Buxtehude. Fachbetrieb bei der Flut im Ahrtal zerstört. Musikinstrument der St. Petri-Kirche wurde dort gerade restauriert. Was nun geschieht

Seit 2017 wurde im Kirchenkreis Buxtehude schon für die Renovierung und auch Erweiterung der „Chororgel“ aus der Petri-Kirche gesammelt. Es gab Pfeifen-Patenschaften, eine CD mit Weihnachtsmusik wurde aufgenommen und verkauft für das Projekt; Spender kamen sogar aus Kanada oder Südamerika.

Für die gut 200.000 Euro teuren Arbeiten hatte der Kirchenkreis schließlich die Orgelwerkstatt Rowan West beauftragt. Der gebürtige Australier gilt als einer der ganz wenigen Spezialisten, die wieder Klang-Erlebnisse schaffen können, wie die berühmten Orgelbauer des 18. und 17. Jahrhunderts. Und auch die Buxtehude Chororgel sollte in „barocker Ästhetik“ ein Instrument werden, das die Musik dieser Epoche adäquat darstellen kann, wie es in einer Beschreibung des „Projekts Chororgel“ heißt.

Im Frühjahr hatte Kirchenkreis das Geld zusammen, dann kam die Flut

Im Frühjahr dieses Jahres war dann genügend Geld zugenommen und Anfang Juli konnte die Buxtehuder Orgel schließlich endlich in die Werkstatt nach Altenahr im Ahrtal transportiert werden. „Am Weiher 2“ lautet dort die Anschrift – was sich eine Woche später als fataler Standort herausstellen sollte. Die Hochwasser-Katastrophe im Rheinland traf auch die kleine Orgel-Werkstatt mit voller Wucht: „Alles in Schlamm und Fluten versunken, unsere Orgel ist komplett zerstört“, berichtet Kreiskantorin Sybille Groß, die sich vor Ort umgesehen hatte. Die Wohnung des Orgelbauers musste geräumt werden, einer seiner Mitarbeiter habe sein gesamtes Hab und Gut verloren, sagt Kreiskantorin Groß mit sichtlicher Betroffenheit.

Kleine Werkstatt aus dem Ahrtal stellte Orgelpfeiffen noch selbst her

Das Plakat zum Chororgel-Projekt steht genau dort, wo jetzt das neue Instrument seinen Platz finden wird
Das Plakat zum Chororgel-Projekt steht genau dort, wo jetzt das neue Instrument seinen Platz finden wird © AT | Axel Tiedemann

Vielfach schon hatten sie und ihr Kollege Martin Böcker aus Stade mit Rowan West zu tun, der sich vor allem auf die alten norddeutschen Orgeln spezialisiert hat, eben auch auf jene berühmten von dem Neuenfelder Orgelbauer Arp Schnitger (1649 – 1719). Oft hatte er dabei in der Region zu tun, restaurierte historische Instrumente und baute auch neu. „Dabei sind Freundschaften entstanden, es ist ja auch so etwas wie unsere Firma“, sagt die Kreiskantorin.

Rowan West habe sich immer als Geselle Arp Schnitgers verstanden, sagt ihr Stader Kollege Böcker, der auch Orgel-Sachverständiger der Hannoverschen Landeskirche ist und viele Projekte von Rowan West begleitet hat. Dazu müsse man wissen, dass die Kunst des Orgelbauens im 17. und 18. Jahrhundert ihren Höchststand erreicht habe. „Es gibt nichts Besseres danach, höchstens anderes“, sagt er. Fast alles an einem solchen Instrument sei „mit Sinn“ gebaut, so zum Beispiel selbst Verzierungen, die dazu dienten, einen Klang in ganz besonderer Weise zu verwirbeln oder abzustrahlen. Es gebe da nur einen sehr kleinen Kreis von Firmen, die damit umgehen könnten oder gar wie die kleine Werkstatt aus dem Ahrtal heute noch vergleichbare Instrumente neu bauen könnten. West arbeitet dabei selbst mit Spezialisten zusammen, Pfeifen werden dort noch selbst hergestellt, teils mit historischen Werkzeugen gefertigt.

Die Petri-Kirche gehört zu den Wahrzeichen Buxtehudes, sie steht direkt am Eingang zur Altstadt
Die Petri-Kirche gehört zu den Wahrzeichen Buxtehudes, sie steht direkt am Eingang zur Altstadt © dpa | Daniela Ponath Fotografie

Die Werkstatt wird aber wohl bald wieder arbeiten können, hofft Kreiskantorin Groß. „Das war alles versichert, auch unsere Orgel.“ Es gehe jetzt aber um die Menschen, die man durch die vielen Kontakte kennengelernt habe und denen nun in ihrer Notlage geholfen werden müsste. Und dazu dient nun eine große Benefiz-Konzertreihe, die von den beiden Kirchenkreisen organisiert wird. Von November bis in den April sind in der Region, aber beispielsweise auch in Schleswig-Holstein Orgel-Konzerte unter dem Titel „Nord für West“ geplant: insgesamt 16 Konzerte auf zehn Instrumenten: Und alle Orgeln, auf denen gespielt wird, sind schon einmal von der kleinen Werkstatt aus dem Ahrtal restauriert oder rekonstruiert worden. So zum Beispiel auch in Buxtehude die große Furtwängler Orgel von 1859, an der Rowan West 2007 gearbeitet hatte. Mit dabei sind aber auch Veranstaltungen in Apensen, Harsefeld, Steinkirchen, Grünendeich sowie Oederquart.

Konzertreihe für den Wiederaufbau der Orgelwerkstatt im Ahrtal

„Wir wollen in einer gemeinschaftlichen Aktion nicht nur ein Zeichen der Solidarität aussenden, sondern ganz direkt dabei Geld sammeln, um die von uns so geschätzte Firma und ihre Mitarbeiter in dieser extremen Notlage zu unterstützen“, sagt Kreiskantorin Groß, die bei der Konzertreihe selbst an einer Orgel sitzen wird. Auch eine Chororgel wird sie wohl bald wieder in der Petrikirche spielen können. Sobald die Werkstatt im Ahrtal arbeitsfähig ist, wird Rowan West einen Neubau für Buxtehude schaffen. Mit „neuem Gesicht“, wie Kreiskantorin Groß sagt, aber nach alten Plänen. „Wir werden jetzt ein besseres Instrument zurückbekommen“, sagt sie.

„Nord für West“, die Konzertreihe für den Wiederaufbau der Orgelwerkstatt im Ahrtal, beginnt in der Region am 7. November mit einem Konzert an der historischen Furtwängler Orgel in der Petri-Kirche Buxtehude. Beginn ist um 17 Uhr. Ein weiteres Konzert mit Werken aus Barock und Romantik ist dann am 14. November ab 17 Uhr in der Kirche in Apensen geplant. Die historische Orgel dort hatte Rowan West 2015 restauriert. Insgesamt erklingen zehn Instrumente bei 16 Konzerten. Alle Termine und Infos sind auch im Internet zu finden unter https://kreiskantoratbuxtehude.wir-e.de/nord-fuer-west