen muss.
In der Beziehung zwischen Herrchen oder Frauchen und Hund muss also immer einer der Chef sein?
Ich würde es anders nennen. Das Tier braucht einen Rudelführer, der die Richtung vorgibt. Sobald es Probleme oder Unklarheiten in der Hierarchie gibt, können Situationen entstehen, die nicht mehr zu händeln sind. Der Chef kann trotzdem ein Freund sein.
Funktioniert Hundeerziehung auch ohne Belohnung?
Geht. Aber mit Leckerli ist alles einfacher. Bestes Beispiel sind die Ladys mit dem Futter in der Bauchtasche. Den Futtertrieb zu nutzen, ist eine sichere Bank. Ich mache das nicht, weil ich einen Zugang zu den Tieren bekommen will, ohne sie zu manipulieren. Das hängt sicher damit zusammen, dass ich fast nur Problemhunde an meiner Seite habe. Meistens sind das Herdenschutzhunde und ordentliche Kolosse, die als Jungtier gequält und geschlagen worden sind. Für die muss ich mehr sein als ein Futtertrog.
Leckerli auf Schritt und Tritt erziehen den Hund also eher einseitig?
Mit dieser Methode verlässt man sich allein auf den Fresstrieb des Hundes. 90 Prozent aller Menschen machen das so. Das ist auch nicht falsch. Aber Hundehalter der alten Schule, dazu zähle ich mich nach 45 Jahren im Tierschutz, wollen etwas anderes. Ich glaube, dass jeder Hund noch ganz andere Fähigkeiten besitzt. Die will ich herauskitzeln, mit denen will ich arbeiten. Instinkt und Intelligenz von Tieren haben mir schon oft die Augen geöffnet. Da habe ich von ihnen gelernt. Die Körpersprache eines Hundes deuten zu können, schafft eine andere Beziehung zwischen Mensch und Tier. Man muss das aber wahrnehmen, und das braucht Zeit.
Früher wurden auch noch nicht brav die Hinterlassenschaften des Hundes eingesammelt. Nimmt der Hund das eigentlich wahr?
Ich denke, das ist dem Hund ziemlich wurst. Einen Sinn hat es schon. Es gab früher eben lange nicht so viele Hunde wie heute. Da ist es schon besser, wenn man in der Stadt oder im Park alles sauber hinterlässt. Im Wald kann man sich meiner Meinung nach die Plastiktüte sparen.
Sind Sie eigentlich schon mal gebissen worden?
Schon oft. Berufsrisiko. Aber das lag nicht am Tier. Es ist immer die Situation. Im Nachhinein kann ich mir das immer erklären. Außerdem, wenn ein Hund mit Menschen nur schlechte Erfahrungen gemacht hat, dann kann es schon sein, dass er irgendwann im wahrsten Sinn des Wortes die Schnauze voll von uns hat.
Wann raten Sie zur Kastration oder Sterilisation eines Tieres?
Das hängt von der Rasse und vom Alter ab. Hündinnen würde ich nach einer gewissen Zeit sterilisieren lassen. Beim Rüden hängt das sehr von der Rasse und vom Sozialverhalten ab. Das muss man individuell entscheiden und auf jeden Fall immer mit dem Tierarzt abklären.
Was sind die größten Irrtümer in der Hundeerziehung?
Dass es Gewalt oder Brutalität braucht, die braucht es aber nur, weil einer nicht mehr weiterweiß. Deshalb ist es so wichtig, sich selbst zu reflektieren, bevor man sich ein Tier anschafft. Das schafft Sicherheit und auf dieser Basis kann man mit Liebe und Ruhe arbeiten.
Zur Person: Ralf Seeger (61) ist Tierschützer, Schauspieler und Kampfsportler. Er hat eine Wachschutzfirma und ist Star der Vox-Serie „Harte Hunde“, in der er sich für Vierbeiner in Not einsetzt. Der gebürtige Nordrhein-Westfale engagiert sich seit mehr als 40 Jahren im Tierschutz.