Havekost. Die 32-Jährige aus Havekost betreibt ihr Hobby mit Leidenschaft. Nun möchte sie weitere Frauen im Kreis Herzogtum Lauenburg begeistern.

Für Aileen Dreyer ist es vollkommen klar: „Die Jagd war schon immer Frauensache“, sagt sie. „Schließlich ist Artemis in der griechischen Mythologie die Göttin der Jagd.“ Bleibt eigentlich kein Platz für Zweifel. Doch bis heute gilt die Jagd als ein Metier, das von älteren Herren mit Bart und Dackel dominiert wird, weiß die Havekosterin. Ein Vorurteil, mit dem sie aufräumen möchte. Denn, so berichtet die 32-Jährige: Die Jagd wird nicht nur weiblicher, sondern auch immer jünger.

Schätzungen des Deutschen Jagdverbands belegen das. Demnach ist der Frauenanteil unter den rund 400.000 Jägerinnen und Jägern in Deutschland mit rund sieben Prozent zwar noch immer gering, Tendenz aber stark steigend. In der Ausbildung etwa sei der Frauenanteil innerhalb eines Jahrzehnts von 20 auf 28 Prozent gestiegen.

Jagd als Hobby: Immer mehr jungen Frauen sind dabei

Aileen Dreyer ist über ihren Beruf in der Landwirtschaft zur Jagd gekommen. „Da wird natürlich immer viel über Wildschäden gemeckert“, sagt sie. „Daher habe ich mich entschieden, dass ich selbst dagegen etwas machen möchte.“ Sie sei ein wenig blauäugig an die ganze Geschichte rangegangen, sagt Dreyer selbst. „Ich habe unterschätzt, wie viel dazugehört.“ Es gehe eben nicht nur darum, ein „Stück“ zu erlegen, sondern auch um die Wildtierpopulation, Waffenkunde und auch juristische Aspekte.

Jägerinnen und Jäger sorgen während der Setzzeit dafür, dass keine Lebewesen in die Landwirtschaftsmaschinen geraten. Dabei werden nicht nur Drohnen, sondern auch Wärmebildkameras eingesetzt, um die Tiere schneller zu finden. Auch das Anlegen von Blühwiesen gehöre zu den Aufgaben. Und Dreyer, die ihren Jagdschein erst vor zwei Jahren gemacht hat, bildet auch selbst Jagdhunde aus. Dabei müsse sie ergründen, welche Veranlagung ihr Deutsch-Drahthaar Jella hat und für welche Aufgaben der Hund geeignet ist. Wichtig sei, dass der Hund die Witterung von Wildtieren aufnehmen kann. „Ich möchte Jella auch beibringen, dass sie apportieren kann. Das heißt, sie soll das erlegte Stück zu mir bringen, damit ich nicht durch den kompletten Wald laufen muss“, erklärt sie. Aber auch schussfest müsse der Hund werden, damit er nicht aufschreckt, wenn es in der Ferne knallt.

Jungjägerin Aileen Dreyer: „Kann eigentlich gar kein Blut sehen“

Neben Naturschutz und Pflege ist aber auch der Umgang mit der eigenen Nahrung ein wichtiger Aspekt für Aileen Dreyer. Zwar kaufe sie nach wie vor auch mal ein Paket Salami im Supermarkt, sie wolle aber auch selbst für sich und ihre vierköpfige Familie und ihre Eltern für Nahrung sorgen. „Wenn ich sehe, dass ich nur noch wenig Hack oder Gulasch in der Tiefkühltruhe habe, gehe ich demnächst selbst auf die Jagd“, sagt sie. Das müsse aber gut geplant sein und kann auch mal ein paar Wochen dauern. „Es geht nämlich nicht nur darum, ein Tier zu schießen, sondern eines auszuwählen, das auch gut geeignet ist.“

Dabei müsse sie darauf achten, wie gerade die Bestände der einzelnen Wildarten im Revier sind. Schwarzwild habe nämlich ganzjährig Jagdzeit, Rehwild aber nicht. In den Wäldern im Kreis Herzogtum Lauenburg seien die Bestände ganz unterschiedlich verteilt.

Die Jägerin hat auch schon eine Begegnung mit einem Wolf gehabt

Als sie mit der Jagd angefangen hat, seien einige Freunde und auch ihre Familie zunächst skeptisch gewesen. „Meine Mutter hat gar nicht verstanden, was das überhaupt soll“, berichtet sie. Dabei wurde auch in Zweifel gezogen, ob sie überhaupt jagen könne. „Blut kann ich nämlich nicht sehen“, sagt Dreyer. Sie habe ihren Eltern, die keine Jäger sind, aber schnell klarmachen können, was sie an der Jagd reizt. Anders sei dies bei Familienmitgliedern gewesen, die in der Stadt wohnen. „Die hatten schon mehr Fragen und waren auch ein bisschen kritischer.“ Dabei seien besonders emotionale Aspekte hinterfragt worden.

Für Aileen Dreyer gehören auch Revierpflege und der Schutz von Jungtieren zur Jagd.
Für Aileen Dreyer gehören auch Revierpflege und der Schutz von Jungtieren zur Jagd. © privat | Privat

Auch der Wolf ist Aileen Dreyer schon in den lauenburgischen Wäldern begegnet. Der sei aber ein Fluchttier und fürchte sich eher vor Menschen, als dass er angreift. Anders könne dies aussehen, wenn es sich um ein ganzes Rudel oder ein krankes Tier handelt. „Wichtig ist, dass man einschätzen kann, wie sich so ein Tier verhält“, sagt sie. Seit Dreyer ihren Jagdschein gemacht hat, melden sich auch Bekannte bei ihr und fragen nach Rat. „Eine Freundin hat neulich auf einer Gassirunde auf dem Feld einen Wolf gesehen und mich angerufen, was sie machen soll“, berichtet sie. Wichtig sei schlicht, dass man nicht panisch wird. „Ich habe ihr gesagt, dass sie ihre Runde gehen kann, wenn sie möchte. Sie soll aber weiter atmen.“

Junge Generation Jägerinnen und Jägern will mt Klischees aufräumen

Wie Aileen Dreyer es beschreibt, versuche die junge Generation Jägerinnen und Jäger, sich offen und transparent zu zeigen. Nur so sei es möglich, mit den vorherrschenden Klischees aufzuräumen. Dabei spiele auch das Internet und speziell Social Media eine wichtige Rolle. „Dort bekommen allerdings die Bilder die meisten Klicks, auf denen erlegte Tiere gezeigt werden“, sagt Andreas Bärwald, der Obmann für Öffentlichkeitsarbeit der Kreisjägerschaft Herzogtum Lauenburg, die aktuell 1187 Mitglieder zählt. Das Anlegen einer neuen Blühwiese sei demnach deutlich weniger aufregend als ein erlegter Hirsch. „Wichtig ist, dass wir ein ehrliches Bild vermitteln“, sagt er.

Zwar sei den älteren Jägern der Einsatz von moderner Technik nicht immer leicht zu vermitteln, traditionelle Werte könne man von den Erfahrenen trotzdem lernen. „Gerade was den Umgang mit den erlegten Stücken angeht, kann man von Älteren viel lernen“, sagt Aileen Dreyer. Es habe sie schwer beeindruckt, als sie gesehen hat, wie ein älterer Jägerkollege seinen Hut abnahm und innehielt, um dem erlegten Reh die letzte Ehre zu erweisen.

Wichtig sei ihr, dass Alt und Jung und Männer und Frauen über ihre Vorstellungen der Jagd sprechen. Um Jungjägerinnen den Einstieg leichter zu machen, hat sie die Initiative „Jägerinnen im Herzogtum“ gegründet. Bei quartalsweisen Treffen möchte sie sich künftig mit anderen jungen Frauen über die Jagd austauschen. „Nach wenigen Wochen haben wir schon rund 20 Mitglieder“, zeigt sie sich zufrieden.