Landkreis Harburg. Um Gasverbrauch zu senken, ist das Wasser in einigen Bädern im Norden nun etwas kühler. Lüneburg spart Energie an anderer Stelle.
Frieren für den Frieden? In den Freizeitbädern der Region Harburg und Lüneburg ist das zurzeit eine heikle Frage. Denn auf der einen Seite verbrauchen die Anlagen täglich große Mengen Energie, vor allem Erdgas. Gas, das noch immer auch aus Russland kommt – was Deutschland so schnell wie möglich ändern will.
Auf der anderen Seite wollen die Schwimmbad-Betreiber ihre Besucher nicht vergraulen. Und dabei ist die Temperatur von Wasser und Luft offenbar ein äußerst heikler Punkt.
In Winsen ist das Wasser nun bis zwei Grad kühler
Beim Winsener Freizeitbad Die Insel hat man dennoch einen vorsichtigen Schritt in diese Richtung gewagt. Seit Kurzem ist das Wasser in den verschiedenen Becken ein bis zwei Grad kühler als bisher. So hat das Sportbecken noch eine Temperatur von 27 Grad, das Lehrschwimmbecken 31 Grad, das Kinderbecken 32 Grad und der Whirlpool 34 Grad Celsius. Auch die Lufttemperatur wurde angepasst, da diese möglichst zwei Grad über der Wassertemperatur liegen sollte. Im Außenbecken wurde die Temperatur sogar von 32 auf 28 Grad gesenkt.
Die Besucher und Besucherinnen sollen davon allerdings praktisch nichts merken. „Diese Maßnahme wird für Sie und Ihre Familie beim nächsten ‘Inselbesuch’ kaum spürbar sein“, heißt es auf der Internetseite des Bads, das von den Winsener Stadtwerken betrieben wird. „Sie schränkt das Wohlbefinden nicht ein, hilft uns jedoch gemeinsam Energie zu sparen – unmerklich, aber wirkungsvoll.“ Darüber hinaus bleibt die Banja-Sauna, die ebenfalls mit Gas betrieben wird, von sofort an bis zum 15. September geschlossen. Gemeinsam mit den Besuchern solle so ein kleiner Beitrag geleistet werden, um die Abhängigkeit vom russischen Erdgas zu verringern.
Während das Jesteburger Freibad erst in einer Woche das Wasser heizen wird, hält das Freibad in Tostedt, das am Sonnabend wegen technischer Probleme erst mit einigen Tagen Verspätung eröffnet hat, an der üblichen Temperatur von 24 Grad fest. Dort wird lediglich zum Anheizen des frischen Wassers Gas genutzt, anschließend hält eine Solarabsorberanlage die Temperatur konstant.
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In Buchholz dagegen wurde die Temperatur im Freibad dauerhaft um zwei Grad auf jetzt 21 Grad gesenkt. Zudem wurde das städtische Bad bereits zuvor energetisch grundüberholt. „Ungeachtet des Ukrainekonfliktes und seiner Implikationen haben wir unser fast 50 Jahre altes Bad in den letzten Jahren energetisch saniert, soweit es sinnvoll war“, sagt Stadtsprecher Heinrich Helms. „In diesem Zusammenhang haben wir auch ein umfassendes Energiemonitoring eingerichtet, dass nunmehr einsatzbereit ist.“ Das Buchholzer Hallenbad ist über den Sommer für die Öffentlichkeit geschlossen. Es wird nur für den Schwimmunterricht der Schulen, Vereinsschwimmen und Kurse des Bads genutzt.
In Lüneburg wird auf Extras verzichtet wie Massagedüsen
Im Lüneburger Salü bleibt es dagegen vorerst so warm wie bisher. „Wir senken die Temperaturen noch nicht. Der Wohlfühlfaktor ist ganz wichtig für die Besucher“, sagt Dirk Günther, Geschäftsführer der Salztherme. Dennoch habe man sich intensiv Gedanken darum gemacht, wie in dem Schwimmbad Energie gespart werden kann. So werden verschiedene Extras in den Wasserbecken seltener eingeschaltet. „Wir haben viele Attraktionen, wie den Strömungskanal, Massagedüsen oder Bodensprudel, die durch Pumpen angetrieben werden. Das verbraucht Strom und auch das Wasser muss immer wieder nachgeheizt werden“, sagt Günther. Diese Programme seien so überarbeitet worden, dass nicht mehr so viele Attraktionen zeitgleich laufen. „Das ergibt aufs Jahr gesehen eine deutliche Einsparung.“
Die Salztherme wurde zudem in den vergangenen Jahren aufwendig saniert und hat erst im September wieder eröffnet. Die eingebaute Hocheffizienztechnik bringe bereits eine Energieeinsparung von 20 bis 30 Prozent im Vergleich zum Zustand vor der Sanierung, sagt der Geschäftsführer. Zudem sorgten die günstigen Außentemperaturen derzeit für einen geringeren Energieverbrauch.
Auch beim Hallenbad in Neu Wulmstorf soll die derzeitige Sanierung den Energieverbrauch um etwa ein Fünftel senken. Zurzeit ist nur das Freibad geöffnet.
Schwimmbad-Betreiber richten sich auf Szenarien ein
Noch fließt Gas in ausreichender Menge durch die Leitungen – auch wenn die Preise bereits steigen. Da jedoch alles andere als sicher ist, dass die Lieferungen fortgeführt werden, haben Dirk Günther und sein Team vom Salü sich auf verschiedene Szenarien eingestellt. Sollte ein vollständiger Gasstopp aus Russland kommen, würden nicht nur die Temperaturen abgesenkt, auch Teilbereiche könnten geschlossen werden. „Dann müsste man auch überlegen, ob ein Außenbecken im Winter noch vertretbar ist“, so Günther. Für die Saunen wird kein Gas benötigt, diese werden mit elektrischen Öfen betrieben. Die kleine Sauna ist trotzdem bis Ende August geschlossen – allerdings wegen Personalmangels.
Sollten weitere Sparschritte notwendig werden, wird sich zeigen, ob die Salü-Besucher sich von geringeren Temperaturen abschrecken lassen. „An einem gewissen Punkt kippt es“, ist sich der Geschäftsführer sicher. „Dann kommen die Gäste nicht mehr.“ Versucht haben sie es in der Salztherme: Die Temperatur im Kursbecken wurde von 32 Grad auf 30,5 gesenkt. Doch nach dem ersten Babyschwimmen hätten Eltern sich beschwert, so Günther. Daraufhin wurde der Temperaturregler wieder auf 31,5 Grad gestellt. Die Frage ist wie lange das möglich bleibt.
Der Leitfaden zum Sparen:
- Die Deutsche Gesellschaft für das Badewesen geht davon aus, dass die Energieversorgung in diesem Jahr streng reguliert werden wird und rechnet mit erheblichen Auswirkungen auf Schwimmbäder in Deutschland. Sie hat daher einen Leitfaden entwickelt, mit welchen Energiesparmaßnahmen der Betrieb trotzdem aufrecht erhalten werden könnte. Es geht um Maßnahmen, die „bis vor Kurzem noch als undenkbar oder inakzeptabel galten und damit auch sehr unpopulär werden dürften.“ Ganz oben auf der Liste der Empfehlungen steht die Absenkung der Wassertemperatur, gefolgt von der Schließung ganzjährig beheizter Außenbecken sowie Attraktionen wie Großrutschen, Saunen oder Warmbecken.
- Danach sollen Freibäder geschlossen werden, die mit fossilen Energie beheizt werden, sowie Freizeitbäder ohne kommunale Pflichtaufgaben. Schließlich wäre der Betrieb von Bädern mit Schul- und Vereinsschwimmen, von unbeheizten und solarbeheizten Freibädern sowie Bäder in therapeutischen Einrichtungen und Kliniken einzustellen.
- Besonders wirkungsvoll ist es, das Wasser weniger stark zu erwärmen. Durch eine Verringerung um zwei Grad könnte der Energieverbrauch um 25 Prozent gesenkt werden. Zudem sollte der Sauna-Betrieb im Sommer überdacht werden und Angebote in sehr warmen Becken wie fürs Babyschwimmen auf einzelne Bäder konzentriert werden.