Westergellersen. Honigwein gilt inzwischen als Geheimtipp – dabei ist die Herstellung keine Zauberei. Einblick in eine Met-Manufaktur bei Lüneburg.

  • Es ist schon komisch mit diesem alkoholischen Getränk: Met kennt jeder vom Namen, kaum jemand hat ihn aber probiert
  • Zu groß ist die Skepsis bei einem Wein, der aus Honig gemacht wird
  • Doch wer frischen Met aus Meisterhand probiert, wird seine Meinung schnell ändern

Mitten im Garten von Pia und Oliver Schmidt wächst – zwischen Quitte, Linde, Weide und Apfel – ein großer Kirschbaum, ein Paradies für ihre Bienen. Eine Zeichnung des Baums ziert die Etiketten der schmalen Halbliterflaschen, in denen die beiden Hobby-Imker ein besonderes Getränk abfüllen: Met.

Met wird auch als Honigwein bezeichnet. Die alten Griechen tranken ihn, die Wikinger und die Mönche im Mittelalter. Seit einiger Zeit bahnt sich eine Renaissance des urigen Getränks an.

Met-Manufaktur: Imker-Paar macht Honigwein für feinen Genuss

Das Paar aus Westergellersen im Landkreis Lüneburg stellt es überwiegend aus ihrem eigenen Honig her. Die Mittelalterfans, die an diesem Tag ganz in Schwarz gekleidet sind, wollen zeigen, dass Met ein Getränk für echte Genießer sein kann. Denn dem Honigwein eilt ein Ruf voraus, der mit derben Trinkgelagen im Stil der Wikinger, aber nicht mit feinem Genuss verbunden wird.

Seit 16 Jahren hält das Paar eigene Bienen, vor zwölf Jahren haben sie den ersten Met produziert.
Seit 16 Jahren hält das Paar eigene Bienen, vor zwölf Jahren haben sie den ersten Met produziert. © Lena Thiele | Lena Thiele

Süß, klebrig, ein Garant für Kopfschmerzen: „Die Vorurteile sind gigantisch“, sagt Pia Schmidt, im Hauptberuf Lehrerin. Und ein bisschen ist auch was dran am Klischee. Zwar zeichnet sich seit den „Herr-der-Ringe“-Filmen und „Game of Thrones“ in den USA eine Rückkehr des jahrtausendealten Getränks ab und es hat sich eine kleine Manufaktur-Szene entwickelt, die den Trend zum „Craft Mead“ stärkt. Aber in Supermärkten wird häufig noch Met verkauft, der nach Zucker und künstlichen Zusatzstoffen schmeckt.

Vier Sorten Met gibt es aus Westergellersen, darunter „Lindenliebe“ und „Staubtrocken“

Die golden schimmernde, klare Flüssigkeit in den Flaschen der Schmidt‘schen „Metkultur“ hat mit den üblichen Massenprodukten nichts gemein. Vier Sorten füllt das Paar üblicherweise ab, von trocken bis lieblich. Sie haben einen Alkoholgehalt von 14 Prozent und tragen Namen wie „Lindenliebe“, „Leckermäulchen“ oder „Staubtrocken“, dessen Geschmack an Sherry erinnert.

Vier Sorten Met füllen Pia und Oliver Schmidt ab, von lieblich bis trocken.
Vier Sorten Met füllen Pia und Oliver Schmidt ab, von lieblich bis trocken. © Lena Thiele | Lena Thiele

Jeder Jahrgang hat seine eigene Note, genauso wie der Honig, aus dem der Met entsteht. „Jedes Jahr ist anders“, sagt Oliver Schmidt. Mal blüht überall der Raps, mal drängt die Trockenheit die Bienen zu ungewöhnlichen Mahlzeiten. In den vergangenen Jahren haben sich zudem die bienenfreundlichen Blühstreifen, die immer häufiger neben den Feldern angelegt werden, bemerkbar gemacht. Die ganze bunte Vielfalt fließt auch in den Honig ein.

Herstellung aus Wasser, Honig und Hefe dauert etwa ein halbes Jahr

Neben dem Honig ihrer eigenen zwölf Bienenvölker verarbeiten die Hobby-Imker auch Honig, den sie von Bekannten erhalten oder vor Ort tauschen. Zuletzt ist aus Kastanienhonig ein Met mit dunkler Bernsteinfarbe und intensivem Geschmack entstanden. „Das ist im Moment meine Lieblingssorte“, sagt Pia Schmidt.

Die Produktion ist zeitaufwendig, etwa ein halbes Jahr muss die Mischung aus Wasser, Honig und Hefe gären. Im Gartenhäuschen, ein Stück hinter den Bienenstöcken, hat Oliver Schmidt, der von Beruf Lebensmittelchemiker ist, seine Metstube eingerichtet. In einem Weinfass setzt er die Grundmischung an, dann füllt er große Zehn-Liter-Gläser damit.

Bis zum schmackhaften Met brauchte es viele Versuche

Vier solcher Gläser stehen nebeneinander auf einem Tisch, in jedem arbeitet ein anderer Hefestamm vor sich hin. Nach etwa sechs Monaten ist die Hefe durchgegärt, der Prozess wird nicht künstlich gestoppt. So kommt der Geschmack des Honigs im Endprodukt gut durch.

Im Gartenhaus lässt der Lebensmittelchemiker und Imker die Mischung aus Honig, Wasser und Hefe sechs Monate gären.
Im Gartenhaus lässt der Lebensmittelchemiker und Imker die Mischung aus Honig, Wasser und Hefe sechs Monate gären. © Lena Thiele | Lena Thiele

Bis zum ersten guten Ergebnis hat es eine Weile gedauert, erzählt Oliver Schmidt. Immer wieder verbesserte er Einzelheiten, viele Versuche scheiterten. „Der erste Met hat gar nicht geschmeckt. Ich habe etwa ein Jahr gebraucht, bis ich meinen Weg gefunden hatte.“

Met-Produktion: Die Schmidts greifen so wenig wie möglich in den Prozess ein

Die besondere Herausforderung besteht darin, dass er so wenig wie möglich in die natürlichen Prozesse eingreift, Zusatzstoffe, Chemikalien und Farbstoffe vermeidet. Auch für die Klärung am Ende hat der 51-Jährige nach einigem Tüfteln eine natürliche Alternative gefunden. Was genau es ist, bleibt sein Geheimnis.

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Anders als im Mittelalter ist der moderne Met aus Westergellersen auch ohne Konservierung mehrere Jahre haltbar. Nach Fertigstellung kommt die Flüssigkeit in gründlich sterilisierte Flaschen. Oliver Schmidt nimmt eine aus dem Regal, ganz leicht ist noch der Geruch von hochprozentigem Alkohol wahrzunehmen. Hundert bis 200 Flaschen befüllt das Paar jedes Jahr, die meisten verschenken oder tauschen sie und natürlich trinken sie ihren Met auch selbst.

Met sollte bei Zimmertemperatur getrunken werden – oder richtig warm

Auch nach zwölf Jahren Metproduktion probiert Oliver Schmidt immer wieder neue Ansätze aus, um das Getränk zu verfeinern und den besten Geschmack aus dem jeweiligen Jahreshonig zu gewinnen. Zu Weihnachten gab es einen Glüh-Met, der warm getrunken wird. Auch die anderen Sorten können erwärmt werden, in der Regel werden sie bei Zimmertemperatur getrunken. „Nur nicht gekühlt“, betont Pia Schmidt. „Sobald Met im Kühlschrank steht, verliert er seinen Geschmack.“

Noch ist wenig Wissen und viel Klischeehaftes zum Met verbreitet. Doch das Interesse nimmt zu, haben die beiden Manufaktur-Betreiber festgestellt. Es gebe Geschäfte, die sehr guten Met verkaufen, auch auf Mittelalterfesten wie beim Spectaculum in Luhmühlen sei Met in besserer Qualität als früher erhältlich.

Drinks mit Met erobern Bars und Restaurants der Mittelalterszene

Wer sich seinen Met selbst zu Hause kreieren will, findet mittlerweile nicht nur Do-it-Yourself-Anleitungen, sondern auch fertige Sets mit allen Zutaten zum Bestellen im Internet. Die Schmidts verkaufen ihren Met nur sporadisch, zuletzt beim Pflanzenmarkt des Kulturvereins Westergellersen. Einen Honigwein, den sie jedoch zum Kaufen empfehlen können, gibt es bei Honig & Co., einem kleinen Laden in Lüneburg.

Auf Mittelalterfesten und Wikingermärkten ist auch Bier mit einem Schuss Honigwein beliebt. Bars und Restaurants experimentieren ebenso mit dem Honigwein. Im Wikingerdorf Haithabu hat Oliver Schmidt einen Drink aus Met, Lemon Squash und Sprudel gekostet – und für gut befunden. Seine Frau genießt Met weiterhin am liebsten pur. Sie sagt: „Es ist einfach ein besonderes Getränk.“