Buchholz. Täter nimmt Kind an die Hand und geht davon. Geschwister beobachten Tat. Der Polizei unterläuft anschließend ein schwerer Fehler.
Es ist eine Tat wie aus einem Eltern-Alptraum: In Buchholz hat ein Mann ein Kind von einem Spielplatz entführt. Nur durch schnelles Eingreifen wurde Schlimmeres verhindert. Die Tat geschah bereits am Sonntag, 1. Oktober am Spielplatz Kahlenberg in Buchholz Trelde. Am frühen Nachmittag waren vier Geschwister im Alter von fünf bis zwölf Jahren auf dem Spielplatz zugegen, als gegen 14 Uhr ein Erwachsener dort erschien.
Der Mann war den Kindern schon aus den vergangenen Monaten bekannt, weil er sich regelmäßig dort aufgehalten und auch mit den Kindern gespielt hatte. Nach Beschreibung eines Bruders nahm der Mann dieses Mal die siebenjährige Schwester an die Hand und ging mit ihr spazierend vom Spielplatz weg.
Entführung in Buchholz: Bruder reagiert genau richtig
Der Bruder rief mit seinem Handy zu Hause an und informierte den Vater. Dieser setze sich aufs Fahrrad – und konnte den Mann und die Tochter einige hundert Meter vom Spielplatz entfernt, in Richtung Kakenstorf gehend, antreffen. Er nahm seine Tochter an sich, fuhr nach Hause und informierte von dort die Polizei. In der Hektik hatte er vergessen, sein Handy einzustecken.
Nach Eingang des Notrufes fahndeten mehrere Beamte im Bereich Trelde und Kakenstorf nach dem unbekannten Mann, konnten ihn aber nicht mehr antreffen.
Unerklärliche Polizeipanne: Beamte versäumten es, den Vater noch einmal zu kontaktieren
Danach kam es zu einer kaum zu erklärenden Polizeipanne. „Leider wurde der Vater nach dem Abschluss der Fahndung von den eingesetzten Beamten nicht mehr persönlich kontaktiert und die interne Weitergabe nicht priorisiert, sodass eine ausführliche Vernehmung zur Sache erst eine Woche später durch Beamtinnen des zuständigen Fachkommissariats erfolgte. Dieses Vorgehen entspricht absolut nicht unseren Standards und wird intern mit den Verantwortlichen nachbereitet werden“, schildert Kriminaldirektor Thomas Meyn, Leiter der Polizeiinspektion Harburg.
Heißt konkret: Die Polizei hat den Notruf des Vaters samt Täterbeschreibung entgegengenommen und die Fahndung eingeleitet. „Diese sei allerdings ohne Feststellung beendet worden“, erklärt Polizeisprecher Jan Krüger auf Abendblatt-Nachfrage. Danach sei die Tat zu Papier gebracht und an das zuständige Fachkommissariat weitergeleitet worden. „Man habe es schlichtweg versäumt den Vater und die Familie nach der Tat noch einmal persönlich zu Hause aufzusuchen“, so der Sprecher der Polizeiinspektion Harburg. Eigentlich sei eine persönliche Vernehmung absoluter Standard – auch um zu ergründen, wie es dem Opfer geht, Nachfragen zu stellen und sich einen Eindruck über den Anrufer zu machen. „Dieses Gespräch habe erst gestern stattgefunden“, bedauert Krüger.
Konkrete Beschreibung liegt vor: Erste Hinweise, aber noch keine heiße Spur
„Wir hoffen durch die sehr detaillierte Beschreibung des Mannes und die Beobachtungen anderer Eltern, der Mann sei wohl schon häufiger vor Ort gesehen worden, auf ein schnelles Ermittlungsergebnis“, zeigt sich Jan Krüger vorsichtig optimistisch. Es gebe bereits erste, vereinzelte Hinweise – eine heiße Spur gebe es allerdings noch nicht. Die Telefone im Winsener Polizeirevier klingeln aber in den letzten Tagen häufiger.
Zeugen schildern ihre Beobachtungen, weitere Anrufer fragen nach der Sicherheit ihrer Kinder. „Die Polizei wird mit erhöhtem Augenmerk und verstärkt die Spielplätze rund um den Tatort abfahren“, beruhigt Krüger, der aus polizeitaktischer Sicht noch nicht zu viel verraten möchte. Am frühen Dienstagvormittag liefen, laut Augenzeugen, Polizeibeamte von Haus zu Haus und befragten Anwohner.
Polizeisprecher: Möglichst in Gruppen gehen und die Kinder sensibilisieren
Ansonsten gelte das was immer gilt, wenn man Kinder alleine auf Spielplätze gehen lässt – möglichst in Gruppen gehen und die Kinder dafür zu sensibilisieren, nicht mit Fremden mitzugehen. „Bereits ein Bauchgefühl sei gerechtfertigt, um den Notruf zu wählen“, ergänzt der Polizeisprecher. „Wenn einem Kind oder Erwachsenen etwas auffällig erscheint, soll man unbedingt den Notruf wählen. Wir kommen dann und überprüfen die vor Ort die Situation, die sich dann oftmals aufklären lässt“, schließt Jan Krüger.
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Im Zuge der nun erfolgten Vernehmung wurde noch einmal die Beschreibung des unbekannten Mannes geschildert. Demnach handelt es sich um einen circa 20 bis 30 Jahre alten Mann. Er sprach mit den Kindern akzentfrei Deutsch. Der Mann ist ca.
1,80 Meter groß, hat eine schlanke Statur. Er trug einen leichten Dreitagebart und längere blonde Haare, die zu einem Dutt zusammengebunden waren. Er war mit einer schwarzen Arbeitshose der Marke Engelbert Strauss, einem grünen Oberteil und einer grünen Cappy bekleidet. Die gute Personenbeschreibung ist der Beobachtungsgabe der Kinder zu verdanken.
Polizei Buchholz hat ein Ermittlungsverfahren wegen der Entziehung Minderjähriger eingeleitet
Die Polizei hat ein Ermittlungsverfahren wegen der Entziehung Minderjähriger eingeleitet und sucht Zeugen, die Hinweise zu dem beschriebenen Mann geben können, oder denen er in den letzten Monaten ebenfalls im Bereich des Spielplatzes Kahlenberg aufgefallen ist. Hinweise bitte an den Zentralen Kriminaldienst, Tel. 04181 2850.