Landkreise/Bezirk Harburg. Die kultige Videospielfigur Super Mario hüpft jetzt über die große Leinwand. Doch für viele Eltern endet der Besuch an der Kinokasse.
Manchmal kehren sich Dinge in ihr Gegenteil um. Zum Beispiel, wenn die Vorfreude auf einen Kinofilm in Wut und Tränen endet. Zu erleben ist das derzeit an den lokalen Kinokassen für die Videospielverfilmung „Super Mario Bros.“ – etwa in Harburg, Buchholz, Lüneburg und Buxtehude. Betreiber und Mitarbeiter benötigen teilweise ein dickes Fell.
"Super Mario" im Kino: "Leider gibt es immer wieder Tränen"
„Uns bricht es regelmäßig das Herz, wenn wir unsere kleinen Kinogäste wieder nach Hause schicken müssen, aber wir sind laut des Jugendschutzgesetzes dazu verpflichtet, uns an die Altersfreigaben der Filme zu halten“, schreibt etwa das City-Kino Buxtehude auf seiner Facebook-Seite und per Instagram.
Auch das Cinemaxx-Harburg und der Filmpalast Lüneburg verweisen in den sozialen Medien auf die Altersbeschränkung des Films. „Bitte beachtet, der Film wurde mit einer FSK 6 bewertet“, heißt es von den Lüneburgern. Und: „Leider gibt es immer wieder Tränen der kleinen Besucher.“
Ab sechs Jahren: Dürfen Eltern selbst entscheiden?
Unter dem Beitrag toben hitzige Diskussionen. Der Ton ist rau, es kommt zu Beleidigungen, auch thematisch geht es rund: „Naja Kinos sind in einigen Jahren sowieso Geschichte!“, schreibt eine Nutzerin, nachdem sie das deutsche Bildungssystem bezichtigt, „die nächste Fridays for Future Generation ran[zu]züchten die sich auf den Asphalt klebt.“ Darauf die Antwort: „du verwechselst da was... FFF kleben sich nicht auf die Straße. Das ist die ‘letzte Generation’“. Und so weiter.
Hintergrund der Debatte ist der deutsche Kinostart des „Super Mario“-Films, seit dem Osterwochenende ist er auf der Leinwand zu sehen. National wie international bricht die Filmversion des Nintendo-Spieleklassikers gerade Besucherrekorde.
Für Jung und Alt: Spieleverfilmung bricht Rekorde
Das Erfolgsrezept: Die Geschichte um den Klempner Mario, seinen Bruder Luigi, Prinzessin Peach und den Bösewicht Bowser spricht alle Generationen an – von den Fans der ersten Stunde (das erste Spiel erschien 1985) bis zu Kleinkindern.
Und da liegt das Problem: „Super Mario Bros.“ hat in Deutschland eine Altersfreigabe ab sechs Jahren bekommen, die sogenannte FSK 6. Jüngere Kinder dürfen Eltern nicht mit ins Kino nehmen – auch nicht auf eigene Verantwortung. Viele Erziehungsberechtigte wissen das nicht. Einige verstehen es auch nach Aufklärung nicht und lassen Dampf ab.
Eine Kostprobe: „Es ist einfach nur lächerlich, was in diesem Land los ist..“. Oder: „….aber wenn kleine Kinder tagsüber Werbung im Fernsehen für Sex sehen, ist das völlig ok“.
Doch es gibt auch Verständnis für die Einstufung, wie dieser Facebook-Beitrag exemplarisch zeigt: „Also wir kommen gerade aus dem Film. Ich persönlich finde das mit den 6 Jahren gerechtfertigt. Da waren doch so einige Szenen, wo ein Kind durch aus Angst kriegen kann.“
Wütende Eltern: Was die Mitarbeiter in den Kinos erleben
Zur Lage am Ticketschalter sagt Carsten Reck vom Cineplexx in Buchholz: „Die meisten Besucher sind einfach enttäuscht, wir versuchen die Kinder dann mit einer Tüte Gummibärchen zu trösten“. Ob das klappt, hänge auch von der Reaktion der Eltern ab, berichtet der Theaterleiter. „In seltenen Fällen lassen sie den Ärger an uns aus.“
Weniger ruhig beschreibt Simon Balimann vom City-Kino die Situation in Buxtehude. „Der Großteil der Eltern hat Verständnis.“ Doch das Besucheraufkommen bei „Super Mario“ sei enorm – und damit auch die Zahl der Querschläger hoch.
„Einige Eltern zeigen auf uns und sagen zu den Kindern: der oder die ist Schuld“. Andere wiesen ihre Kinder an, beim nächsten Mal über ihr Alter zu lügen. „Wir sind für viele Eltern der Buhmann“, so Balimann. „Dabei haben wir doch am wenigstens davon, Kinder wegzuschicken und auf Ticketverkäufe zu verzichten.“
Spezial-Fall FSK 12: Nur hier haben Eltern die Wahl
In der aufgeheizten Diskussion offenbaren sich auch Missverständnisse. Eine Facebook-Kommentatorin bemüht sich um Aufklärung: „Ich glaube, eine ganz große Verwirrung entsteht gerne dadurch, dass bei FSK 12 Kinder ab 6 Jahren in Begleitung der Eltern bzw. Erziehungsberechtigten durchaus mitkommen dürfen.“
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Tatsächlich haben Erziehungsberechtigte im speziellen Fall der FSK-12-Freigabe selbst die Wahl, ob sie Ihren Kindern ab einem Alter von sechs Jahren einen Kinofilm zutrauen. Sonst aber nicht. „Die FSK gehört überarbeitet“, findet etwa Carsten Reck in Buchholz.
Diese Übersicht des City-Kinos Buxtehude zeigt die FSK-Stufen in Verbindung mit den Startzeiten im Kino:
Freiwillige Selbstkontrolle: Vorgaben sind verbindlich
Immer wieder falsch verstanden wird auch die Bezeichnung „Freiwillige Selbstkontrolle“, für die die Abkürzung FSK steht. Denn die Freiwilligkeit bezieht sich nicht auf die Entscheidung der Eltern.
Die Altersfreigaben der Organisation sind rechtlich bindend, der Name Freiwillige Selbstkontrolle hat historische Gründe und bezieht sich auf eine selbst organisierte Alterskontrolle der Filmwirtschaft ohne staatliche Zensur.
Wird ein Film nicht FSK-geprüft, ist er automatisch ab 18 Jahren freigegeben. Eltern und Kinobetreibern drohen bei wiederholten Verstößen Strafen. Carsten Reck spricht von „empfindlichen Geldstrafen“ und „sogar Gefängnis“.
Lüneburger Filmpalast löst überregionale Debatte aus
Allein unter dem Facebook-Beitrag des Lüneburger Filmpalastes versammeln sich mittlerweile mehr als 2000 Kommentare zu dem Thema, die Diskussion ist zu einem überregionalen Phänomen geworden. „Bei uns in Österreich ist er sogar erst ab 8 Jahren“, erläutert eine Nutzerin etwa bezüglich der Altersfreigabe von „Super Mario Bros.“ im Nachbarland.
Carsten Reck weist darauf hin, dass die FSK-Problematik nicht erst mit dem „Mario“-Film aufgekommen sei. „Filme mit FSK 6 sind immer ein Streitthema“, sagt er. „Das ist nichts Neues.“ Insbesondere, wenn im Kino kein Ausweichfilm ohne Altersbeschränkung laufe, sorge das für Frust.
Auch Kinderserien aus TV und Streaming, die als Kinofilme ab sechs Jahren umgesetzt werden, sorgten regelmäßig für Ärger. „Diskussionen gibt es immer, aber bei ’Mario’ ist es viel krasser als sonst“, findet City-Kino-Leiter Balimann.
Provokationen: "Mein Sohn ist 5 und wurde ins Kino gelassen"
Was ebenfalls Unmut auslösen dürfte: Nicht alle Kinobetreiber oder Mitarbeiter scheinen sich bei der „Super Mario“-Verfilmung streng an die Regeln zu halten – und es folgen Hohn und Provokationen wie diese hier im Netz: „Haha. nicht euer Ernst. Mein Sohn ist 5 und wurde mit dickem Grinsen bei uns ins Kino gelassen.“
„Super Mario Bros.“ läuft derzeit in diesen Kinos der Region: City-Kino Buxtehude, Filmpalast Lüneburg, Movieplexx Buchholz, Cinemotion Winsen, Cinemaxx Harburg, Cinestar Stade. Demnächst auch: Das Kino Neu Wulmstorf.