Buchholz. Peter Johannsen gehört zu den Gründern der Einrichtung in Buchholz. Jetzt geht der Geschäftsführer in den Ruhestand

Seine erste Begegnung mit dem Tod hatte er als kleiner Junge: Peter Johannsen war damals zehn Jahre alt. Er erinnert sich daran, wie sein Großvater auf dem heimischen Bauernhof in Rade an seinem Krebsleiden starb, wie er aufgebahrt in der Stube lag und seine Mutter ihn an die Hand nahm, damit er sich am Leichnam verabschieden konnte.

57 Jahre liegt diese Erinnerung zurück. Sie hat Peter Johannsen geprägt, ihn hinschauen lassen auf die Menschen, das Altern und Sterben in unserer Gesellschaft. Als Heimleiter des Herbergsvereins, Altenheim und Diakoniestation zu Tostedt und Geschäftsführer der Hospiz Nordheide gGmbH hat er sich auch beruflich für eine gute Pflege im Alter und ein Sterben in Würde eingesetzt. Die Heimleitung hat er 2018 an seinen Sohn Helge abgegeben. Jetzt zieht er sich aus dem Hospiz zurück.

Tostedter hinterlässt dem Landkreis einen ganz besonderen Ort

Peter Johannsen geht in den Ruhestand. Für den Landkreis Harburg hinterlässt der Tostedter einen ganz besonderen Ort. Einen Ort, an dem Schwerstkranke in Würde und ohne Schmerzen, geborgen und behütet die letzten Tage ihres Lebens verbringen können. „Ich bin jetzt 67 Jahre alt. Es wird Zeit, dass andere übernehmen“, sagt Peter Johannsen. „Ich möchte nicht mit dem Rollator hier rausgehen.“

Das Hospiz Nordheide liegt auf einem am Wald gelegenen Areal unterhalb des Krankenhauses Buchholz.
Das Hospiz Nordheide liegt auf einem am Wald gelegenen Areal unterhalb des Krankenhauses Buchholz. © HA | Privat

Da sitzt er, der großgewachsene Mann mit den grauen Haaren und dem verschmitzten Lächeln, im weitläufigen Garten des Hospiz-Neubaus. Er erzählt von seinen beruflichen Stationen und davon, wie aus einer kleinen Idee vom menschenwürdigen Sterben innerhalb nur einigen Jahre ein für die Region so bedeutendes Projekt geworden ist, das nur gemeinsam und mit großem finanziellen Aufwand unzähliger Beteiligter gestemmt werden konnte.

Die Idee für ein Hospiz hatte Johannsen bereits in den 1980er Jahren. Damals arbeitete er in der Krankenpflege, begleitete auch junge Menschen, die im Sterben liegen. „Viele von ihnen waren austherapiert. Sie gehörten eigentlich nicht in ein Krankenhaus und auch nicht in ein Pflegeheim“, sagt er. Doch wohin dann?

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Ende der 1990er Jahre schwappt der Hospizgedanke aus den USA nach Deutschland rüber. Peter Johannsen ist von der Idee begeistert. „Wir wollten Strukturen schaffen, in denen der Mensch beim Sterben nicht allein gelassen wird“, sagt er. Gemeinsam mit Sieglinde Winterstein vom Verein Oekumenischen Hospizdienst Buchholz entwickelt er die Idee für ein Hospiz in der Nordheidestadt. Binnen kürzester Zeit gelingt es ihnen, zahlreiche Unterstützer ins Boot zu holen. Auch eine Immobilie ist schnell gefunden. Für 1,5  Millionen Euro wird die Aufnahmestation des Krankenhauses Buchholz zu einem Hospiz für zwölf Gäste umgebaut. Ein Großteil des Geldes sind Spenden.

Immer wieder überzeugt er von der Idee eines Hospizes

Betreibergesellschaft des neuen Hospiz in Buchholz ist die Hospiz Nordheide gGmbH, deren Geschäftsführung Peter Johannsen übernimmt. Der Job verlangt nicht nur kaufmännisches Geschick, sondern auch Einfühlsamkeit und Überzeugungskraft. Schließlich muss er die Bürgerinnen und Bürger immer wieder neu von der Idee eines Hospizes überzeugen. Denn: Nicht nur bauliche Maßnahmen, sondern auch fünf Prozent der Betriebskosten müssen Hospize selbst stemmen. Also bringt Johannsen die Menschen dazu über Tabuthemen wie Sterben, Tod und Abschied nachzudenken. Er tut das auf seine ganz eigene Weise.

„Peter Johannsen ist ein äußerst bedachter Mensch, zurückhaltend und besonnen“, sagt Sieglinde Winterstein, Mitstreiterin der ersten Stunde und Vorsitzende der Betreibergesellschaft. „Er drängt sich nicht vor, weiß aber genau, was er will.“ Zum Beispiel, dass es weitergeht mit dem Hospiz, als 2015 feststeht, dass die Räume für andere Zwecke gebraucht werden. Ein neues Gebäude muss her. Und diesmal soll es richtig schön werden. Gemeinsam mit den Verantwortlichen vom Oekumenischen Hospizdienst, dem DRK, dem Kirchenkreis Hittfeld und dem Herbergsverein Tostedt sowie der Bürgerstiftung, entscheidet Geschäftsführer Johannsen, ein neues Hospiz zu bauen. 6,5 Millionen Euro soll das Mammutprojekt kosten. „Eigentlich hatte ich damals schon meinen Rückzug als Geschäftsführer geplant“, sagt Johannsen. „Aber mittendrin im Umbruch konnte ich nicht gehen.“

Der alte Chef und die neue Chefin der Hospiz Nordheide gGmbH: Peter Johannsen und Katharina Appel.
Der alte Chef und die neue Chefin der Hospiz Nordheide gGmbH: Peter Johannsen und Katharina Appel. © HA | Hanna Kastendieck

2021 wird der Neubau feierlich eröffnet. Johannsen hat sein berufliches Werk vollendet. Ein wenig Stolz ist der leidenschaftliche Reiter und Wanderer, der sich als Ratsmitglied in Tostedt auch politisch engagiert, schon auf das Ergebnis. Der Neubau, ein 2000 Quadratmeter großes, lichtdurchflutetes Haus mit weiten Fensterfronten und hellen Holzfassaden, liegt unterhalb des Buchholzer Krankenhauses, hat 14 Zimmer sowie zwei Übernachtungszimmer für Angehörige. Es gibt ein Kaminzimmer mit Blick in den Wald und einen großen Garten.

Nachfolgerin Katharina Appel ist gelernte Krankenschwester

All das wird Peter Johannsen nun seiner Nachfolgerin Katharina Appel überlassen. Diese ist gelernte Krankenschwester, hat an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg Interdisziplinäre Gesundheitsversorgung und -management studiert. Seit Januar ist sie bereits an der Seite vom erfahrenen Johannsen. „Ich wünsche mir, dass der Tod in unserer Gesellschaft anerkannt und nicht totgeschwiegen wird“, sagt die 31-Jährige. Das Hospiz könne in diesem Prozess helfen.

Peter Johannsen ist froh, dass er loslassen kann. Sorge, dass er sich im Ruhestand langweilen könnte, hat er nicht. „Ich werde mit offenen Augen durch die Gegend gehen und mir Rentner angucken“, sagt er. „Und wenn diese glücklich sind, werde ich es genauso machen wie sie.“