Metropolregion Hamburg. Mehr heiße Tage, tropische Nächte, veränderte Niederschläge – wie das Hamburger Umland auf den Klimawandel reagieren sollte.

Hitze und Hochwasser – das sind die durch den Klimawandel zunehmenden Wetterextreme, die Hamburg und sein Umland zu meistern haben. Das zeigen Klimaszenarien und ansatzweise auch schon das reale Wettergeschehen.

Es wird Zeit, sich gegen belastende Wetterlagen besser zu schützen, sagen Insa Meinke, Leiterin des Norddeutschen Klimabüros, und Diana Rechid vom Climate Service Center Germany. Beide Institutionen vermitteln die Erkenntnisse der Klimaforschung an die Gesellschaft und sind organisatorisch beim Helmholtz-Zentrum Geesthacht angesiedelt.

Anpassung an den Klimawandel nicht verpassen!

„Ich habe im Moment den Eindruck, dass die Anpassung an den Klimawandel nicht mehr im Fokus steht, sondern dass durch die Fridays-for-Future-Bewegung der Schutz des Klimas, das Vermeiden von Emissionen, die Diskussionen dominiert“, sagt Meinke.

„Klimaschutz ist natürlich auch sehr wichtig, aber der Wandel ist bereits im Gang, und wir müssen mehr Maßnahmen ergreifen, um die Folgen abzufedern. Die Veränderungen finden schleichend statt, deshalb sind sie den Menschen kaum bewusst.

Passiert ist trotz aller Diskussion nicht viel

Sie werden erst zum Thema, wenn etwas passiert, etwa ein Hochwasser große Schäden anrichtet.“ Zwar sei das Thema Anpassung seit Jahren in der Diskussion, aber passiert sei nicht viel, so Insa Meinke.

Seit 1881 ist die Durchschnittstemperatur in der Metropolregion um 1,4 Grad gestiegen. Davon entfallen 1,2 Grad auf die Zeit nach 1951. Über das Jahr gerechnet ist die Stadt 0,1 Grad wärmer als ihr Umland. In der dicht bebauten Innenstadt sind es bis zu 1,2 Grad mehr.

Dieser sogenannte Stadteffekt entsteht, weil sich die Gebäude aufheizen und die Wärme am Abend und in der Nacht erst allmählich an die Umgebung abgeben. Zudem kann die Luft nur schlecht durch die engen Stadtteile strömen und sich austauschen.

Diana Rechid erforscht am Climate Service Center Germany (GERICS) physikalische Prozesse im Klimasystem, insbesondere Wechselwirkungen zwischen Land und Atmosphäre unter dem Einfluss des Menschen.
Diana Rechid erforscht am Climate Service Center Germany (GERICS) physikalische Prozesse im Klimasystem, insbesondere Wechselwirkungen zwischen Land und Atmosphäre unter dem Einfluss des Menschen. © GERICS / Nicole Keller | GERICS / Nicole Keller

Mehr Tage mit 30 Grad oder mehr

Beides macht sich gerade im Sommer bemerkbar: In der Stadt gibt es mehr Tage, an denen die Temperatur die 30-Grad-Marke überschreitet.

Laut Klimabericht soll die Zahl solcher heißen Tage zukünftig von durchschnittlich drei auf vier pro Jahr steigen – in diesem Sommer sind es bereits doppelt so viele. Bis einschließlich Montag maß der Deutsche Wetterdienst (DWD) an seiner Station auf dem Flughafen Fuhlsbüttel acht heiße Tage, ebenso an der Messstation Quickborn.

An der Station Neuwiedenthal, die in städtischer Umgebung liegt, sind es sogar zwölf. Auch die Zahl der Tropennächte, in denen die Temperatur nicht unter 20 Grad sinkt, nimmt zu. „In diesem Jahr hatten wir in Fuhlsbüttel schon zwei, in Neuwiedenthal sogar drei solcher Nächte“, sagt Brigitte Hase vom DWD-Regionalbüro Hamburg.

An heißen Tagen im Haus bleiben

„Es kommt längst nicht jedes Jahr vor, dass wir eine Tropennacht haben.“ Nur an der (einzigen) DWD-Station in den Umlandkreisen, in Quickborn, sei die Nachttemperatur immer unter 20 Grad gesunken.

Hitze und UV-Strahlung belasten die Bevölkerung. „Die Menschen sollten sich darauf einstellen. Etwa an heißen Tagen im Haus bleiben, kein Sport treiben, es ruhig angehen lassen. Die traditionelle lange Mittagspause in südlichen Ländern gibt es nicht ohne Grund“, sagt Diana Rechid.

Stadtplanerisch müsse dafür gesorgt werden, dass die Quartiere gut durchlüftet werden, so Insa Meinke. Gebäude oder Gebäudeteile und Aufenthaltsorte im Freien können beschattet werden und: „So wie heute die Heizung für uns selbstverständlich ist, könnte auch die – möglichst klimaneutrale – Kühlung von Wohnungen dauerhaft interessant werden.“

Grüne Dächer und Fassaden wirken der Hitze entgegen

Diana Rechid setzt auf die Farben grün, blau und weiß: „Grün steht für Pflanzen. Sie spenden Schatten und haben eine weitere kühlende Wirkung, weil sie Wasser verdunsten. Grün in der Umgebung ist wichtig, aber auch grüne Dächer und Fassaden wirken der Hitze entgegen.“

Blau meint Gewässer, die ebenfalls einen kühlenden Effekt haben. Und weiß ist die empfohlene Anstrichfarbe – Rechid: „Weiße Flächen reflektieren Wärme gut – einige Bahngesellschaften haben ihre Schienen weiß gestrichen, damit sie sich bei Hitze nicht verbiegen.“

Wasser dort versickern lassen, wo es hinfällt

Die Einbindung von Gewässern in die Stadtplanung wirkt auch dem steigenden Hochwasserrisiko entgegen. Rechid: Wasser wird noch immer unterirdisch abgeleitet. Ein solches System ist bei Starkregen schnell überlastet. Besser wäre es, Wasser dort versickern zu lassen, wo es hinfällt.

Oder aber es in künstlichen Gewässern zurückzuhalten. Hier müssten die verschiedenen Fachbehörden viel stärker und kontinuierlich miteinander im Gespräch sein, denn es gilt, solche Projekte aus unterschiedlichen Perspektiven zu bearbeiten, etwa: Wie verhindern wir, dass jemand in das Gewässer hineinfällt?“ Bei jedem Neubaugebiet sollten Klimaeffekte mitgedacht werden, empfiehlt die Forscherin.

Dr. Insa Meinke leitet das Norddeutsche Klimabüro am Helmholtz-Zentrum Geesthacht (HZG).
Dr. Insa Meinke leitet das Norddeutsche Klimabüro am Helmholtz-Zentrum Geesthacht (HZG). © HZG | HZG

Küstenschutz gut aufgestellt

Ein weiteres Problem seien die winterlichen Hochwasser von Flüssen, sagt Insa Meinke – die Klimamodelle errechnen für Norddeutschland gerade im Winter mehr Niederschlag. Dieser fällt nur noch selten als Schnee, sondern als Regen und gelangt in die Flüsse.

Außerdem fällt der Regen dann auf nasse Böden, die ihn kaum noch aufnehmen können. Meinke: „Die Infrastruktur muss an die zukünftig erhöhte Niederschlagsmenge angepasst werden. Auch den steigenden Meeresspiegel müssen wir im Blick behalten. Für die kommenden Jahrzehnte ist der Küstenschutz aber ganz gut aufgestellt.“