Mienenbüttel. Erste Besucher kamen zu einem Tag der Offenen Tür. Laut Betreiberin liegt langersehnte Genehmigung liegt jetzt vor.
Vom Tierversuchslabor zum Tierheim: Das seit längerem geplante Tierzentrum Neu Wulmstorf hat vom Landkreis Harburg vor wenigen Tagen offenbar die Betriebsgenehmigung erhalten.
Das geht zumindest aus einem Schreiben hervor, das dem Abendblatt in Kopie vorliegt; für eine letzte Bestätigung war der Landkreis Harburg am Sonntag aber nicht zu erreichen.
Schriftliche Erlaubnis für Tierheim-Betrieb
„Hiermit erteile ich Ihnen die Erlaubnis nach §11 Abs. 1 Nr. 3 Tierschutzgesetz, ein Tierzentrum einschließlich Tierheim, mit Resozialisierung von als tatsächlich gefährlich eingestuften Hunden sowie die Vermittlung von Hunden und Katzen zu unterhalten“, heißt in den Schreiben an Tierzentrums-Betreiberin Doris Firlus. Die Erlaubnis sei „standortgebunden“ auf Räume und Einrichtungen an der Oldendorfer Straße 41 im Neu Wulmstorfer Ortsteil Mienenbüttel. Eben dort, wo das Neugrabener Unternehmen LPT (Laboratory of Pharmacology and Toxicology) ein seit Jahrzehnten heftig umstrittenes Tierversuchslabor betrieben hatte.
2019 geriet Tierversuchslabor in die Schlagzeilen
2019 geriet LPT jedoch in die Schlagzeilen, als Tierschützer verstörende und heimlich gefilmte Videos aus dem streng abgeschirmten Labor an die Öffentlichkeit brachten. In der Folge kam es zu etlichen Demos und einem Betriebsverbot durch die Behörden. Das inzwischen umbenannte Unternehmen überraschte dann mit der Ankündigung, Gebäude und Gelände dem Tierschutz zur Verfügung stellen zu wollen.
Doris Firlus, die für Hamburger Behörden seit vielen Jahren mit gefährlichen Hunden zu tun hat, bewarb sich mit ihrer Idee eines Tierzentrums und bekam dafür auch einen Mietvertrag von der LPT-Nachfolgefirma. Das Unternehmen hat inzwischen angekündigt, auf Tierversuche zu verzichten und die Standorte in Hamburg-Neugraben und Gut Löhndorf in Schleswig-Holstein zu schließen.
Tierschützerszene gespalten über neue Nutzung
Die Idee eines Tierzentrums auf dem Gelände spaltete aber von Anfang die Tierschutzszene: Es gibt Befürworter, die sich teils dort inzwischen selbst engagieren. Und es gibt Kritiker, die nicht wollen, dass die Firmeneigentümer noch Mieterträge aus der Immobilie bekommen. Wie es jetzt dort aussieht, konnten sich nun am gestrigen Sonntag Interessierte bei einem Tag der offenen Tür ansehen, der eigens kurz vor Einzug der ersten Tiere angesetzt war, um sie nicht weiterem Stress auszusetzen. Schon gleich nach Öffnung der Türen am Sonntag um 10 Uhr machten davon etliche Gebrauch.
So wie beispielsweise Dr. Dörthe Lehmann aus der Gemeinde Seevetal, die mit Mann und beiden Töchtern gekommen war. Man habe so viel über das Labor und später über die Pläne für ein Tierzentrum gelesen, sagte sie: „Da wollten wir uns das einfach mal anschauen und der erste Eindruck ist sehr positiv“. Tatsächlich zeigte sich das Tierzentrum freundlich und hell, grüne Farbtöne überwiegen und erinnern an eine Kinderarztpraxis.
Seit Januar 2021 wird an dem Umbau gearbeitet
Seit Januar 2021 arbeiten Firlus und Mitstreiter bereits an dem Umbau und hatten dabei viele Auflagen zu erfüllen. Sie musste eine Eignungsprüfung ablegen und auch etliche bauliche Vorgaben gab es zu berücksichtigen, beispielsweise den Bau einer Medizin- und Quarantäne-Station. Im Tierzentrum ist nun Platz für 100 Hunde, 18 Katzen sowie Kleintiere. Bei den Hunden werde es sich um Fundtiere, aber auch um gefährliche Hunde handeln, die wegen Beißvorfällen oder aufgrund ihrer Rasse in einem Tierheim untergebracht werden müssen. „Wir geben ihnen eine zweite Chance und resozialisieren sie“, sagt Firlus.
Geplant ist auch eine Wildtierstation
Geplant ist auch eine Wildtierstation. Die Finanzierung des Tierheimbetriebs erfolgt dabei unter anderem durch eine Kostenerstattung von Kommunen, die in der Regel Fundtiere unterbringen müssen. Die Pläne reichen aber noch weiter. Neben dem eigentlichen Tierheim-Betrieb will Firlus später auch einen gewerblichen Teil auf dem weitläufigen Gelände unterbringen, um verschiedene Dienstleistungen für Hundebesitzer anbieten zu können. Etwa einen Hundefriseur, eine Hundeschule oder auch eine Heilpraxis für Tiere.
30 Mitarbeiter sollen dort einmal arbeiten
25 bis 30 feste Mitarbeiter sollen in dem Tierheim einmal arbeiten, sagt Firlus. Das sei notwendig, um den Betreuungsschlüssel einhalten zu können. Ein Mitarbeiter darf demnach maximal zehn Hunde betreuen. Fünf feste Mitarbeiter sind im Tierzentrum jetzt schon beschäftigt. Einer davon ist Sebastian Marten, der dort für die Qualitätssicherung zuständig ist und auch am Empfang arbeitet. Der Harburger hatte sich selbst an den Demos gegen das Labor beteiligt. Als er dann von dem Tierzentrum hörte, sei er neugierig geworden, habe Kontakt aufgenommen und sei dann „irgendwie da reingeschlittert“. Er sagt: „Ist doch schön, wenn man dabei sein kann, wie aus einer Tierhölle ein Tierparadies wird.“