Lüneburg. 34-jähriger Mann vermutlich der Tote. Er war polizeibekannt und psychisch auffällig. Löste er die Detonation auch aus?

Bei der Explosion eines Mehrfamilienhauses in der Lüneburger Weststadt ist am Mittwochabend ein Bewohner gestorben. 20 Nachbarn wurden verletzt, zwei von ihnen kamen ins Krankenhaus.

Bei dem Toten handelt es sich vermutlich um einen 34-jährigen Mann. Seine Leiche wurde in der Wohnung gefunden, in der es um 22.40 Uhr zu der Detonation gekommen war. Der Mann konnte bislang nicht identifiziert werden, vieles spreche aber dafür, dass es sich um den 34-Jährigen handele, so eine Polizeisprecherin.

Explosion in Lüneburger Wohnhaus – wollte sich das Opfer selbst töten?

Der Mann war in den vergangenen Monaten mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Bis vor einigen Tagen war er laut Abendblatt-Informationen aufgrund einer psychischen Erkrankung noch in der Psychiatrie untergebracht gewesen.

Ob der Mann in Selbstmordabsicht die Explosion herbeiführte oder ein technischer Defekt vorlag, war zunächst unklar. Einen Anschlag schloss die Polizei schnell aus. Darauf gebe es keine Hinweise, hieß es von den Ermittlern.

Explosion in Lüneburg: Viele geschockte Anwohner berichten von Ereignis

Wenige Stunden nach der Explosion in dem Mehrfamilienhaus an der Straße Volgershall im Lüneburger Westen standen in der Nacht noch viele junge Leute vor dem Gebäude. Unter ihnen waren viele Studenten, die geschockt den Feuerwehreinsatz beobachteten. Eine junge Frau beschrieb, was sie am Abend erlebt hatte: „Ich roch plötzlich Gas, wenige Sekunden später knallte es, und meine Wohnungstür flog mir entgegen.“ Ein anderer Nachbar ergänzt: „Ich sah, wie eine Wohnung plötzlich rot aufleuchtete.“

Zahlreiche Notrufe gingen bei der Polizei und der Feuerwehr ein. „Als wir eintrafen, standen mehrere Personen auf den Balkonen“, sagte Feuerwehrsprecher Daniel Roemer. Die betroffene Wohnung im zweiten Obergeschoss habe im Vollbrand gestanden, und es sei Rauch durch das Mehrfamilienhaus gezogen. „Auf beiden Seiten haben wir unsere Drehleitern eingesetzt, um die Bewohner aus dem Obergeschoss zu retten.“ Insgesamt neun Nachbarn brachte die Feuerwehr nach eigenen Angaben ins Freie. Den Zimmerbrand hatten die Retter schnell gelöscht. „In der betroffenen Wohnung haben wir einen toten Mann gefunden“, sagte Roemer.

Durch die Explosion wurden auch Teile der Betondecke herausgebrochen. Schnell entschied sich die Feuerwehr, das Mehrparteienhaus mit allen 80 Bewohnern zu evakuieren. Es habe die Gefahr bestanden, dass das Haus einsturzgefährdet sein könnte, hieß es von der Feuerwehr. Der Rettungsdienst betreute die Geretteten zunächst auf der Straße und brachte sie dann in eine nahe gelegene Schule. Bei der Untersuchung der Nachbarn klagten 20 Personen über leichte Atemprobleme durch den Rauch. Zwei von ihnen kamen vorsorglich ins Krankenhaus.

Explosion Lüneburg: Stadt organisiert für Bewohner Notunterkünfte

Ein Statiker untersuchte das Gebäude noch in der Nacht und gab den Großteil der Wohnungen wieder frei. Sieben Bewohner durften auch am nächsten Tag nicht zurück in ihr Zuhause, weil unter anderem Brandrauch und Löschwasser die Ein-Zimmer-Unterkünfte unbewohnbar machten. Die Stadt Lüneburg organisierte für sie Notunterkünfte.

Die Bewohner des Mehrfamilienhauses in der Straße Volgershall kamen in Notunterkünften unter.
Die Bewohner des Mehrfamilienhauses in der Straße Volgershall kamen in Notunterkünften unter. © JOTO | Joto

Wie es zu der folgenschweren Explosion kommen konnte, versuchen Brandermittler der Polizei Lüneburg zu eruieren. Am Donnerstagmorgen begannen die Untersuchungen. Bisher liegen noch keine Ergebnisse vor. Eine Gasexplosion kann nicht ausgeschlossen werden.

Nach Abendblatt-Informationen werden die Mehrfamilienhäuser in der Wohnsiedlung mit Gas versorgt. Ein technischer Defekt an einer Gasleitung sei aber nahezu ausgeschlossen, hieß es aus Ermittlerkreisen.

34-Jähriger war der Polizei bekannt und psychisch auffällig

Anwohner berichteten vor Ort, dass der Bewohner in der Vergangenheit mehrfach ausgerastet sei und auch Leute bedroht habe. Er sei im Viertel ziemlich bekannt für sein Verhalten gewesen. Auch die Polizei hatte schon oft mit ihm zu tun, bestätigte eine Polizeisprecherin. Zuletzt war er zwei Tage vor der Explosion aufgefallen. In der Lüneburger Altstadt klaute der 34-Jährige einen Ball aus einem Laden. Nach einer kleinen Rangelei mit einem Mitarbeiter konnte er mit dem Ball flüchten. Nach Ladenschluss kam der psychisch auffällige Mann wieder zurück. Er schlug die Glastür des Geschäfts ein und legte den Ball wieder zurück ins Regal.

Die Polizei fasste ihn kurze Zeit später und versuchte ihn wieder einmal in die psychiatrische Klinik einzuweisen. Das kam aber nach Abendblatt-Informationen nicht zustande, sodass er wieder in seine Wohnung ging, wo es 48 Stunden später zur Explosion kam.

Anmerkung der Redaktion: Aufgrund der hohen Nachahmerquote berichten wir in der Regel nicht über Suizide oder Suizidversuche, außer sie erfahren durch die Umstände besondere Aufmerksamkeit. Wenn Sie selbst unter Stimmungsschwankungen, Depressionen oder Selbstmordgedanken leiden oder Sie jemanden kennen, der daran leidet, können Sie sich bei der Telefonseelsorge helfen lassen. Sie erreichen sie telefonisch unter 0800 111 0 111 und 0800 111 0 222 oder im Internet auf www.telefonseelsorge.de. Die Beratung ist anonym und kostenfrei, Anrufe werden nicht auf der Telefonrechnung vermerkt.