Neu Wulmstorf. Wohnen mit Fokus aufs Alter: Geschäftsführer sagt, wie es trotz „gewaltiger Kostensteigerung“ an der Lutherkirche in Neu Wulmstorf weitergeht.
Jetzt stehen neue Details zur Bebauung des Kirchbergs in Neu Wulmstorf fest. Im Abendblatt spricht Norbert Behrens, Geschäftsführer der Planungsgemeinschaft Nord GmbH (PGN), über die Realisierung des für Neu Wulmstorf wichtigen Projekts an der Lutherkirche, bei dem das Senioren-Wohnen im Mittelpunkt steht. Die gute, aber nicht selbstverständliche Nachricht: Das neue Wohngebiet soll auf jeden Fall umgesetzt werden. Behrens schloss gegenüber dem Abendblatt aus, dass die Pläne angesichts der angespannten Lage in der Immobilienbranche nicht mehr umgesetzt werden könnten.
Solche Befürchtungen gab es, denn der Investor muss bei dem Projekt eine „gewaltige Kostensteigerung“ hinnehmen, wie auch Behrens mit Blick auf die aktuell schwieriger Rahmenbedingungen im Wohnungsbau sagt. „Wir kippen unsere Pläne aber auf gar keinen Fall“, sagt Behrens. „Dafür ist das alles schon viel zu aufwendig und teuer gewesen.“
In Neu Wulmstorf: Altengerechte Wohnungen, Pflegeheim, Tagespflege mit Pflegedienst
Die Planungsphase war langwierig und zog sich über mehrere Jahre hin. Die PGN musste ihr Konzept für die Kirchberg-Bebauung auf Wunsch der Ratsmehrheit mehrfach anpassen. Statt der zunächst geplanten Mehrfamilien- und Reihenhäusern soll in Nachbarschaft zur Lutherkirche nun eine Art Seniorenwohnpark mit verschiedenen Wohn- und Betreuungsformen für ältere Anwohner gebaut werden. Die Bedürfnisse von Senioren sollen im Mittelpunkt stehen. Vorgesehen sind altengerechte Wohnungen, ein Pflegeheim, eine Tagespflege mit Pflegedienst sowie weitere kleine und größere Wohnungen. Nachdem der Kirchberg bereits im vergangenen Herbst gerodet wurde und der Rat der Gemeinde Neu Wumstorf bei seiner jüngsten Sitzung endgültig grünes Licht für die Bebauung des Areals an der Wulmstorfer Straße durch die PGN gegeben hat, kann die Planungsgemeinschaft Nord GmbH mit Sitz in Rotenburg nun endlich konkret mit ihrem Vorhaben starten.
„Wir werden am 1. August mit den Erschließungsarbeiten beginnen und mit dem Hochbau im ersten Quartal 2024“, sagt Behrens. Derzeit sei der Kampfmittelräumdienst dabei, das hügelige Gelände an der Wulmstorfer Straße zu untersuchen. Erst dann könnten die nach der Rodung übrig gebliebenen Baumstümpfe entfernt werden, so Behrens: „Das ist aufwendig und sehr teuer.“
In Neu Wulmstorf ist ein dringender Bedarf an Wohnangeboten fürs Alter
In Neu Wulmstorf ist ein dringender Bedarf an Wohnangeboten fürs Alter zu verzeichnen und es gibt einen akuten Pflegenotstand, nachdem das Pflegeheim am Markt geschlossen wurde und bisher nicht ersetzt werden konnte. Im Moment ist die Lage bei den Pflegeeinrichtungen in Neu Wulmstorf besonders prekär, denn auch das letzte am Ort verbliebene Pflegeheim, das „Haus an den Moorlanden“ an der Konrad-Adenauer-Straße, kann derzeit nicht vollumfänglich betrieben werden, da es saniert werden muss (das Abendblatt berichtete). „Wir sind gegenüber der älteren Bevölkerung quasi in der Pflicht“, sagt Bauausschuss-Vorsitzender Thomas Grambow (SPD).
Darum habe man alles getan, um am Kirchberg einen Ausgleich zu schaffen. „Die Versorgung für die ältere Generation und das Pflegeangebot müssen in Neu Wulmstorf verbessert werden“, fordert auch Hannelore Buls,Vorsitzende des SoVD-Ortsverbands und SPD-Ratsmitglied. Daher begrüße der SoVD, dass die vorhersehbare demografische Entwicklung und der damit einhergehende Pflegebedarf am Kirchberg als Planungsgrundlage berücksichtigt werde. Allgemein ist die Nachfrage nach Pflegeplätzen groß - mit weiter zunehmender Tendenz, denn in den kommenden Jahren kommt noch die Generation der „Babyboomer“ ins Spiel.
120 Plätze in Pflegeappartements - und Wohnungen für Mitarbeiter
Direkt hinter der Lutherkirche in Neu Wulmstorf soll deshalb ein neues Seniorenpflegeheim mit etwa 120 Plätzen in Pflegeappartements entstehen. PGN will das Vorhaben mit dem Hamburger Unternehmen Senectus GmbH realisieren. Wer Betreiber des Pflegeheims unter der Fahne von Senectus werde, stehe nach wie vor noch nicht fest, so Behrens. „Es gibt zwei Interessenten, Senectus wird wohl in den nächsten vier Wochen entscheiden, wer es wird“, sagt Behrens. Es sei nicht ganz einfach, bei den derzeitigen Rahmenbedingungen einen Betreiber zu finden. „Viele scheuen sich davor, neue Verträge einzugehen. Sie wissen angesichts des Fachkräftemangels in der Pflege oft nicht, ob sie die Leistungen personell abdecken können“, so der PGN-Geschäftsführer.
Deshalb würden von den geplanten 52 Wohnungen „mindestens zehn“ für Mitarbeiter der Pflegeeinrichtung zur Verfügung gestellt. „So ein Angebot ist heute vorteilhaft, um Personal zu gewinnen. Das ist so ähnlich wie bei den Bergbausiedlungen, die früher für die Beschäftigten im Bergbau und ihre Familien errichtet wurden“, sagt Behrens. Neben dem Pflegeheim sollen in einem Riegel 52 Wohnungen in Mehrfamiliengebäuden entstehen, die seniorengerecht und in verschiedenen Größen gebaut werden, teils mit und teils ohne Tiefgarage. Künftige Bewohner sollen dann je nach Bedarf Dienstleistungen aus dem Pflegeheim dazu buchen können, beispielsweise spezielle Tagespflegedienste.
Für die Eigentumswohnungen gab es bereits vor zwei Jahren erste Anfragen
Eines der Gebäude soll im Erdgeschoss die Tagespflegeeinrichtung beherbergen. Auf dem Kirchberg solle Wohnraum zum Mieten, aber auch zum Kaufen angeboten werden, so PGN-Geschäftsführer Behrens: „28 Wohnungen im Eigentum und mit Tiefgarage, 24 Wohnungen zur Miete.“
Für die Eigentumswohnungen habe es bereits vor zwei Jahren erste Anfragen gegeben. „Interessenten für die Miet- und die Eigentumswohnungen können sich ab sofort bei uns melden“, sagt Behrens. „Wir führen für beide Wohnformen eine Liste und kommen auf die Interessenten zu, sobald es Neuigkeiten gibt.“
Gesamte Wohnanlage soll ohne fossile Energieträger auskommen
So eine Neuigkeit, die in Neu Wulmstorf von höchstem Interesse wäre, wäre zum Beispiel der Quadratmeterpreis im Kauf- und im Mietsegment. Doch dazu kann Behrens angesichts der unübersichtlichen Marktlage und des erst anstehenden Baubeginns Anfang des kommenden Jahres noch keine Auskunft geben. Dafür aber über die Ausstattung der Wohnungen: Alle verfügen über Terrasse, Balkon oder Dachterrasse und sind komplett barrierefrei. Die gesamte Wohnanlage soll ohne fossile Energieträger auskommen, die Energiegewinnung soll über Wärmepumpen und Photovoltaik erfolgen. „Wie werden höchste energetische Standards einhalten, so dass die Nebenkosten für die künftigen Bewohner gut zu kalkulieren sind“, sagt Behrens.