Bendestorf. Dorle Mossau entdeckte bei Haushaltsauflösung ein Originalgemälde der berühmten Schauspielerin. Was jetzt mit dem Bild passiert.
Sie hatten nicht geahnt, was für ein Schatz dort im Keller lagerte. Zwischen zwei großen Pappen versteckt fanden sie dieses merkwürdige Bild mit der nackten Frau. Ein ungerahmter Akt in Öl, die Farben so frisch, als wären sie gerade erst getrocknet. Und beinahe hätten die jungen Leute, die den Hausstand von Horst Thiel auflösten, die schlüpfrige Malerei in den Müll geschmissen, hätte nicht Dorle Mossau dazwischengefunkt, Thiels Tochter.
Sie kennt die Geschichte zu diesem Bild und ahnte, dass es sich dabei um ein Stück Filmgeschichte handeln musste, das seinen Platz im Museum verdient. Also griff sie zum Hörer und rief beim Filmmuseum in Bendestorf an. „Ich habe eine Spende, die sie interessieren könnte“, sagte sie.
Originalgemälde eines unbekannten Kulissenmalers
Bei dem Bild handelt es sich um ein Originalgemälde eines unbekannten Kulissenmalers. Es ist authentisch und in der letzten Szene des Films „Die Sünderin“ mit Hildegard Knef zu sehen, deren Glamour bis heute über den Dächern des Luftkurortes schwebt und um die sich viele Geschichten ranken, die das kleine Museum in Bendestorf bewahrt hat. Auf „die Knef“ sind die Bendestorfer Freunde des Filmmuseums besonders stolz. Denn schließlich war es eine Produktion in den Bendestorfer Filmstudios, die dem späteren Weltstar zum Durchbruch verhalf. Dort, in den Produktionshallen am Schierenberg drehte die damals 25-Jährige unter Regiestar Willi Forst 1950 den Film „Die Sünderin“. Der Streifen wurde zum ersten Skandal der deutschen Filmgeschichte. Denn Hildegard Knef, die eine Prostituierte spielt, ist darin für zwei Sekunden nackt zu sehen.
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Eine nackte Frau zeigt auch das Ölgemälde, das Horst Thiel in seinem Keller Jahrzehnte lang verwahrte. „Mein Vater hatte damals als Tischler für die Filmstudios gearbeitet und Requisiten für die Produktionen gefertigt“, erinnert sich Dorle Mossau. „Eines Tages brachte er dieses Bild mit der nackten Frau mit. Ich war damals fünf und sollte so etwas nicht sehen, also versteckte er die Malerei im Keller.“ Dort blieb sie auch, ganze 70 Jahre, bis Dorle Mossau das Bild bei der Haushaltsauflösung wiederfand und jetzt dem Verein Freundeskreis Filmmuseum Bendestorf spendete.
Der Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Relikte und Erinnerungen an die goldene Zeit der Filmstudios Bendestorf zu erhalten, stellt Fotos und Originalstücke aus den Filmen aus, die zwischen 1947 und 2005 in den Studios produziert worden sind. Knapp 100 abendfüllende Filme und Serien kommen aus den Hallen in Bendestorf. Werke wie „Ave Maria“ mit Zarah Leander und „Heideschulmeister“ mit Uwe Karsten sind hier entstanden, aber auch Werbefilme über Waschmittel und Zahnprothesenreiniger bis hin zur Synchronisation für alte Edgar-Wallace-Filme mit Joachim Fuchsberger.
Glanzzeit hatten Studios nach Ende des Zweiten Weltkriegs
Ihre Glanzzeit aber hatten die Studios in den ersten Jahren nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Damals zählten sie zu den größten der damaligen Westzone. Und in eben dieser Zeit entstand auch „Die Sünderin“ mit Hildegard Knef. Ihr hat das Museum einen eigenen Raum gewidmet, verwahrt dort neben unzähligen Schwarz-Weiß-Fotografien auch das Original-Drehbuch des Films mit handschriftlichen Notizen von Willi Forst. Das Originalgemälde vom Set soll jetzt auf einer Staffelei hinzukommen. „Wir freuen uns riesig über die Spende“, sagt Tommy Smidt, Vorsitzender des Freundeskreis’ Filmmuseum Bendestorf.
„Es ist eine kleine Sensation“, ergänzt Heiner Braband, der sich ebenfalls im Museum engagiert und selbst als Statist in vielen Produktionen mitgewirkt hat. Er erinnert sich genau an die vielen Allüren der Schauspielerin Knef und die Szene, die der Kulissenmaler festgehalten hat. „Wir hatten im Studio einen Teich angelegt, an dem sie auf einer Liege in der Sonne lag“, erzählt er. „Weil ihr das Wasser zu kalt war, haben wir aus dem nahe gelegenen Torfbruch eine Dampflok aufs Studiogelände geholt und das Wasser aufgeheizt.“ Bis heute ist der Film ein beliebter Klassiker, der auch im Kino des Museums regelmäßig gezeigt wird – das nächste Mal am 13. April. Dorle Mossau hat sich schon mal ein Ticket reserviert. „Schließlich habe ich den Film noch nie gesehen“, sagt sie. „Und ich möchte endlich wissen, wo das Bild einmal gehangen hat.“