Ratzeburg. Seit März lebten die jungen Ukraine-Flüchtlinge in Ratzeburg im Frieden. Dass sie jetzt schon zurückkehren, bereitet Helfern Sorgen.

Sie sind im Frühjahr vor Krieg und Bomben aus der Heimat geflohen. 60 Kinder aus der Ukraine und etwa 30 Betreuer und Familienangehörige haben im März im Haus am See in Ratzeburg ein neues Zuhause gefunden. Jetzt kehren die Kriegsflüchtlinge zurück. In ein Land, in dem weiterhin der Krieg tobt und in dem viele Menschen einen kalten Winter ohne Strom, Heizung und fließendes Wasser fürchten.

Junge Ukraine-Flüchtlinge fahren zurück in ein Land im Krieg

In den vergangenen Wochen haben sich die russischen Aggressoren daran gemacht, die Infrastruktur für die Versorgung der Menschen gezielt zu zerstören. In den ersten Monaten nach dem russischen Überfall waren neben Ladenzeilen, Wohnblocks und Verkehrswegen immer wieder auch Kitas und Schulen von Artilleriegranaten, Raketen und Bomben getroffen und zerstört worden. Viele Zivilsten wurden dabei getötet oder schwer verletzt. Der Strom der Flüchtlinge reißt nicht ab.

Die kleinen Flüchtlinge vom Säugling bis zum Vorschulkind sollen jedoch vorerst nicht in ihre Heimatregion zurückkehren. Bei Sumy im Osten des Landes sind noch kürzlich Raketen und Granaten eingeschlagen. Unterkunft sollen die Heimkehrer zunächst im Westen des Landes in zwei Spitälern finden.

Zwei Spitäler in der West-Ukraine sollen die Kinder aufnehmen

Mehrere Kinder, die infolge von schweren Behinderungen nicht reisefähig sind, werden zunächst in Mölln untergebracht. Sie sollen erst in die Ukraine zurückkehren, wenn das Kinderheim Sumy wieder den Betrieb aufnehmen kann.

Das Sorgerecht für die kleinen Flüchtlinge liegt bei ihren ukrainischen Vormündern oder ihren Eltern. Einige waren nur vorübergehend im Heim untergebracht. Für andere Kinder stehe eine Adoption unmittelbar bevor, heißt es von Verantwortlichen. Zu Deutsch: Die Entscheidung für die Rückkehr ist nicht in Ratzeburg gefallen, sondern in der Ukraine.

Gemischte Gefühle begleiten die kleinen Ukrainer

Auch wenn die Betreuung der Kinder in ihrer Heimat auf eine breitere personelle Basis gestellt werden soll, sehen viele Beteiligte in Deutschland die Entscheidung mit gemischten Gefühlen. „Viele Ratzeburgerinnen und Ratzeburger haben geholfen, dass die Aufnahme herzlich und mitmenschlich gestaltet wurde“, sagt Bürgermeister Eckhard Graf. „Wir sind froh, dass wir in dieser Weise ein sicherer Hafen sein konnten und sehen die Rückkehr der Einrichtung mit dem Wissen um die Situation in der Ukraine nicht mit leichtem Herzen.“

Landrat Christoph Mager würdigt das Engagement der Menschen für die kleinen Flüchtlinge und das Betreuungsteam. Die Hilfsbereitschaft war beeindruckend, sie ging über Sach- und Geldspenden hinaus. Viele hätten sich über die wachsende Unbeschwertheit der kleinen Gäste gefreut. Die Rückkehr in die Heimat bereite Sorgen, so Mager: „Umso wichtiger ist es uns, auch aus der Ferne zu unterstützen, sofern dies notwendig ist.“

Aktive Helfer haben rasche Aufnahme der Ukraine-Flüchtlinge möglich gemacht

Engagierte Ratzeburger hatten im März die gute Unterbringung der kleinen Flüchtlinge zu ihrer eigenen Sache gemacht. Ohne dieses engagierte Anpacken und das enge Zusammenwirken mit Stadt und Kreis wäre es kaum gelungen, „binnen zwei Tagen das frühere Seniorenheim für die Aufnahme der kleinen Flüchtlinge herzurichten“, erläutert Kreissprecher Tobias Frohnert. Damit war die Hilfe nicht vorbei: Mit Sammelaktionen sorgten engagierte Bürger für Bekleidung, Spielzeug und einiges mehr.