Winsen/Lüneburg. Im Landkreis Harburg verliert CDU-Geschäftsführer sein Direktmandat. Auch in Lüneburg gibt's eine Überraschung.

Es ist die erste größere Veranstaltung im Kreishaus Winsen seit Ausbruch der Corona-Pandemie. Deutschland wählt eine neue Bundesregierung – und die Bürger konnten diesen spannenden Wahlabend gemeinsam im Verwaltungszentrum des Landkreises Harburg verbringen. Auch das Abendblatt war dabei und berichtet an dieser Stelle von den Ergebnissen.

Nach Auszählung von etwa der Hälfte aller Wahlbezirke deutet sich bereits in den Wahlkreisen Landkreis Harburg und Lüneburg-Lüchow-Dannenberg eine echte Sensation an. Wenn sich die Tendenzen in beiden Wahlkreise verstärken, werden sowohl der Erste parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Grosse-Brömer, als auch sein Parteikollege Eckhard Pols ihr Direktmandat verlieren. Und genau das ist am Ende des Abends der Fall.

CDU erlebt im südlichen Hamburger Umland ein Debakel

Die CDU erlebt in den drei Bundestagswahlkreisen im südlichen Hamburger Umland ein Debakel. Bislang hatte die CDU alle drei Wahlkreise direkt gewonnen. Jetzt gehen zwei an die SPD. Prominentester Fall ist der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Grosse-Brömer. Er hat den Wahlkreis Landkreis Harburg an seine Konkurrentin von der SPD, Svenja Stadler verloren, nachdem er ihn zuletzt dreimal in Folge gewonnen hatte.

Seinem Parteifreund Eckhard Pols in Lüneburg ging es nicht besser. Auch dort gewannen die Sozialdemokraten mit Jakob Blankenburg den Wahlkreis direkt. Pols musste sich darüber hinaus auch der Kandidatin der Grünen geschlagen geben, die ihn bei den Erststimmen ebenfalls noch überflügelte. Lediglich im Landkreis Stade konnte Oliver Grundmann sein Direktmandat für die CDU verteidigen, allerdings unter erheblichen Verlusten. Große Gewinner sind die SPD und die Grünen. Beide konnten ihre Ergebnisse deutlich verbessern.

Svenja Stadler gewinnt Mandat mit 31 Prozent der Stimmen

Svenja Stadler (2 v. r.) feiert im Schützenhaus in Meckelfeld bei der SPD-Wahlparty den Gewinn des Direktmandats im Landkreis Harburg.
Svenja Stadler (2 v. r.) feiert im Schützenhaus in Meckelfeld bei der SPD-Wahlparty den Gewinn des Direktmandats im Landkreis Harburg. © Andre Lenthe Fotografie | Unbekannt

Die Ergebnisse im Einzelnen: Im Landkreis Harburg hat Svenja Stadler den Wahlkreis mit 31 Prozent der Erststimmen gewonnen, das ist ein Plus von 3,6 Prozent. Diese verfolgte im Meckelfelder Schützenhaus die Ergebnisse bei der SPD-Wahlparty, bei der auch der unterlegende Bürgermeisterkandidat in Seevetal mitfeierte.

Michael Grosse-Brömer kam auf 29,1 Prozent der Erststimmen, ein Minus von 11,5 Prozent für den CDU-Spitzenpolitiker. Die Kandidatin der Grünen, Nadja Weippert, holte 15 Prozent, ein Plus von 5,1 Prozent. Bei den Zweitstimmen hat die CDU mit 24,8 Prozent 11,2 Prozent verloren, die SPD mit 29,1 Prozent 7,1 Prozent gewonnen und die Grünen haben mit 16,7 Prozent um 6,5 Prozent zugelegt.

Eckhard Pols (CDU) nur auf Platz 3, hinter SPD und Grünen

Im Wahlkreis Lüneburg hat der bisherige Inhaber des Direktmandats, Eckhard Pols von der CDU, fast 15 Prozent seiner Erststimmen verloren. Er landete bei 24,9 Prozent. Jakob Blankenburg von der SPD erhielt 28,1 Prozent der Erststimmen und Julia Verlinden von den Grünen überholte Pols auch noch und verbesserte ihr Ergebnis gegenüber 2017 mit 25,4 Prozent um 10,8 Prozent. Bei den Zweitstimmen landet die CDU bei 21 Prozent, minus sieben, die SPD bei 29,8 Prozent, plus 6,3 und die Grünen bei 22,1 Prozent, plus 8,6 Prozent.

In Stade muss Oliver Grundmann einen Verlust von 9,8 Prozent hinnehmen, verteidigt sein Direktmandat für die CDU allerdings dennoch mit 34,6 Prozent. Sein Konkurrent von der SPD Kai Köser erhält 31,7 Prozent. Die Grünen mit Claas Fiete Goldenstein als Direktkandidat holen bei den Erstimmen 13,1 Prozent, ein Plus von 6,1 Prozent. Zweitstimmen: CDU 26,5 Prozent gegenüber 38,9 in 2017, die SPD wächst von 24,5 Prozent auf 32, die Grünen von 8,2 auf 14,5 Prozent.

Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Grosse-Brömer und Stadler

Michael Grosse-Brömer, der seit 2012 auch Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, verfolgt den Ausgang der Wahl im Kreishaus in Winsen
Michael Grosse-Brömer, der seit 2012 auch Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, verfolgt den Ausgang der Wahl im Kreishaus in Winsen © Hanna Kastendieck/funke | Unbekannt

Grosse-Brömer lieferte sich lange ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der Direktkandidatin der SPD, Svenja Stadler. Für Grosse-Brömer, der seit 2012 auch Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag ist, ist diese Wahl die wohl spannendste in seiner bisherigen politischen Laufbahn. Das Ergebnis lässt ihn tief durchatmen. Nach ersten Hochrechnungen liegt die CDU bei 24,7, die SPD bei 24,9, die Grünen erreichen 14,6, die FDP 11,7 Prozent. „Das Kopf-an-Kopf-Rennen war absehbar“, sagt er. „Wir hatten die schwierige Aufgabe bei einer scheidenden Kanzlerin die Wähler von einem neuen Kandidaten zu überzeugen. Das ist erfahrungsgemäß schwierig.“

Grosse-Brömer enttäuscht über das sehr schlechte Ergebnis

Das Ergebnis seiner Partei bezeichnet Grosse-Brömer als „sehr schlecht“. „Ich bin sehr enttäuscht“, sagt er. Nun müsse man jedoch erstmal abwarten. „Es sind verschiedene Koalitionen möglich. Und ich hoffe, dass die Union am Ende stärkste Kraft wird und die Regierung bilden kann. Wir müssen, trotz des schlechten Ergebnisses, das beste daraus machen.“ Rechnerisch sei eine Dreier-Koalition von CDU, FDP und Grünen möglich. „Eine Konstellation, mit der man ideologische Grenzen überwinden kann. Das hätte ich schon vor vier Jahren gern gemacht“, so Grosse-Brömer.

Über sein eigenes Kopf-an-Kopf-Rennen mit der SPD-Direktkandidatin Svenja Stadler sagt der Unions-Politiker: „Es wird ein spannendes Rennen. Klar ist, dass wir uns auch hier dem Bundestrend nicht eindeutig werden entziehen können.“ Um 21.39 Uhr ist das Rennen aus, Grosse-Brömer der Verlierer. Mit 31 Prozent der Stimmen geht das Direktmandat an Stadler, Brömer erhält 29,1 Prozent der Stimmen im Landkreis Harburg und das bei einer sehr guten Wahlbeteiligung von 80,1 Prozent.

201.600 Frauen und Männer waren am Sonntag im Landkreis Harburg aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Mit Spannung warteten die Besucher ab 17.30 Uhr im Kreishaus Winsen auf die ersten Hochrechnungen aus den Wahlstudios der TV-Anstalten. Alle treiben die Fragen um: Wer wird künftig in Deutschland regieren? Wer wird stärkste Partei? Wer übernimmt die Nachfolge von Angela Merkel im Kanzleramt?

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Um die Wahlentscheidung „live“ mitzuverfolgen und sich aus erster Hand zu informieren, sind auch Vertreter der örtlichen Fraktionen an diesem Abend im Zentrum der Landkreisverwaltung zusammengekommen. Einer von ihnen ist CDU-Kreistagsmitglied Christian Horend aus Jesteburg. Gemeinsam mit Britta Witte, Kreisvorsitzende der Union, will er für seine Partei die Daumen drücken und sich über die aktuellen Zwischenergebnisse aus dem Landkreis informieren.

Für einige der Direktkandidaten geht es um politische Zukunft

Für einige von ihnen geht es auch um die eigene politische Zukunft. Zehn Direktkandidaten haben sich im Landkreis zur Wahl gestellt, darunter der langjährige Direktkandidat der CDU, Michael Grosse-Brömer und SPD-Frau Svenja Stadler, die 2013 und 2017 über die Liste in den Bundestag eingezogen war. Die beiden warten mit Spannung auf die Ergebnisse aus den Wahlbezirken und darauf, welche Partei den nächsten Bundeskanzler stellen wird.

Neben Grosse-Brömer und Stadler standen als Direktkandidaten noch Nino Ruschmeyer (FDP), Henning Schwieger (AfD), Nadja Weippert (Grüne), Joachim Kotteck (Linke), Mona Jonas-Tadjik (Tierschutzpartei), Willy Klingenberg (Freie Wähler), Christian Bahr (Die Basis) und Hans-Christian Schröder (LKR) zur Wahl.

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