Dellien. Die Heckrinder von Sabine Niederhoff leben und sterben in der freien Natur. Wer sie sehen möchte, kann eine Tour in ihrem Jeep buchen.
Wer eine Herde Rinder auf der Weide besucht, wird eines schnell feststellen: Es gibt Rinder, die auf die Menschen zukommen, sie anstupsen, sich genüsslich kraulen lassen – und es gibt Rinder, die wegrennen. Die man nur mit dem Fernrohr richtig sehen kann.
Diese Rinder hält Sabine Niederhoff gemeinsam mit ihrem Vater in Dellien im Landkreis Lüneburg. Denn ihre Auerochsen-Herde ist wild.
Wilde Rinderherde in Dellien: Nicht mal einen Unterstand brauchen die Tiere
„Die Tiere leben autark“, sagt Sabine Niederhoff. „Wir greifen kaum ein.“ Die Auerochsen leben 365 Tage im Jahr draußen, die Kälber werden ohne menschliches Zutun auf der Weide geboren. Noch nicht einmal einen Unterstand gibt es, sondern nur eine Waldfläche zum Schutz vor allzu unwirtlicher Witterung. Es sind schließlich robuste Tiere.
Und es gibt noch einen Unterschied, jedenfalls zu den allermeisten anderen Rinderherden: Sogar geschossen werden die Tiere auf der Weide – dafür haben die Niederhoffs eine Ausnahmegenehmigung erhalten. Kleine Kunde nebenbei: Die Tiere mit den kurzen geraden Hörnern sind männlich, die mit den nach oben geschwungenen Hörnern sind weiblich.
Im Winter wird ein wenig Heu zugefüttert, sonst nichts
Zwar vermarktet auch sie das Fleisch der Tiere so wie andere Leute auch, die eine Herde Rinder halten. Aber ihre Heckrinder haben noch einen ganz anderen Zweck: Sie halten den Bewuchs der offenen Weidelandschaft in den Sudewiesen kurz und schaffen durch ihr Fressverhalten eine strukturreiche Landschaft, die Lebensraum für Wiesenbrüter, Amphibien und Insekten bietet. Und sie kommen dem Urahn aller europäischen Rinderrassen sehr nahe: dem Auerochsen.
„Sie erhalten die halboffene Weidelandschaft“, erklärt Sabine Niederhoff. „Sie fressen ausschließlich, was auf der Weide wächst. Also Gras, Kräuter, Büsche und Blätter.“ Im Winter wird ein wenig Heu zugefüttert, sonst nichts. Daher verlieren die Tiere in diesen Monaten auch bis zu 20 Prozent Körpergewicht.
Im Hauptberuf arbeitet Sabine Niederhoff im öffentlichen Dienst
Die Wiesen teilen sie sich mit Koniks, einer Pferderasse aus Osteuropa. Die wiederum wirken fast zahm: Kommen menschliche Gäste auf die Weide, galoppieren sie auf die Zweibeiner zu und kommen ihnen gern so nah, „dass sie mitunter schon fast nerven“, sagt Sabine Niederhoff und lacht.
Die rund 200 Heckrinder und etwa 20 Koniks hält sie gemeinsam mit ihrem Vater im Nebenerwerb, „das ist mehr Hobby als Wirtschaftlichkeit“. Im Hauptberuf arbeitet Sabine Niederhoff im öffentlichen Dienst in Lüneburg.
Von Aussichtstürmen aus lässt sich ein Blick auf die Tiere erhaschen
Wer die Heckrinder und Koniks auf ihrer norddeutschen Prärie beobachten möchte, kann dies von mehreren Aussichtstürmen aus tun: Sie sind über einen Rundwanderweg durch die Sudeniederung verknüpft. Wer Glück hat, sieht dort nicht nur die Vierbeiner auf der Weide, sondern auch einige Seltenheiten in der Luft: Seeadler und Schwarzstörche.
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Guter Startpunkt dafür ist die Storkenkate in Preten. Von der Kate über die Straße geradeaus zum Deich gehen und dem Deich folgen, es gibt Wegweiser. Ein kürzerer Rundweg fasst neun Kilometer, ein längerer 13 Kilometer. Oder vom Café „Schwarzes Schaf“ aus starten, dort gibt es Parkplätze und es ist in digitalen Karten verzeichnet.
Am „Schwarzen Schaf“ landet man automatisch, wenn man ohne Auto anreist und vom Bahnhof Brahlstorf mit dem Fahrrad Richtung Sudewiesen fährt. Das „Schwarze Schaf“ hat am Wochenende geöffnet.
Hans-Jürgen Niederhoff und Sabine Niederhoff bieten außerdem Touren mit dem Jeep auf die Wiesen an. Anfragen dazu stellen Interessierte am besten per E-Mail unter info@hofstelle38.de. Das Fleisch ihrer Heckrinder gibt es ab Hof zu kaufen – einfach klingeln oder vorher eine Mail schreiben.