Schwarzenbek. Der bevölkerungsreiche Verbrüderungsring wird bisher nicht angefahren. Und Kälte macht den E-Bussen zu schaffen.

Es hat lange gedauert. Doch mit der Umstellung auf den Winterfahrplan 2022 bekam Schwarzenbek einen innerstädtischen Busverkehr – als letzte Stadt im Kreis Herzogtum Lauenburg. Ein Jahr ist das nun her: Zeit, eine Bilanz zu ziehen.

Mit der rein elektrischen Flotte hat die Europastadt zwischen Rathaus, Lupuspark und Schäferkoppel fünf der modernsten und saubersten E-Busse des Kreises im Einsatz. Die drei Linien erschließen die Wohnviertel im Norden, das Gewerbegebiet und das EKZ. Zum Stadtverkehrstarif des HVV (Einzelticket: 1,90 Euro) erreichen Fahrgäste aus jeder Himmelsrichtung den Bahnhof und die Regionalbuslinien.

Öffentlicher Nahverkehr: Ein Jahr Stadtbusse in Schwarzenbek

„Das ist schon ein Riesenfortschritt, aber könnte noch besser sein“, urteilt Dorothea Hämer. Die Buskundin aus dem Verbrüderungsring hätte gern eine Haltestelle, die näher als 500 Meter an ihrer Wohnung liegt. Der Verkehrsplaner des Kreises, Andrew Yomi, hatte der Stadtpolitik empfohlen, dass Bushaltestellen nicht mehr als 300 Meter vom Wohnort der Fahrgäste entfernt sein dürften, damit das Angebot als attraktiv empfunden wird.

Vier neunstöckige Hochhäuser stehen am Verbrüderungsring. „Da kommen doch eine ganze Menge Fahrgäste zusammen“, meint Hämer. Sie versteht nicht, warum der bevölkerungsreiche Stadtteil nicht bedient wird, obwohl die elektrischen Kleinbusse den Kreisel am Ende des Rings problemlos befahren und zum Richtungswechsel nutzen könnten. Noch aber bleibt alles beim Alten. Bis zum nächsten Fahrplanwechsel bleiben Ring und Kreisel busfrei.

Wer am Ende wie viel zahlt, bleibt die spannende Frage

Das eine ist die Wunschliste. Das andere, was wirtschaftlich und im Abgleich mit der Taktung im Bahnverkehr machbar und sinnvoll ist, erklärt Bürgermeister Norbert Lütjens. Auf der Wunschliste neuer Haltepunkte stehen nach Auskunft von Lütjens auch die Straße Alter Forsthof und das Gebiet rund um die Rülau. „In der Wahrnehmung der Bevölkerung sind die Buslinien auf jeden Fall angekommen“, sagt er und bestätigt, dass Politik und Verwaltung alle Verbesserungsvorschläge auf dem Zettel haben.

Zur ganzen Wahrheit gehöre jedoch auch die betriebswirtschaftliche Perspektive. Da müsse die Stadt jetzt schon realistisch einschätzen, was sie sich später leisten kann. Hintergrund: Von Dezember 2022 bis 2024 werden die Stadtverkehrslinien in Schwarzenbek mit rund 1,1 Millionen Euro vom Bund gefördert. Auf lange Sicht muss dann mit dem Kreis über den zukünftigen Finanzierungsrahmen gesprochen werden. „Alle sind aufgeschlossen. Wer am Ende wie viel zahlt, bleibt die spannende Frage“ so Lütjens.

TU Hamburg-Harburg wertet die Nutzung aktuell aus

Exakte Zahlen über die Nutzung der Busse und die Auswirkungen auf den innerstädtischen Verkehr wären jetzt schon mal ein wichtiger Gradmesser, liegen aber noch nicht vor. Mitarbeiter und Studenten der Technischen Universität Hamburg-Harburg arbeiten an einer begleitenden Untersuchung. Auch mit der Fachbereichsleitung ÖPNV beim Kreis steht die Stadtverwaltung in Kontakt. Bis konkrete Ergebnisse vorliegen, müsse man sich aber auf Beobachtungen und das Bauchgefühl verlassen.

Sicher ist: Die barrierefreien Kleinbusse mit Platz für bis zu 20 Fahrgäste kommen bei den Nutzern gut an. Zu Pendlerzeiten sind die Fahrzeuge oft voll besetzt, dazwischen schwanken die Zahlen. Gegenüber den Ausfällen im Regionalverkehr ist der städtische Ringverkehr weitaus verlässlicher.

Temperaturen um minus 10 Grad machen Elektrobussen zu schaffen

Nach Reparaturanfälligkeit und technischen Tücken der E-Busse befragt, fasst VHH-Pressesprecherin Christina Sluga die Erfahrungen des vergangenen Jahres wie folgt zusammen: Grundsätzlich laufen die Fahrzeuge zuverlässig und sind aufs Jahr gesehen nicht reparaturanfälliger als Dieselbusse.

„Allerdings“, so Sluga „hat der jüngste Kälteeinbruch mit Temperaturen von bis zu minus 10 Grad den Fahrzeugen zu schaffen gemacht. Es musste teilweise festgestellt werden, dass die verbaute Heizung sowie die Batterieladeleistung bei extremer Kälte nicht zufriedenstellend agieren.“ In Kontakt mit dem Hersteller arbeiten die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein derzeit „unter Hochdruck“ an der Lösung dieses technischen Problems.

Eine erfreuliche Erfahrung sollte da auf jeden Fall noch offiziell gemacht werden. „Die Fahrer sind nett“, weiß Dorothea Hämer, die bei ihren Fahrten immer wieder feststellt, wie schnell man in den kleinen Bussen ins Gespräch kommt. Es soll sogar schon vorgekommen sein, dass ein Fahrgast in dem Rund von 27 Haltestellen einfach zum Schnacken sitzen geblieben ist.