Landkreis Harburg. Einige Gemeinden verschieben Sanierungen und Anbauten, weil Kriterien zum Ganztagsausbau fehlen. Wo dennoch gebaut wird.
Dass die Schullandschaft in Deutschland eine Dauerbaustelle ist, gilt nicht nur im übertragenen Sinne für die Art und Weise, wie dort Bildung vermittelt wird. Auch wortwörtlich ist an den Schulbauten fast immer etwas zu tun. Die Städte und Gemeinden, die für die Gebäude der Grundschulen zuständig sind, müssen Jahr für Jahr beträchtliche Summen in die Instandhaltung, Modernisierung und Erweiterung stecken.
Das ist immer eine finanzielle Herausforderung, aktuell kommt hinzu, dass zwar das Recht auf Ganztagsbetreuung für Grundschüler von 2026 an beschlossen ist. Konkrete Kriterien, was das für die Raumgestaltung bedeutet, fehlen jedoch noch immer. Wo im Landkreis Harburg dennoch gebaut wird und wo Pläne ins Stocken geraten sind, zeigen wir in einer Übersicht. Die fehlenden Kommunen haben nicht auf die Fragen des Abendblatts geantwortet.
In Salzhausen muss womöglich ein Schulneubau für den Ganztag umgebaut werden
In der Samtgemeinde Salzhausen gibt es zwei Grundschulen. In Salzhausen wurde gerade erst ein Neubau fertiggestellt, der Altbau aus den 1950er-Jahren sieht zwar wie eine typische Dorfschule aus, war jedoch nicht mehr zweckmäßig. Im vergangenen Herbst sind die Schüler in das neue Gebäude gezogen, es ist auf den Ganztagsbetrieb ausgerichtet. Doch richtig freuen kann sich Samtgemeinde Bürgermeister Wolfgang Krause darüber nicht. Denn noch immer weiß er nicht, welche Vorgaben von 2026 an für Schulgebäude mit Ganztagsbetrieb gelten werden.
„Jetzt heißt es, wir dürfen die Klassenräume nachmittags nicht für den Ganztag nutzen. Wenn das wirklich so kommt, haben wir ein richtiges Problem.“ Auch eine Mensa müsste die Samtgemeinde nach derzeitigem Stand wohl nachrüsten. Krause hofft nun, dass das Land nicht die in Berlin erarbeitete Regelung übernehmen, sondern den Schulen mehr Gestaltungsfreiraum lassen wird. Auch die vorgesehenen Zuständigkeiten kritisiert er. „Dann wären wir als Samtgemeinde für die Gebäude und die Verwaltungskräfte, das Kultusministerium für die Lehrkräfte und der Landkreis für die Nachmittagsbetreuung zuständig.“
Bis 2026 sind die Umbauten und Erweiterungen an den Grundschulen nicht zu schaffen
Eigentlich muss auch die Grundschule in Garstedt erneuert werden, sie stammt aus den 1970er-Jahren und bräuchte zumindest eine energetische Sanierung, auch das Dach müsste saniert werden. Doch bis die Kriterien für den Ganztag nicht vorliegen, will die Samtgemeinde nicht tätig werden, um im schlimmsten Fall nicht erneut neu planen zu müssen. „Wir haben ganz bewusst noch nicht damit begonnen“, sagt der Bürgermeister. Er weiß aber auch: „Wenn wir für die Ganztagsbetreuung baulich tätig werden müssen, würden wir das bis 2026 gar nicht mehr schaffen. Es ist eine vertrackte Situation.“ In einer Hinsicht sind die beiden Schulen bereits sicher für die Zukunft vorbereitet: Für jeweils rund 100.000 Euro wurden sie vollständig digitalisiert.
Die Stadt Buchholz treibt den Schulbau trotz der unklaren Lage voran. Die Stadt ist für fünf Grundschulen sowie die Grund- und Oberschule Waldschule zuständig. Für zwei Schulen sind Erweiterungen in Planung, die jeweils ab 2024 umgesetzt werden sollen: Die Heideschule erhält für voraussichtlich 3,67 Millionen Euro eine Mensa und zusätzliche Unterrichtsräume, zudem werden bereits jetzt das Dach und 2025 die Sanitärräume der Turnhalle saniert. Die Grundschule in Sprötze wird ebenfalls erweitert und für geplant 2,1 Millionen Euro mit einer Mensa, einem Lehrerzimmer und Differenzierungsräumen ausgestattet. Die Wiesenschule soll sogar einen Neubau erhalten, die dreijährige Bauphase beginnt 2025. Geschätzte Kosten: 6,8 Millionen Euro. Zudem wird die Dachsanierung an der Waldschule in diesem Jahr abgeschlossen.
In Buchholz steigt die Zahl der Grundschüler – der Raum wird knapp
Die größte Herausforderung für die Stadt ist der zusätzliche Raumbedarf. Das liegt nicht nur an der Einführung der Ganztagsschulen und den sich damit ändernden Anforderungen, sondern in Buchholz werden auch mehr Kinder als in den vergangenen Jahren eingeschult. Deshalb müssen an der Wiesenschule womöglich übergangsweise Unterrichtscontainer aufgestellt, bevor der Neubau fertiggestellt ist.
Die Stadt Winsen hat in den zurückliegenden Jahren bereits mehrere Bauvorhaben angeschoben. Das derzeit größte Projekt ist die Erweiterung der Alten Stadtschule. Dort wird noch bis 2024 eine neue Zweifeld-Sporthalle für 6,93 Millionen Euro gebaut. Wenn sie in Betrieb geht, wird die alte Halle abgerissen. 2025 soll es an dieser Stelle dann losgehen mit den Bauarbeiten für eine Schulerweiterung. Die geschätzten Kosten dafür betragen etwa 7,5 Millionen Euro. In diesem Jahr beginnen zudem Arbeiten in der Schule, die 2026 abgeschlossen sein sollen und zwei Millionen Euro kosten: Sanierung der Innenräume, Einbau von Akustikdecken, Erneuerung der Elektroanlagen und weitere energetische Maßnahmen. In der Grundschule Im Borsteler Grund wird derzeit für 1,23 Millionen Euro der Lehrerbereich erweitert, die Arbeiten werden in diesem Jahr abgeschlossen.
Die Grund- und Oberschule in Winsen wird in wenigen Jahren saniert
Darüber hinaus sind kleinere Bauunterhaltungs-, Reparatur- und Sanierungsarbeiten vorgesehen. Dies gilt ebenso für die Hanseschule, die Grundschulen Luhdorf und Pattensen sowie die Grund- und Oberschule Am Ilmer Barg. Für die Jahre 2025 und 2026 ist dort eine Sanierung der Innenräume des Grundschulbereiches für etwa 1,3 Millionen Euro vorgesehen. In Stöckte steht der Neubau einer Grundschule mit Zweifeld-Sporthalle an, und zwar in den Jahren 2024 bis 2026 mit einem geschätzten Aufwand von 14,9 Millionen Euro.
Die Gemeinde Seevetal hat ebenfalls vor, mehr Platz an den Grundschulen in Hittfeld, Emmelndorf, Fleestedt, Meckelfeld, Horst, Maschen und Ramelsloh zu schaffen. „Natürlich ergeben sich aufgrund von veränderten Schülerzahlen und der Einführung der Ganztagsschule in Niedersachsen geänderte Anforderungen an den Raumbedarf“, sagt Ingo Knedel, Leiter des Amts für Gebäudewirtschaft. Aktuell ist der Umbau und die Erweiterung der Grundschule Fleestedt geplant. Im Juni entscheidet der Rat über den Entwurf, dessen Kosten zunächst auf sechs Millionen Euro geschätzt wurden. „Aufgrund der enormen Preissteigerungen ist nicht davon auszugehen, dass dieser Betrag noch gehalten werden kann“, sagt Knedel. Bis die Erweiterungen abgeschlossen sind, wird die Gemeinde zusätzliche Pavillonanlagen an den Grundschulen Horst und Fleestedt aufstellen.
Seevetal erneuert Böden in Sporthallen und rüstet Schulen mit Raumluftfiltern aus
Größere Reparaturarbeiten fallen zudem in den drei Schulsporthallen an: Dort sollen in diesem Jahr die Hallenböden vollständig erneuert werden. Kosten: rund 300.000 Euro. Darüber hinaus erledigt die Gemeinde wie jedes Jahr Bauunterhaltungsmaßnahmen an allen Schulen, in diesem Jahr für rund 500.000 Euro. Geplant sind unter anderem der Einbau neuer Fenster, Malerarbeiten in den Klassenräumen und Treppenhäusern, die Sanierung der sanitären Anlagen, Reparaturen an Dächern, die Renovierung von Klassenräumen, der Einbau neuer Türen und die Pflege der Außenanlagen.
Im nachhaltigen Energiemanagement der Gemeinde ist die energetische Sanierung von Schulen ein wichtiger Bereich. So wurden Fenster ausgetauscht, Deckenstrahlheizungen in den Turnhallen eingebaut und Blockheizkraftwerke angeschafft. In diesem Jahr wird die Beleuchtung in der Grundschule Emmelndorf auf LED umgestellt, die weiteren Schulen sollen in den kommenden Jahren folgen. Das Budget für energetische Sanierungen beträgt jährlich 500.000 Euro, es wird diesmal vor allem für die Sanierung der Sporthalle in Over genutzt. Ein großer Posten im Seevetaler Schulgebäudebudget geht noch auf die Corona-Pandemie zurück: In diesem Jahr erhalten alle Klassenräume Raumlüfter. Die Kosten betragen rund 6,65 Millionen Euro, davon muss die Gemeinde etwa 3,85 Millionen tragen.
In der Samtgemeinde Jesteburg wurden umfassende Pläne zum Umbau der Grundschulen in Jesteburg und Bendestorf für den Ganztagsbetrieb gestoppt. „Die bisherigen Planungen in Höhe von insgesamt knapp 30 Millionen Euro werden aufgrund der extrem angespannten finanziellen und gesamtwirtschaftlichen Lage aktuell nicht weiterverfolgt“, sagt Samtgemeindesprecher Stefan Ahrens. Stattdessen soll eine reduzierte Variante in Jesteburg erfolgen, geplant ist eine flexible Erweiterung in Modulen und möglicherweise eine Renovierung oder energetische Sanierung des Altbaus.
Jesteburger Arbeitsgruppe erstellt Prioritätenliste für Modernisierung der Schulen
Eine Arbeitsgruppe aus dem Bildungsausschuss erstellt eine Prioritätenliste, angefangen mit den gesetzlichen Mindestvoraussetzungen zur Umsetzung des Ganztages über den möglichen Anbau von Modulen für spezielle Nutzungen, notwendige Renovierungen und Barrierefreiheit bis hin zur energetischen Sanierung. Der Vorschlag des Gremiums geht in die Fachausschüsse und wird dem Rat zur Entscheidung vorgelegt. Fast abgeschlossen ist die Ausstattung der Grundschule Bendestorf mit einer modernen IT-Infrastruktur. In Jesteburg wurde dies ebenfalls vorbereitet, dort steht noch die Verkabelung aus.
In der Samtgemeinde Hanstedt werden an den Grundschulen Brackel, Egestorf und Hanstedt zwar regelmäßig Arbeiten zur Gebäudeunterhaltung und auch Sanierungsarbeiten durchgeführt, größere Planungen gibt es derzeit jedoch nicht. „Hintergrund hierfür ist, dass aktuell noch nicht klar ist, welche Auswirkungen der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung auf das vorhandene Raumangebot haben wird“, sagt Samtgemeindebürgermeister Olaf Muus. „Glücklicherweise verfügen alle unsere drei Schulen bereits über Mensen und Nachmittagsangebote.“
In Hanstedt haben alle drei Grundschulen bereits eine Mensa
Die Grundschule Brackel ist offene Ganztagsschule, in den Grundschulen Egestorf und Hanstedt werden die Kinder in hortähnlichen Einrichtungen vom DRK sowie dem Verein Saari betreut. Es sei jedoch nicht auszuschließen, dass man zum kommenden Schuljahr noch auf eine steigende Zahl von Schülern und Schülerinnen reagieren müsse, so Muus. Mögliche Maßnahmen, um mehr Platz zu schaffen, würden dann mit den Schulleitungen und dem Rat abgestimmt.
In der Gemeinde Rosengarten werden die Grundschulen in den Ortschaften Nenndorf, Klecken, Westerhof und Vahrendorf regelmäßig unterhalten. So stehen für 2023 kleinere Sanierungen an den Umkleiden und Duschen in der Schulsporthalle Klecken und den Fenstern in Nenndorf sowie Malerarbeiten und Arbeiten an Fassade und Dach in Vahrendorf an. Dafür stehen insgesamt rund 140.000 Euro zusätzlich zur Verfügung. „Große speziellere Maßnahmen außerhalb der Ganztagsschulproblematik sind derzeit nicht geplant“, sagt Bürgermeister Dirk Seidler. Der anstehende Ausbau der Ganztagsschule, der an allen Standorten Erweiterungsbauten und Mensen erforderlich machen wird, zählt momentan zu den größten Herausforderungen, ebenso die steigenden Betriebskosten, insbesondere Energiekosten.
Eine Grundschule in Tostedt wird nach den Sommerferien erweitert und saniert
Die Samtgemeinde Tostedt ist für die Grundschulen Handeloh, Heidenau, Otter, Wistedt sowie Tostedt mit der Außenstelle Dieckhofstraße und Todtglüsingen zuständig. Alle Schulen werden bis zum Sommer mit Raumluftfiltern ausgestattet, die Kosten dafür betragen rund 1,5 Millionen Euro. An der Grundschule Heidenau wird in den Sommerferien für 160.000 Euro der Schulhof saniert. Nach den Ferien beginnen die Arbeiten für die Erweiterung und Sanierung der Grundschule Dieckhofstraße, dies kostet rund 3,94 Millionen Euro. Außerdem werden die Schulen im Zuge des Digitalpakts bis zum Herbst digitalisiert.
Um die Schulstandorte der Samtgemeinde zukunftsfähig aufzustellen, wurde ein Schulentwicklungsplan erarbeitet. Eine Arbeitsgruppe erarbeitet aktuell Schwerpunkte mit dem größten Handlungsbedarf, laut Samtgemeindebürgermeister Peter Dörsam soll die politische Beratung kurzfristig folgen. „Darüber hinaus wird der geplante Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung besondere Herausforderungen mit sich bringen.“
In der Samtgemeinde Elbmarsch werden an den Grundschulen Tespe, Marschacht, Hunden und Stove mit dem Außenstützpunkt Drennhausen je nach Bedarf Bauunterhaltungsmaßnahmen durchgeführt. Der Schwerpunkt liegt derzeit auf Bau- und Umbauarbeiten in Tespe und Marschacht. Da deshalb zeitweise mehr Klassenräume notwendig sind, werden gerade in Tespe zwei Container für etwa 100.000 Euro aufgestellt. Gleichzeitig erhält die Schule eine Mensa für geschätzt 250.000 Euro. Sobald der Anbau fertiggestellt ist, steht die Neugestaltung der Außenanlage für etwa 75.000 Euro an.
In der Elbmarsch zieht die Bücherei um und macht Platz für eine Schulmensa
Für den Umbau der Grundschule Marschacht wird zunächst eine energetische Analyse vorgeschaltet. „Fakt ist, dass die Fenster erneuert, die Heizungsanlage ausgetauscht und Lerninseln in den Flurbereichen gestaltet werden sollen“, sagt Samtgemeindebürgermeisterin Kathrin Bockey. Für erste Planungsschritte und erste Baumaßnahmen sind in diesem Jahr 350.000 Euro vorgesehen. Später zieht die Samtgemeindebücherei aus der Schule ins Deichhaus, das im Herbst 2024 fertiggestellt sein soll. Damit entsteht Platz für eine Mensa in der Grundschule. Die Gesamtkosten stehen noch nicht fest. Auch die digitalen Möglichkeiten der Schule sollen – über den Digitalpakt hinaus – verbessert werden. In Drennhausen soll der Schulhof ist mit Hilfe von Fördermitteln neu gestaltet werden.
Die Unsicherheiten mit Blick auf die Einführung der Ganztagsschule ist längst nicht die einzige Baustelle, die die Kommunen bewältigen müssen. Die größte Herausforderung bei der Schulgebäudesanierung besteht Bockey zufolge darin, die energetische Modernisierung sinnvoll in ein Gesamtkonzept für CO2-Neutralität einzupassen. Ein Energiemanagement aufzubauen, brauche die Expertise von Fachkräften, die kaum verfügbar seien, sagt sie. „Auch die Fördermöglichkeiten in einzelnen Bereichen brauchen bis zur Bewilligung oft viele Monate. Handwerkermangel, Baustoffknappheit, steigende Zinsen und Inflationsraten werden zu echten Herausforderungen.“