Klecken. Mehr als 200.000 Impfdurchbrüche – Michael Schnelle ist einer davon. Trotz zweifacher Impfung steckte sich der Senior an.
Es begann mit einem Schnupfen. Dann kamen die Halsschmerzen dazu und der starke Husten. Das war am 3. November. „Hab’ ich mich doch erkältet“, ärgerte sich Michael Schnelle. Sechs Tage später lag ein positiver PCR-Test vor. Michael Schnelle aus Klecken im Landkreis Harburg hatte einen Impfdurchbruch. Trotz zweifacher Impfung hatte sich der 72-Jährige mit dem Coronavirus angesteckt.
Die Zahl der Impfdurchbrüche steigt stetig. Insgesamt 261.735 Fälle sind dem Robert Koch-Institut (RKI) seit Februar 2021 bekannt (Stand 25. November). 3.349 bei 12- bis 17-Jährigen, 194.099 bei 18- bis 59-Jährigen und 64.287 bei Personen ab 60 Jahre. Vor einem Monat waren es insgesamt 117.763 Fälle (Stand 28. Oktober). Der Anstieg lässt sich der Ständigen Impfkommission zufolge unter anderem durch den mit der Zeit nachlassenden Impfschutz besonders bei älteren Menschen erklären.
Geimpfte wiegen sich in trügerischer Sicherheit
Wie tückisch das Virus sich anschleicht, wie trügerisch die Sicherheit ist, in der sich Geimpfte wiegen und wie viele Tage vergehen, bis das Virus nachgewiesen ist, hat Michael Schnelle aus Klecken erlebt. Er arbeitet als Autor, schreibt Reiseführer und betreut selbst Reisegruppen und Wandertouren. Am 30. Oktober war er zu einer Tagung in Würzburg. Insgesamt vier Impfdurchbrüche wurden während der zweitägigen Veranstaltung, die unter 2G-Regeln abgehalten wurde, registriert. Einer davon war Michael Schnelle.
Erst fünf Tage später, am Mittwoch, den 3. November, zeigten sich bei ihm die ersten Symptome. Da hatte er bereits Restaurants besucht, mit Kollegen gegessen, war mit der Bahn quer durch Deutschland gereist und hatte zudem eine Gemeinderatssitzung in Nenndorf besucht. Er war im Supermarkt einkaufen gewesen und hatte mit seiner Frau Zeit verbracht. Es waren viele Begegnungen, die Michael Schnelle in wenigen Tagen hatte. Nicht ahnend, dass er bereits ansteckend war.
Seine Geschichte, von der Ansteckung in Würzburg, über die Reise durch Franken bis zum Ausbruch der Erkrankung, dem positiven Testergebnis und der folgenden Quarantäne hat Michael Schnelle aufgeschrieben und veröffentlich. Das Büchlein ist jetzt im Handel erhältlich. „Mein Corona-Impfdurchbruch“ heißt es und erzählt auf 36 Seiten über ein Thema, das immer mehr Menschen beschäftigt. „Die Zahl der Impfdurchbrüche steigt stetig“, sagt er. „Und wir Geimpften fühlen uns vermeintlich immer noch sicher. Dabei kann man nicht vorsichtig genug sein.“
Negativer Corona-Test gaukelt Sicherheit vor
In seinem Buch schreibt er: „Dienstag (2.11.) war für mich noch ein ganz normaler Tag. Wie sollte ich erahnen, dass ich mich mit dem Coronavirus infiziert hatte und heute bereits ansteckend war? Selbst wenn ich es gewusst hätte, wäre ein Test noch immer negativ gewesen und hätte mir eine Sicherheit vorgegaukelt. So frühstückte ich vollkommen sorglos zunächst in meinem Hotel. Mit der Regionalbahn fuhr ich zurück nach Würzburg, mit dem ICE weiter nach Hamburg. Am Bahnhof wurde ich samt Gepäck von meiner Frau abgeholt. Mit dem Auto ging es zurück nach Hause, natürlich mit Begrüßungskuss und ohne Maske.“
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Schnelle, der bis vor Kurzem noch Mitglied des Gemeinderates in Rosengarten gewesen ist, berichtet auch von der gut besuchten Ratssitzung im Nenndorfer Gasthaus Böttcher. Diese hatte er als scheidendes Mitglied am Dienstag nach seiner Rückkehr aus Würzburg – noch symptomfrei – besucht. „Im Gasthaussaal saß ich direkt neben einem Kollegen. Der neu gewählte Rat, die ausgeschiedenen Mitglieder und zahlreiche Besucher sorgten für eine gut besuchte Ratssitzung. Und ich war als bereits Infizierter und Virenverbreiter einer davon“, berichtet er.
Plötzlich das Gefühl das irgendetwas nicht stimmt
Am Mittwochabend, 3. November, hatte der 72-Jährige das erste Mal das Gefühl, das etwas nicht stimmt. Er fühlte sich schlapp, hatte Husten und Schnupfen. „Natürlich dachte ich an unsere feuchte Stadtbesichtigung in Würzburg und kam nicht ansatzweise als zweifach Geimpfter auf die Idee, dass ich einen Corona-Impfdurchbruch haben könnte“, schreibt er. „Dabei war ich bereits seit zwei Tagen hochansteckend.“
Donnerstagabend erhielt Michael Schnelle eine Mail vom Veranstalter der Tagung, in welcher dieser mitteilte, dass es unter den Teilnehmenden einen Impfdurchbruch gegeben habe. In seinem Buch schreibt Schnelle: „Freitagmorgen (5.11.) fuhren deshalb meine Frau und ich ins nahe gelegene Buchholz, wo es eine Teststation gab. Das Ergebnis der Schnelltests war bei uns beiden negativ.“
Vorsorglich sagt das Ehepaar Geburtstagseinladungen ab
Dennoch sagte das Paar vorsorglich zwei Geburtstagseinladungen sowie eine Wandertour ab. Am Sonnabend erfuhr Schnelle, dass es bei der Tagung zwei weitere Impfdurchbrüche gegeben hatte. Er machte deshalb einen weiteren Schnelltest. Dieser war positiv – ebenso der offizielle PCR-Test, dessen Ergebnis am Dienstag (9.11.) vorlag – neun Tage nachdem sich Michael Schnelle bei einer Tagung unter 2G-Regeln angesteckt hatte. Bis 17. November musste Michael Schnelle in Quarantäne. Seine Frau hatte sich nicht angesteckt. Am Abend des 17. Novembers gönnten sich die beiden einen Piccolo.
Inzwischen geht es Michael Schnelle wieder richtig gut. Den Termin für die Boosterimpfung Ende Dezember hat er abgesagt. Er gilt bis zum 9. Mai 2022 als genesen. „Vielleicht sind wir bis dahin im Kampf gegen Corona einen Schritt weiter“, hofft er. Und weil das nur geht, wenn alle mitziehen, richtet Michael Schnelle am Ende seines Büchleins einen Appell an alle Ungeimpften: „Schützen Sie sich selbst und Ihre Mitmenschen. Wenn nicht gesundheitliche Gründe dagegensprechen, dann lassen Sie sich bitte umgehend impfen. Sie tragen dann dazu bei, dass sich das Coronavirus nicht mehr so stark verbreitet und wir nochmals größere Einschränkungen unseres Lebens in Kauf nehmen müssen.“