Wedel. Carsharing zur Probe: Im Marschkieker-Quartier in Wedel testen die neuen Bewohner das Angebot. Zahlen müssen sie fast nichts

Am Marschkieker-Quartier im Wedeler Westen fährt ein weißer Wagen vor, rollt fast geräuschlos in eine Parklücke. Ein Renault Zoe, elektrisch. Und, das verraten Aufkleber: ein Carsharing-Auto, also ein Wagen für viele. Reinhard Oppl (66) steigt aus, nimmt einen blauen Stecker in die Hand und verbindet das Auto mit einer Ladestation. Damit der Akku voll ist für die nächste Fahrt, für den nächsten Fahrer. Denn das Auto nutzt nicht Oppl allein, sondern die ganzen Nachbarschaft, 40 Familien, die hier seit Kurzem zu Hause sind. Ein gutes Beispiel, wie Carsharing außerhalb von Großstädten funktionieren kann.

„Das ist die Zukunft“, sagt Oppl mit Blick auf das Gemeinschaftsauto. Mit seiner Frau Nikola fährt der pensionierte Chemiker das Auto zwei- bis dreimal pro Woche. Zum Einkaufen. Zum Arzt. Zum Badesee in Appen-Etz. Bei einem Verbrauch von 17 Kilowattstunden auf 100 Kilometer reicht eine Akkuladung für durchschnittlich 250 Kilometer. Dieser Wert richtet sich vor allem nach Fahrstil und Jahreszeit. Im Winter ist die Akkuleistung durch die niedrigen Temperaturen merklich verringert.

Solarstrom vom Dach speist die Batterie des Autos

Während Kunden des Carsharing-Anbieters Cambio üblicherweise pro Kilometer für Fahrten bezahlen, ist der Zoe für die Marschkieker-Nachbarschaft zurzeit kostenlos. Bereitgestellt hat ihn die Rehder Wohnungsbau GmbH in Kooperation mit Cambio. Für die Anwohner ist die Nutzung fast kostenlos. Der Strom für das Auto kommt zum Teil mit der auf dem Dach der Mehrfamilienhäuser installierten Photovoltaikanlage. Bis 2021 hat Rehder das Auto für die Anwohner gebucht. Danach müssen sie entscheiden, ob sie es selbst bezahlen wollen. Carsten Redlich, Prokurist bei Cambio, meint: „Eine Weiterführung ist sehr wahrscheinlich. Es besteht eine hohe Nachfrage und Zufriedenheit. Knapp die Hälfte der Anwohner nutzt das Auto regelmäßig.“

Trotz der Anreize verlässt sich niemand komplett auf das gemeinsame Auto „Wir alle haben noch ein eigenes“, sagt Oppl. „Für besonders weite Strecken, Notfälle oder wenn das Auto nicht verfügbar ist.“

Öffentliche Carsharing-Angebote sind dagegen im Kreis Pinneberg selten. Flinkster, der Carsharing-Service der Deutschen Bahn, hat kreisweit zwei Wagen am Start, Greenwheels bietet vereinzelt auch Autos an. Fahrzeuge großer Unternehmen wie DriveNow und Car2Go sind hingegen gar nicht im Kreis Pinneberg stationiert, dafür halten die Anbieter die Bevölkerungsdichte für zu gering.