Buxtehude. In der Hansestadt gibt es seit einigen Jahren auffallend bunte Beete. Dahinter steckt eine Strategie - und ein Kopf
Wer vom Alten Land aus nach Buxtehude fährt, gelangt kurz vor der Altstadt an einen Kreisel. Mittendrin ist die Metall-Skulptur einer Kogge aufgebaut, die Buxtehudes Ursprung als Hansestadt symbolisieren soll.
Das Metallschiff schwimmt dabei förmlich in einem Blütenmeer: Von Februar bis in den November hinein blüht hier ein Staudenbeet, immer in Blautönen und in einer reliefartigen Anordnung, die tatsächlich an Wellen erinnert. Es sind solche gestalteten Verkehrsinseln, Straßenrandbeete und auch kleine Blumenrabatte im Stadtbild, die in Buxtehude auffallen.
Besuchern der Stadt loben Bepflanzung ausdrücklich
Mal sind sie thematisch angelegt wie bei der Kogge, dann wieder bunte Wiesen oder dezente Anpflanzungen im Schatten größerer Bäume. Was gemeinhin als öffentliches Grün bezeichnet wird – so hat es den Anschein – ist in Buxtehude seit einigen Jahren eher ein öffentliches Bunt geworden. „Wir bekommen immer wieder Mails von Besuchern der Stadt, die unsere Bepflanzungen loben und als außergewöhnlich empfinden“, sagt auch Buxtehudes Stadtbaurat Michael Nyveld.
Dahinter steckt eine Strategie und ein besonderer Kopf. Zum einen sei es seit einigen Jahren Ziel der Stadt, auch in Verkehrsinseln und Straßenbeeten für Nachhaltigkeit und Bio-Diversität zu sorgen, sagt Nyveld. Also für eine möglichst große Vielfalt und Standortgerechtigkeit bei den öffentlichen Bepflanzungen. Umgesetzt wird dieses Prinzip von Stadtgärtnerin Andrea Zitko-Ecks, die im Stadthaus für alle öffentlichen Grünanlagen zuständig ist und auf ein Team von rund 20 Gärtnern zurückgreifen kann. Sie ist damit so etwas wie die Blütenzauberin der Stadt, wenn man so will. Die gelernte Gärtnermeisterin begann schon vor etwa 15 Jahren, dem heute noch vielerorts dominierenden „Straßenbegleitgrün“ etwas entgegenzusetzen. „Ich wollte ein bisschen Farbe reinbringen“, sagt sie. Satt Immergrün sollt es mehr Blüteneffekt sein – das ist die Idee dabei.
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Bei der Themen-Bepflanzung für die Kogge fing ihre Arbeit beispielsweise mit einer Excel-Tabelle an. 18 blaublühende Stauden hat sie dort aufgelistet: Katzenminze, Lavendel, Blauraute oder auch Salbei stehen dort unter anderem drin. Dazu noch acht Zwiebelpflanzen als Frühblüher, natürlich in Blau. Höhe, Blütenzeitraum und einige andere Daten sind ebenfalls aufgeführt. Fast so wie bei einer Rezeptliste mit Garzeiten und Mengenangaben, die man zu einem festlichen Menü kombiniert. Da ist die Phantasie des Kochs gefragt, aber auch sein Wissen, welche Zutaten zueinander passen.
Bunten Beete bieten auch Insekten mehr Nahrung
Ganz ähnlich geht eben auch Buxtehudes Stadtgärtnerin vor, wenn sie ihre Kombinationen plant. Zwiebelpflanzen sind da so etwas wie die Vorspeise, weil sie bereits ab Februar blühen. Es folgen Stauden und Rosen, um bis zum Frost ein blühendes Beet entstehen zu lassen. Von einer sonst typischen Wechsel-Bepflanzung etwa mit Geranien, die im Frühjahr in die Erde kommen, im Herbst dann wieder raus, hat man sich in Buxtehude indes weitgehend verabschiedet. „Das ist auch nicht mehr zeitgemäß“, sagt die Stadtgärtnerin. Arbeits- und Pflegeaufwand seien dabei viel zu groß. Gerade Geranien würden eben anders als die neuen bunten Beete Insekten keine Nahrung bieten.
Aber für die Kombinations-Gärtnerei braucht man auch viel Vorbereitung, Können und Fachkräfte, erklärt Stadtgärtnerin Zitko-Ecks: „Immergrün kann jeder“. Das Wichtigste sei zum Beispiel die richtige Bodenvorbereitung, so dass sich keine Wurzelunkräuter mehr in der Erde befinden. „Wenn die Ackerwinde erstmal da ist, hat man eigentlich schon verloren“, sagt sie. In Buxtehude setzen die Gärtner daher oft im Herbst bereits Stauden und Zwiebelpflanzen. Im Frühjahr werden dann zunächst Aussaaten wie Tagetes oder einjährige Blumen-Mischungen gesät, um Unkräuter zurückzuhalten. „Das macht man am besten, wenn es ab April warm wird und sich Regenwetter ankündigt“, erklärt die Gärtnermeisterin. Später kommt die Saat dann wieder heraus, damit sich das gewollte Blüten-Menü entfalten kann.
Bodenbedingungen bestimmen Stauden-Mischung
Was dann genau wächst, entscheidet die 58-Jährige mal nach thematischen Vorgaben wie bei der Kogge, mal nach ihrer Kreativität – aber immer nach den Bedingungen des Bodens: Ist er trocken, nass, schattig, nährstoffreich oder -arm? Das sind die entscheidenden Kriterien. Oft wählt sie dabei bewährte Stauden-Mischungen aus, die vom Bund deutscher Staudengärtner eigens auf bestimmte Bodenbedingungen hin entwickelt, getestet und verbessert wurden.
Für eine auffallend bunte Verkehrsinsel am Ottensener Weg war es dann die Mischung „Silber-Sommer“, die ideal für den trockenen und sonnigen Standort passte. Die silbrigen Farben der Blumen sind typisch für solche nährstoffarmen Böden. Doch allein mit der Mischung ist es nicht getan. Um ein gewolltes Relief zu erzeugen, gibt es eine bestimmte Anordnung verschiedener hoher Stauden. Was wie zufällig schön erscheint, ist ganz genau durchdacht. Da gibt es dann Stauden als „Gerüstbildner“, andere als „Begleitstauden“ oder „Füllstauden“ und eben auch Bodendecker, die alles verbinden: Fleisch, Gemüse, Kartoffeln und die Soße – um im Bild eines Menüs zu bleiben.