Landkreis Harburg. Rempe (CDU) setzt sich in Stichwahl durch. Wo der Landrat im Kreis Harburg nicht punkten konnte – und was die Kandidaten sagen.

Nach einem überraschend starken Ergebnis des SPD-Herausforderers im ersten Wahlgang steht fest: Rainer Rempe (CDU) bleibt Landrat im Landkreis Harburg. Wie berichtet erhielt der Amtsinhaber laut vorläufigem Endergebnis 57,6 Prozent der Stimmen in der Stichwahl am Sonntag. Damit konnte sich der neue und alte Verwaltungschef im zweiten Anlauf deutlich mit 36.535 zu 26.857 Stimmen gegen den SPD-Kandidaten Michael Cramm (42,4 Prozent) durchsetzen. Die Wahlbeteiligung sank im zweiten Wahlgang enorm.

Rempe verliert in Neu Wulmstorf – wie im Jahr 2014

Ein detaillierter Blick in die Wahlergebnisse der Stichwahl zeigt, dass Rempe mit einer Ausnahme in allen Samtgemeinden, Einheitsgemeinden und Städten des Kreises die Nase vorne hatte. Punkten konnte er besonders in den Samtgemeinden Salzhausen, Hanstedt, Hollenstedt und Jesteburg. Dort entschieden sich jeweils mehr als 60 Prozent der Wähler für den 60-Jährigen (siehe Karte und Tabelle).

Lediglich in Neu Wulmstorf konnte Michael Cramm, amtierender Bürgermeister in Tespe und ehemaliger Polizist, die Mehrheit der Stimmen auf sich vereinen. Dort erhielt der SPD-Mann einen Stimmenanteil von 52,7 Prozent. Schon im ersten Wahlgang vor hatte sich Cramm in Neu Wulmstorf gegen Rempe durchgesetzt. In der traditionellen SPD-Hochburg hat der Landrat einen schweren Stand. Denn auch bei der Landratswahl im Jahr 2014 unterlag Rempe in Neu Wulmstorf dem damaligen SPD-Gegenkandidaten Thomas Grambow – damals mit lediglich 36,5 Prozent der Stimmen ein besonders deutliches Ergebnis.

Tespe: Wähler entscheiden sich doch gegen ihren eigenen Bürgermeister

Während sich Michael Cramm vor zwei Wochen neben Neu Wulmstorf auch in einem zweiten Wahlgebiet durchsetzen konnte, entschieden sich die Wähler der Samtgemeinde Elbmarsch in der Stichwahl gegen den Herausforderer. Im ersten Wahlgang hatte Cramm dort 44,4 Prozent geholt, Rempe lediglich 40,6 Prozent. Im direkten Duell am vergangenen Sonntag gewann Rempe dann mit 51,7 Prozent. Für Cramm mit 48,3 Prozent immerhin das zweitbeste Wahlergebnis.

Als Bürgermeister der Gemeinde Tespe ist Cramm politisch in der Elbmarsch zuhause. Auch im Wahlbezirk Tespe selbst drehte sich das Ergebnis bei der Stichwahl zugunsten von Rainer Rempe. Noch 46,8 Prozent der Tesper Wähler wollten ihren Bürgermeister letztlich in der Position des Kreis-Verwaltungschefs sehen.

Wo die ohnehin niedrige Wahlbeteiligung am niedrigsten war

Zur Stichwahl war es gekommen, weil keiner der Kandidaten im ersten Wahlgang am 9. Oktober die 50-Prozent-Marke erreicht hatte. Favorit Rempe hatte 47,7 Prozent der Stimmen auf sich vereint, Cramm 40,9 Prozent und der AfD-Kandidat Matthias Müller 11,4 Prozent.

Mit 59,7 Prozent war die Wahlbeteiligung gegenüber der vorangegangen Landratswahl im Kreis Harburg zunächst deutlich gestiegen. 2014 gaben lediglich 50,4 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab. In der aktuellen Stichwahl sank die Wahlbeteiligung allerdings auf 29,9 Prozent.

Ein Faktor dürfte der Zeitpunkt innerhalb der niedersächsischen Herbstferien gewesen sein. Für das Stechen hatte es kein gesondertes Anschreiben für die Wähler gegeben, Briefwahlunterlagen mussten für die zwei Woche später stattfindende Stichwahl erneut beantragt werden.

Amtsinhaber Rainer Rempe ist als Sieger aus der Stichwahl des Landrats hervorgegangen. Mit ihm freut sich die Familie (von links): Tochter Kristin Rempe, Ehefrau Brigitte Niemann-Rempe, Rainer Rempe und Sohn Tim Rempe.
Amtsinhaber Rainer Rempe ist als Sieger aus der Stichwahl des Landrats hervorgegangen. Mit ihm freut sich die Familie (von links): Tochter Kristin Rempe, Ehefrau Brigitte Niemann-Rempe, Rainer Rempe und Sohn Tim Rempe. © HA | Markus Steinbrück

Besonders wenige Wähler konnten in Neu Wulmstorf mobilisiert werden, wo mit 20,6 Prozent nur knapp ein Fünftel der Wahlberechtigten den erneuten Gang zur Urne machte. Auch in der Samtgemeinde Jesteburg (24,4 Prozent) und in Buchholz (29 Prozent) fiel die Wahlbeteiligung vergleichsweise niedrig aus. Im ersten Wahlgang hatte Jesteburg mit 63,70 Prozent noch an Platz zwei der Rangliste gestanden – hinter Rosengarten mit 65,5 Prozent.

Michael Cramm hängte gestern bereits Wahlplakate ab

Rosengarten gehörte mit 34,8 Prozent auch in der Stichwahl zu den Wahlgebieten mit der höchsten Wahlbeteiligung. Den höchsten Wert erreichte die Samtgemeinde Hanstedt (35,7 Prozent), in der Samtgemeinde Salzhausen gingen 33,4 Prozent der Berechtigten zur Wahl. Bei den Zahlen handelt es sich um das vorläufige Endergebnis. Das amtliche Endergebnis gibt der Kreiswahlausschuss am Mittwoch bekannt.

Der unterlegene SPD-Kandidat Michael Cramm hängte gestern bereits Wahlplakate ab – auch, „um ein wenig runterzukommen“, wie er sagt. All zu enttäuscht sei er nicht: „Na klar, wenn man antritt, dann will man gewinnen. Aber ich habe Rainer Rempe von Herzen gratuliert. Es war ein fairer Wahlkampf, der Spaß gemacht hat und bei dem ich viel gelernt habe.“ Er werde weiter politisch arbeiten, sagt der amtierende Bürgermeister von Tespe, sich zum Beispiel um die Nachwuchsförderung in der SPD kümmern. Und natürlich um seine Gemeinde.

Rempe bleibt ausnahmsweise sogar neun Jahre im Amt

Rainer Rempe sieht sich in der kommenden – ausnahmsweise neunjährigen – Amtszeit an der Spitze der Landkreisverwaltung vor großen Aufgaben: „Zunächst gilt es die Flüchtlings-Situation zu bewältigen. Wir kommen langsam an die Grenzen der Unterbringungsmöglichkeiten. Ich hoffe, dass Bund und Land sich da nun mehr engagieren.“ Auch die weiteren großen Themen der kommenden Monate und Jahre sind nicht „hausgemacht“, sondern bundesweit akut. Rempe: „Da wird es um die Sicherheit der Energieversorgung gehen, um die Finanzierung der Kliniken, um Fachkräftemangel.“

Rainer Rempe und Michael Cramm (r.). Der unterlegene SPD-Kandidat gratulierte als Erster.
Rainer Rempe und Michael Cramm (r.). Der unterlegene SPD-Kandidat gratulierte als Erster. © HA | LK Harburg

Als regionale Besonderheit hat Rempe das „Alpha E-Problem“ einer drohenden Bahntrasse durch Dörfer und Gemeinden zu lösen. Intern hofft er, bei der Digitalisierung der Verwaltung und der Serviceportale schnell große Schritte weiter zu kommen. Langfristig hofft Rempe, die hohe Lebensqualität im Landkreis Harburg erhalten und vielleicht sogar noch steigern zu können.

In eineinhalb Wochen tritt er nach langem Wahlkampf einen mehrfach aufgeschobenen Familienurlaub an.