Schwarzenbek/Geesthacht. Im November 2022 kam ein 27-Jähriger bei einem Frontalzusammenstoß in Geesthacht ums Leben. Starb er, weil sein Freund raste?

Die Unfallstelle an der Straße Am Schleusenkanal glich einem Trümmerfeld. Fahrzeugteile der beiden Unfallwagen lagen quer über die Straße verteilt, ein großes Straßenschild wurde aus der Verankerung gerissen. Und: Ein Mensch verlor am Abend des 15. November 2022 in Geesthacht sein Leben. Nun beginnt der Gerichtsprozess gegen einen der Fahrer – mit der Anklage der fahrlässigen Tötung.

„Nach derzeitigem Erkenntnisstand befuhr ein 28-jähriger Mann aus der Nähe von Geesthacht mit einem BMW die Straße Am Schleusenkanal in Richtung Hamburg“, sagte Polizeisprecherin Jacqueline Fischer am Tag nach dem Unfall. Zur gleichen Zeit fuhr ein Geesthachter (48) mit seinem VW T5 von der B404 auf die Straße und wollte nach links Richtung Geesthacht abbiegen.

Gutachter bestätigt: BMW war deutlich zu schnell

Dabei soll der Fahrer des VW-Bus den BMW übersehen haben, weswegen die beiden Autos frontal kollidierten. Der Verkehr hat auf der Straße Am Schleusenkanal an dieser Stelle Vorfahrt. Aber: Zeugenaussagen zufolge soll der BMW mit deutlich überhöhtem Tempo unterwegs gewesen sein.

Bei dem Unfall wurde der Beifahrer im BMW so schwer verletzt, dass er noch an der Unfallstelle starb. Der Fahrer des BMW und auch Insassen des VW T5 vom Helmholtz-Forschungszentrum kamen verletzt ins Krankenhaus.

Gesetz gegen Raser wurde im Jahr 2017 verschärft

Wie die Staatsanwaltschaft Lübeck auf Nachfrage mitteilt, wurde gegen den Fahrer des BMW, der aus Dassendorf stammt, im Juni 2023 Anklage erhoben – unter anderem wegen fahrlässiger Tötung. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Fahrer vor, dass dieser mit deutlich erhöhter Geschwindigkeit gefahren ist. „Dabei soll es dem Angeklagten aufgrund der von ihm gefahrenen hohen Geschwindigkeit nicht mehr gelungen sein, sein Fahrzeug rechtzeitig abzubremsen“, sagt Dr. Jens Buscher, Sprecher der Staatsanwaltschaft. Entsprechende Zeugenaussagen hatte auch ein Gutachter bestätigen können.

Auch ein Turbolader, der in Tuning-Kreisen verbreitet ist, wurde am Unfallort abgelegt.
Auch ein Turbolader, der in Tuning-Kreisen verbreitet ist, wurde am Unfallort abgelegt. © Dirk Palapies | Dirk Palapies

Nach dem Unglück war die Anteilnahme der Menschen aus der Region groß. An der Unfallstelle wurden zahlreiche Blumen, Kerzen und Beileidsbekundungen abgelegt. Doch auch ein ungewöhnlicher Gegenstand fand sich an der Kreuzung: ein ausgebauter Turbolader, der den Motor mit mehr Energie versorgt.

In der Folge bestand der Verdacht, dass an dem BMW unerlaubte Veränderungen vorgenommen wurden. Klar ist, dass der Wagen über ein Saisonkennzeichen verfügte, das zum Unfallzeitpunkt keine Gültigkeit besaß. Deshalb war der BMW nicht versichert.

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Ein wichtiger Aspekt des Prozesses gegen den Dassendorfer wird sein, wie das Gericht das Fahren mit überhöhter Geschwindigkeit wertet. Der Tatbestand eines illegalen Autorennens kann auch gegeben sein, wenn der Fahrer nicht mit anderen Fahrzeugen konkurriert, sondern alleine mit überhöhter Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig fährt. Nach mehreren Raser-Unfällen im Bundesgebiet, davon einigen mit Todesfolge, wurde 2017 bei illegalen Autorennen aus einer Ordnungswidrigkeit eine Straftat.

Auf illegale Straßenrennen steht eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren, verstirbt ein Beteiligter kann die Strafe bis zu zehn Jahre Gefängnis bedeuten. Der Gerichtsprozess gegen den Dassendorfer beginnt am 23. Januar am Amtsgericht Schwarzenbek. Zunächst sind drei Verhandlungstage angesetzt.