Hamburg. Jüngstes Bundestags-Mitglied kommt aus Hamburg. Panne am Wahlsonntag. Die Hochburgen der Parteien in Hamburg.
Bei der Bundestagswahl 2021 hat die SPD knapp vor der Union gewonnen. Nun gehen die Diskussionen um mögliche Regierungkonstellationen los. Ampel? Jamaika? Noch ist nichts entschieden. Fest steht, dass in Hamburg das vorläufige Ergebnis ein deutlich anderes Bild als auf Bundesebene zeichnet. In der Hansestadt wird die SPD stärkste Kraft, recht dicht gefolgt von den Grünen. Die CDU hingegen fällt auf ein historisches Tief.
Lesen Sie hier den Bundestagswahl-Blog für Schleswig-Holstein
In Hamburg waren knapp 1,3 Millionen Wahlberechtigte zur Stimmabgabe aufgerufen: Die Wahlbeteiligung lag bei 77,8 Prozent. Doch von Stadtteil zu Stadtteil unterscheiden sich die Ergebnisse zum Teil erheblich.
Bundestagswahl – die News für Hamburg am 28. September:
- Tschentscher und Günther wollen gemeinsame Sache machen
- Bundestagswahl – die News für Hamburg am 27. September:
Tschentscher und Günther wollen gemeinsame Sache machen
Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) berichteten am Dienstag ab 13 Uhr in der Landespressekonferenz über die gemeinsame Kabinettssitzung von Hamburg und Schleswig-Holstein. Dabei wurden ihnen auch Fragen zur Wahl gestellt.
In welcher Regierungskonstellation würden nach Ansicht von Tschentscher und Günther die Interessen der Nordländer am besten vertreten werden? Tschentscher: "Da haben wir zwar auf der heutigen Sitzung nicht drüber gesprochen, aber wir haben uns natürlich privat darüber ausgetauscht." Für die Interessen des Nordens werde man auch in Zukunft gemeinsam die Stimme erheben, auch wenn es unterschiedliche Favoritenlösungen gebe, waren sich Tschentscher und Günther einig.
Daniel Günther äußert sich zum CDU-Wahlergebnis
Zu den schlechten Wahlergebnissen der CDU sagte Günther, dass man das Ergebnis respektieren müsse, man aber natürlich gesprächsbereit sei. "Wir haben ein Wahlergebnis, Dieses Wahlergebnis hat mehrere Faktoren. Es gibt zwei Optionen: Entweder wir regieren, oder wir regieren nicht. "Und dass es kein 'Weiter so' gibt, ist definitiv klar", so Günther.
Die starken Verluste der CDU und die Gewinne der SPD und Grünen seien laut Tschentscher ein Zeichen dafür, dass Scholz sich in den Koalitionsverhandlungen in Richtung Ampelkoalition bewegen könnte.
Bundestagswahl – die News für Hamburg am 27. September:
Dennis Gladiator zweifelt an Regierungsauftrag für die CDU
Für Dennis Gladiator, Bergedorf CDU-Chef und Bürgerschaftsabgeordneter, steht am Tag nach der Bundestagswahl fest: "Das war und ist eine bittere Wahlniederlage für die CDU". Er könne aus diesem Ergebnis keinen Regierungsauftrag erkennen, schreibt Gladiator auf Facebook. Und weiter: "Klar ist, wir sind und müssen immer bereit sein, Verantwortung für unser Land zu übernehmen, aber für CDU und CSU muss es nun darum gehen, das Wahlergebnis schonungslos aufzuarbeiten." Es dürfe kein “weiter so“ geben.
Melanie Leonhard: Kein Verständnis für einen Kanzler Laschet
Hamburgs SPD-Landesvorsitzende Melanie Leonhard glaubt, „dass es eine gute Chance für eine moderne neue Regierungskonstellation gibt“. Das Wahlergebnis deute klar auf diese Form des Wechsels hin. Leonhard hätte kein Verständnis dafür, wenn Wahlverlierer Armin Laschet neuer Kanzler würde – „und mein Gefühl ist, dass das angesichts der massiven Verluste der CDU auch die Wählerinnen und Wähler nicht verstehen würden“, sagte sie dem Abendblatt. Aus ihrer Sicht wäre es seltsam, wenn sich die Grünen, die für eine entschiedene Klimapolitik angetreten sind, in die Hände eines Politikers begeben würden, der gesagt habe, eine Flut wie in Nordrhein-Westfalen sei kein Grund, die Politik zu ändern, so Leonhard. Dass die SPD sich in zwei Hamburger Wahlkreisen nicht durchsetzen konnten, nannte sie „schmerzlich“. Dafür habe die SPD aber den Wahlkreis Nord/Alstertal dazugewonnen – insgesamt sieht sie einen großen Erfolg für die SPD in Hamburg.
Trotz der erstarkten und selbstbewussteren Grünen glaubt Landeschefin Leonhard, dass das Regieren mit dem politischen Partner im Rathaus nun einfacher werde. Das Kräfteverhältnis sei erneut gemessen worden und die Grünen wie schon bei der Bürgerschaftswahl 2020 abermals zweitstärkste Kraft geworden. „Jetzt können wir uns alle wieder ohne Ablenkungen auf die Politik in Hamburg konzentrieren“, so Leonhard.
Sarrazin schwimmt zum Wahllokal – und scheitert
Er sprang in die 12 Grad kalte Este, schwamm am Sonntag in aller Frühe gegen den Strom des Elbe-Nebenflusses zum Wahllokal in Cranz – und sammelte mit dieser ungewöhnlichen und auf Instagram live gestreamten Aktion immerhin mehr als 1000 Euro für die Hilfe politischer Gefangener in Belarus. Doch den wiederholten Gang aus Bergedorf nach Berlin konnte Manuel Sarrazin damit nicht bewirken.
Am Ende verpasste der 39-Jährige, der seit dem Nachrücken für Anja Hajduk im Mai 2008 im Bundestag saß und dort zuletzt als Sprecher für Osteuropapolitik fungierte, aufgrund der internen Listenplatzierung vier den erneuten Einzug. In Sarrazins Wahlkreis Bergedorf/Harburg (023) sicherte sich stattdessen SPD-Kandidat Metin Hakverdi mit 39,3 Prozent der Stimmen das Direktmandat. Hinter Uwe Günther Schneider (CDU/16,9 Prozent) lief Sarrazin mit 15,5 Prozent letztlich nur als Dritter ein.
Bei den Parteifreunden sorgte das unfreiwillige Ausscheiden Sarrazins aus der Bundespolitik für Bestürzung. Am drastischsten formulierte dies Claudia Müller, die es über ihren Wahlkreis in Mecklenburg-Vorpommern in den Bundestag schaffte. „Mein Herz blutet. Trotz eines super Ergebnisses in Hamburg gehört einer meiner liebsten Kollegen nicht mehr dem nächsten Bundestag an“, schrieb Müller bei Twitter an Sarrazin gerichtet: „Ich kann kaum sagen, wie sehr du fehlen wirst.“
Auch Konstantin von Notz, der im Wahlkreis Kreis Herzogtum Lauenburg/Stormarn-Süd wiederholt nach Berlin gewählt wurde, twitterte: „So ein Mist.“ Ebenso enttäuscht dürfte Omid Nouripour gewesen sein, der aus Hessen für die Grünen einmal mehr in den Bundestag gewählt wurde. „Ich brauche einen Therapeuten, wenn ihr Manuel nicht wählt“, hatte Nouripour bereits am Vorabend der Wahl bei Instagram noch halb im Scherz angekündigt: „Denn er war bisher mein Therapeut und er war ganz schön billig.“
Katerstimmung: Linke wollen Wahlschlappe aufarbeiten
Bei den Hamburger Linken herrscht nach dem knappen Einzug der Partei in den Bundestag Katerstimmung. „Auch, wenn es nun doch noch zum Einzug in den Bundestag gereicht hat: Mit einem Ergebnis unter fünf Prozent können wir nicht zufrieden sein“, sagte die Hamburger Spitzenkandidatin Zaklin Nastic am Montag. Auch in Hamburg müsse das Ergebnis aufgearbeitet werden. „Wir werden die Gründe analysieren und eine Strategie für die Zukunft der Linken entwerfen müssen“, sagte die 41-Jährige, die die Hamburger Linken in Berlin künftig allein vertritt.
Die Linke hatte bei der Wahl am Sonntag in Hamburg 5,5 Prozentpunkte verloren und war nur noch auf 6,7 Prozent gekommen. Bundesweit erreichte sie sogar nur 4,9 Prozent, konnte aber als Fraktion in den Bundestag einziehen, da sie drei Direktmandate in Berlin und Leipzig erringen konnte
SPD-Mann Bartke nach Niederlage: "Fliege erstmal nach Kreta"
Besonders bitter war die Niederlage für Matthias Bartke, der in Altona, dem früheren Wahlkreis von Olaf Scholz, angetreten war und der jungen Grünen-Politikerin Linda Heitmann unterlag. „Ich muss das erstmal verarbeiten“, sagte Bartke dem Abendblatt am Montag.
Eine mögliche Erklärung lautet für ihn: „Im Kerngebiet Altona ist das Milieu sehr grün“, gerade in den Neubaugebieten wie in der Neuen Mitte Altona. Auch die Eingemeindung des Schanzenviertels in den Wahlkreis Altona vor einigen Jahren dürfte den Sozialdemokraten nicht geholfen haben. Was der Jurist Bartke jetzt beruflich vorhat, weiß er noch nicht. „Am Donnerstag fliege ich erstmal nach Kreta, das war schon lange so geplant“, sagt er.
Hamburger Grüne jüngste Abgeordnete im neuen Bundestag
Die Grünen-Politikerin Emilia "Milla" Fester ist jüngste Abgeordnete im neuen Bundestag. Die 23-Jährige aus Hamburg löste bei der Wahl am Sonntag auf Platz drei der Landesliste das Ticket nach Berlin. "jung. grün. feministisch. klimagerecht." – so präsentiert sich die im niedersächsischen Hildesheim geborene Regieassistentin in den sozialen Netzwerken.
Ihre Wahl sehe sie als "Riesenaufgabe", sagte Fester. "Weil ich glaube, dass es sehr viel zu bewegen gibt in den kommenden Monaten und Jahren. Es geht um unfassbar viel – gerade für uns als junge Generation. Und genau diese Generation will ich vertreten im Bundestag, damit wir endlich die großen Krisen unserer Zeit anpacken."
Als Kandidatin aufgestellt wurde Fester von der Grünen Jugend, deren Sprecherin sie nach ihrem Umzug nach Hamburg 2018/2019 auch war. 2019 kam sie in den Grünen-Landesvorstand und wurde dessen frauenpolitische Sprecherin. Auch im Ausloten von Regierungsbündnissen hat sie bereits Erfahrung: Nach der Bürgerschaftswahl im Februar vergangenen Jahres in Hamburg saß sie in der grünen Verhandlungskommission bei den Koalitionsverhandlungen mit der SPD.
Überraschung für Niels Annen am Montagmorgen
Niels Annen erfuhr erst am Montagfrüh, dass er über die Landesliste doch noch in den Deutschen Bundestag einzieht, als er zahlreiche SMS von Freunden und Mitstreitern erhielt. Er war am Wahlabend ins Bett Gedanken in dem Glauben, dass er draußen sei, nachdem er das Direktmandat in Eimsbüttel an den Grünen-Kandidaten Till Steffen verloren hatte. "Das war ein verrückter Wahlabend", sagt Annen.
„In vielen deutschen Groß- und Universitätsstädten haben wir bei dieser Wahl sehr starke Grüne erlebt, das hat sich auch im Ergebnis in Eimsbüttel niedergeschlagen“, so der Staatsminister im Auswärtigen Amt. Annen schaut nun nach vorn und ist froh, dass Olaf Scholz die Wahl gewonnen hat.“ Was die Christdemokraten am Wahlabend aufgeführt haben, kann nicht davon ablenken, dass sie die Wahl klar verloren und keinen Regierungsauftrag erhalten haben“, sagt Annen. „Die Deutschen – das zeigen alle Umfragen und das Wahlergebnis – wollen, dass Olaf Scholz Kanzler wird.“
Vorstellung der Wahlergebnisse – Wahl mit mehreren Pannen
In einer Sonder-Landespressekonferenz stellt Hamburgs Landeswahlleiter Oliver Rudolf ab 13 Uhr im Rathaus die Ergebnisse zur Bundestagswahl 2021 vor.
"Die Wahl ist durchgeführt. Zwar ist es noch ein bisschen früh, um Bilanz zu ziehen, die Nachprüfung findet ja noch statt, aber fest steht schon, dass der Wahltag ohne nennenswerte Ereignisse stattfand", sagte Landeswahlleiter Oliver Rudolf. Ein Wahllokal habe jedoch die Wahlurne zunächst nicht gefunden. Das Problem sei zu 8 Uhr jedoch behoben worden. Ein anderes Wahllokal konnte erst um 8.30 Uhr öffnen, da sich die Tür zunächst nicht öffnen ließ.
Eine kleine Panne gab es zudem im Wahlkreis 23: 55 Briefwähler hätten laut Rudolf mit dem Stimmzettel von Wahlkreis 18 abgestimmt. Daher könne die Erststimme nicht gezählt werden, die Zweitstimme sei davon jedoch nicht betroffen. "Der Fehler lag wohl bei der Zusammenstellung der Wahlunterlagen, das ist sehr bedauerlich", erklärt Rudolf die Panne.
Ergebnisse für Hamburg: 90 Prozent Wahlbeteiligung in Eppendorf
Der Wahltag habe um 8 Uhr begonnen, um kurz nach 23 Uhr lag das letzte Ergebnis vor, so Rudolf. Positiv sei die hohe Wahlbeteiligung gewesen: Sie sei um 1,8 Prozent von 76 auf 77,8 Prozent in Hamburg gestiegen. 546.885 Briefwahlunterlagen waren im Vorfeld ausgegeben worden. Das zu managen, sei eine beachtliche Herausforderungen gewesen, so Rudolf.
Die gesamten vorläufigen Ergebnisse hat das Statistikamt Nord im Internet veröffentlicht, sagte Renate Cohrs vom Statistikamt Nord, das die Nacht durchgearbeitet habe.
In Eppendorf, Groß Flottbek und Wohldorf-Ohlstedt gab es eine Wahlbeteiligung von über 90 Prozent, so Cohrs. Die niedrigste Beteiligung mit 59,2 bis 60 Prozent sei in Billbrook, Billstedt und Jenfeld verzeichnet worden.
Die Wahlbeteiligung nach Bundesländern – Hamburg Platz 3
- Bayern: 79,8 Prozent
- Schleswig-Holstein: 78,3 Prozent
- Hamburg: 77,8 Prozent
- Baden-Württemberg: 77,8 Prozent
- Saarland: 77,3 Prozent
- Rheinland-Pfalz: 77,2 Prozent
- Sachsen: 76,5 Prozent
- Nordrhein-Westfalen: 76,4 Prozent
- Hessen: 76,2 Prozent
- Brandenburg: 75,6 Prozent
- Berlin: 75,2 Prozent
- Thüringen: 74,9 Prozent
- Niedersachsen: 74,8 Prozent
- Bremen: 71,8 Prozent
- Mecklenburg-Vorpommern: 71,3 Prozent
- Sachsen-Anhalt: 67,9 Prozent
Wahl: Corona-Regeln gut eingehalten – mit einer Ausnahme
Die Corona-Regeln seien in Hamburg am Wahltag gut eingehalten worden. "Maske tragen und Abstand halten sind ja bereits seit langer Zeit gut eingeübt worden", sagte Rudolf. Ihm sei nur ein Fall bekannt, in dem ein Mann das Tragen eines Mundschutzes verweigert hätte und die Polizei kommen musste. Ansonsten hätten die Mitarbeiter der Wahllokale kritische Situationen selbst klären können.
Seit 2017 sei laut Rudolf ein starker Anstieg der Briefwahlen zu verzeichnen. Die Corona-Pandemie habe dies noch einmal deutlich verstärkt. Schutzwände, größere Räume, um die Abstände einhalten zu können – die Pandemie habe auch die Kosten der Wahl erhöht.
Laschets Wahl-Fauxpas: Hamburger SPD-Politikerin äußert sich
Es war einer der Aufreger am Wahlsonntag: Bei seiner Stimmabgabe in Aachen hatte CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet seinen Wahlzettel so gefaltet, dass man seine beiden Kreuze für die Christdemokraten sehen konnte. Auch Laschets Ehefrau Susanne hatte den Stimmzettel falsch gefaltet, ihr Kreuzchen war klar zu erkennen. Ob dieses Vorgehen des Paars ein bewusstes Manöver oder der Beschaffenheit der Wahlunterlagen geschuldet war, wurde in den sozialen Netzwerken ob möglicher Verstöße gegen die Wahlordnung heiß diskutiert.
Auffällig: Mit Aydan Özoguz schaltete sich auch eine Spitzenkandidatin aus Hamburg in die Debatte ein – und offenbarte dabei Probleme bei der Stimmabgabe. „Die meiste Zeit hab ich gebraucht, diesen Wahlzettel wieder so zu falten, dass man meine Kreuze nicht auf der Vorderseite sofort sieht“, schrieb die Sozialdemokratin am Sonntagmittag nach ihrem Urnengang bei Twitter. Sie habe schon einige Wahlen erlebt, ergänzte die 54-Jährige, „aber das war noch nie“.
Später sah sich Özoguz sogar dazu genötigt, Aufklärung zu betreiben und sich von einer möglichen Parallelität zum Fall Laschet zu distanzieren. „Ich habe diesen Post geschrieben, bevor ich das Malheur von Laschet gehört habe. Ist sehr ernst gemeint und hab es jetzt auch von vielen anderen gehört“, twitterte die SPD-Kandidatin, die am Ende über ihren Wahlkreis Hamburg-Wandsbek zum vierten Mal in Folge in den Bundestag einzog.
Wahlbeteiligung in Bergedorf am niedrigsten
In Hamburg haben 77,8 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. In allen sechs Wahlkreisen haben mehr Menschen ihre Kreuze gemacht als bei den Bundestagswahlen 2013 und 2017. Am höchsten war die Wahlbeteiligung mit 84,2 Prozent im Wahlkreis Hamburg-Nord (2017: 82,3 Prozent), gefolgt vom Wahlkreis Eimsbüttel (83,1 Prozent).
Am niedrigsten war die Wahlbeteiligung im Wahlkreis Bergedorf: Dort gaben 71,3 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimmen ab. 2017 waren es 70,2 Prozent. Im Wahlkreis Hamburg-Mitte war die Wahlbeteiligung mit 74,2 Prozent am zweitniedrigsten.
Katharina Fegebank mit ersten Annäherungsversuchen
Jamaika? Ampel? Nach der Wahl geht nun die Diskussion um mögliche Regierungkonstellationen los. Im Netz gibt es bereits erste Annäherungsversuche.
So gratulierte Hamburgs Zweite Bürgermeister Katharina Fegebank (Grüne) am Montagmorgen bei Twitter den Hamburger FDP-Bundestagsabgeordneten Michael Kruse und Ria Schröder. "Mal gucken, was da jetzt zusammen geht in Berlin", schreibt sie Kruse in ihrem Kommentar, dem sie einen Zwinker-Smiley hinzugefügt hat.
Teure Gegenden, Hartz-IV-Bezieher, Autofahrer – Wahlergebnisse
Wo Immobilienpreise in Hamburg überdurchschnittlich hoch sind, haben die Grünen bei der Wahl die Nase vorn: Dort punkten sie mit 32,4 Prozent. Die SPD kommt in den teuren Wohngegenden hingegen "nur" auf 22,7 Prozent.
In Hamburg setzten sozial Schwächere auf die SPD. Die Sozialdemokraten wurden zumindest in Stadtteilen mit vielen Hartz-IV-Beziehern mit 31,3 Prozent deutlich öfter gewählt als in anderen Gegenden der Stadt. Die CDU (13,2 Prozent) und die Grünen (22,1 Prozent) konnten weniger in den ärmeren Gebieten punkten.
Bei den Hamburger Autofahrern ist die CDU besonders beliebt. In Gegenden mit mehr Pkw pro Kopf wurde die CDU mit 21 Prozent deutlich mehr gewählt als in autoärmeren Stadtteilen. In den zentraleren Stadtteilen mit niedrigerer Pkw-Dichte haben die Grünen hingegen mit 28 deutlich besser abgeschnitten.
Hamburg mit 16 Abgeordneten im Bundestag vertreten
Laut der Bundestagsseite wird Hamburg mit 16 Abgeordneten im Bundestag vertreten sein und muss also vier Ausgleichs- und Überhangmandate bekommen haben. Bei der SPD ist demnach außer den Direktkandidaten Aydan Özoguz, Metin Hakverdi, Dorothee Martin und Falko Droßmann auch Niels Annen dabei (Listenplatz 2).
Bei den Grünen hat es außer Till Steffen, Linda Heitmann (beide direkt) und Katharina Beck (Listenplatz 1) auch Emilia Fester (Listenplatz 3) geschafft. Bei der CDU ist außer Christoph Ploß und Franziska Hoppermann (Listenplatz 1+2) auch Christoph de Vries (Listenplatz 3) wieder dabei.
Die FDP ist mit Michael Kruse und Ria Schröder (Listenplatz 1+2) vertreten, die Linke mit Zaklin Nastic (Listenplatz 1) und die AfD mit Bernd Baumann (Listenplatz 1).
Die Hochburgen von SPD, Grüne, CDU und Co. in Hamburg
SPD 29,7 Prozent, Grüne 24,9 Prozent, CDU 15,5 Prozent, FDP 11,4 Prozent, Linke 6,7 Prozent, AfD 5 Prozent: Das ist das vorläufige Endergebnis der Bundestagswahl 2021 in Hamburg (Stand Sonntag, 23.22 Uhr). Doch wo sind die Hochburgen der einzelnen Parteien?
SPD-Hochburgen:
- Billstedt: 40,4 Prozent
- Jenfeld: 38,6 Prozent
- Wilstorf: 37,3 Prozent
Grünen-Hochburgen:
- Sternschanze: 48,7 Prozent
- Eimsbüttel: 44,6 Prozent
- Altona-Nord: 42,2 Prozent
CDU-Hochburgen:
- Nienstedten: 31,9 Prozent
- Blankenese: 30,3 Prozent
- Wellingsbüttel: 29,9 Prozent
FDP-Hochburgen:
- Nienstedten: 21,6 Prozent
- Wohldorf-Ohlstedt: 21 Prozent
- HafenCity: 20,6 Prozent
Linken-Hochburgen:
- Kleiner Grasbrook/Steinwerder: 29,1 Prozent
- St. Pauli: 21,1 Prozent
- Veddel: 20,4 Prozent
AfD-Hochburgen:
- Neuallermöhe: 13,7 Prozent
- Hausbruch: 12 Prozent
- Billstedt: 10,1 Prozent
Bundestagswahl – die News für Hamburg am Wahltag:
Die Ergebnisse aus den Bezirken: Welche Direktkandidaten vorn liegen
In fünf der sechs Wahlkreise, in die die Stadt bei der Bundestagswahl aufgeteilt ist, sind die Ergebnisse für die Direktkandidaten mehr oder minder eindeutig – nur in Altona gibt es weiter ein Kopf-an-Kopf-Rennen.
- Wahlkreis 18 (Hamburg-Mitte): Falko Droßmann ist der Sieger im Wahlkreis Mitte: Nach der Auszählung aller Gebiete liegt der SPD-Kandidat bei 33,2 % der Erststimmen und damit deutlich vor Manuel Muja (Grüne, 26,1 %) und Christoph de Vries (CDU, 12,9 %).
- Wahlkreis 19 (Hamburg-Altona): Linda Heitmann (Grüne) gewinnt nach Auszählung aller Stimmen mit 29,6 Prozent und lässt SPD-Konkurrenten Matthias Bartke (28,6 %) hinter sich. CDU-Kandidat Marcus Weinberg kommt nur auf auf 16,8 %.
- Wahlkreis 20 (Hamburg-Eimsbüttel): Der ehemalige Justizsenator Till Steffen wird für die Grünen in den Bundestag einziehen. Nach der Auszählung sämtlicher Gebiete liegt Steffen bei 29,9 Prozent der Stimmen, SPD-Kandidat Niels Annen kommt denkbar knapp dahinter auf 29,6 %, Rüdiger Kruse kann nur noch 17,1 Prozent der Stimmen auf sich vereinen.
- Wahlkreis 21 (Hamburg-Nord): Die SPD-Kandidatin Dorothee Martin hat den – erbittert auch in den sozialen Medien geführten – Wahlkampf für sich entschieden. Nach allen ausgezählten Gebieten liegt sie bei 30,7 % der Stimmen, die grüne Spitzenkandidatin Katharina Beck kommt auf 25,7 %. Der CDU-Spitzenkandidat Christoph Ploß ist mit 23,8 % der Erststimmen auf Platz drei zurückgefallen.
- Wahlkreis 22 (Hamburg-Wandsbek): Aydan Özoguz lag schnell uneinholbar vorn. Die SPD-Politikerin vereint 38,7 Prozent der Erststimmen auf sich, Franziska Hoppermann von der CDU (19,2 %) und Daniel Alexander Grimm von den Grünen (15,4 %) kommen jeweils nicht einmal auf die Hälfte.
- Wahlkreis 23 (Hamburg-Bergedorf-Harburg): Auch in diesem Wahlkreis ein ganz klares Bild: Metin Hakverdi holt das Direktmandat für die SPD – mit 39,3 % der Stimmen. Uwe Schneider von der CDU (16,9 %) und Manuel Sarrazin von den Grünen (15,5 %) blieben chancenlos.
Rot-Grün mit absoluter Mehrheit – CDU mit historischem Einbruch
Nach 100 Prozent der ausgezählten Wahllokale und Briefwahlbezirke ist klar: Das Wahlergebnis in Hamburg unterscheidet sich drastisch von dem auf Bundesebene: Rot-Grün steuert auf Hamburg-Ebene auf eine klare absolute Mehrheit zu, die CDU auf einen historischen Einbruch um fast die Hälfte ihrer Zweitstimmen.
Um 23.15 Uhr waren alle 2059 Gebiete ausgezählt. Die SPD erreicht derzeit ein Ergebnis von 29,7 % (+6,2 Prozentpunkte im Vergleich zur Bundestagswahl 2017), die Grünen verdoppeln sich nahezu auf 24,9 % (+11,0 %-Punkte). Die CDU landet abgeschlagen auf dem dritten Platz und verliert mit nur noch 15,5 Prozent einen großen Teil ihrer Stimmen (-11,8 %-Punkte).
Die FDP bewegt sich mit 11,4 Prozent in etwa auf dem Niveau ihres letzten Ergebnisses (+0,6 %-Punkte), die Linke verliert deutlich mit nur noch 6,7 % (-5,5 %-Punkte). Die AfD liegt mit 5,0 % denkbar knapp über der Fünfprozenthürde (-2,8 %-Punkte). Die Wahlbeteiligung liegt mit 78,6 Prozent gut zweieinhalb Prozentpunkte über der Quote bei der Bundestagswahl 2017 – und nur einen Prozentpunkt unter dem höchsten Wert seit der Jahrtausendwende: 79,6 Prozent bei der Bundestagswahl 2002.
„Ich kann nur hoffen, dass wir am Ende unser Minimalziel erreichen, vor der SPD zu liegen“, hatte CDU-Spitzenkandidat Christoph Ploß bei seiner kurzen Rede auf der Wahlparty der CDU erklärt: „Das entspricht nicht unseren Erwartungen, nicht unseren Ansprüchen“, sagte der 36-Jährige, der bei der Bundestagswahl 2017 in Hamburg das einzige Direktmandat für die CDU geholt hatte – dieses nun aber an Dorothee Martin von der SPD verlieren wird.
Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher hingegen sieht Deutschland vor einem Politikwechsel unter einer künftig von der SPD geführten Bundesregierung. Die Menschen hätten den SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz unterstützt, „weil sie einen Politikwechsel wollen, den wir hoffentlich in den nächsten Wochen und Monaten auch bekommen“, sagte der SPD-Politiker am Sonntagabend im „Hamburg Journal“ des NDR.
Stimmen aus Kultur, Sport und Wirtschaft zur Bundestagswahl
Oke Göttlich, Präsident FC St. Pauli: „Ein Ergebnis, welches zeigt, mit welcher Verunsicherung und wenig Mut Deutschland die wichtigen und dringenden Veränderungsthemen der kommenden Jahre angehen wird. Wir Bürger:innen müssen weiter aktiv den gesellschaftlichen Wandel in die Hand nehmen.“
Amelie Deuflhard, Intendantin Kampnagel: "Der Wahlausgang ist noch so offen wie er offener nicht sein könnte. Hoffen wir, dass es trotz aller Unsicherheiten rasch zu einer Regierungsbildung kommt. Denn es stehen große Aufgaben an: Der Klimawandel muss gestoppt werden. In allen Bereichen des Lebens, in Fabriken wie an Kunstorten, in Büros wie auf den Bühnen, in Kaufhäusern wie in Schwimmbädern muss klimaneutral gewirtschaftet werden. Auch unsere Mobilität muss neu und anders werden. Dies ist eine Aufgabe, die ansteht, ganz unabhängig vom Parteibuch. Kunst und Kultur können dabei als Querschnittsressort eine wichtige Vorbild- und Vermittlungsrolle einnehmen, Kunstinstitutionen können zu Vorreitern in diesem Feld werden. Unsere Kinder fordern vehement einen anderen Umgang mit unserem Planeten ein. Wir müssen auf sie hören."
Alexander Schulz, Geschäftsführer Reeperbahn Festival: "Mich überrascht der Wahlausgang nicht, denn es hatte sich ja in den letzten Tagen bereits abgezeichnet, dass es sehr knapp würde um den ersten Platz. Die eigentlichen Wahlgewinner sind die Grünen und die FDP: Sie werden den Kanzler definieren, auch weil sie Zuwächse verzeichnen können.“
Katharina Hagena, Schriftstellerin: „Um es mit den Worten des Wahlanalysten Bert B. zu sagen: Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen // Den Vorhang zu und alle Fragen offen.“
Daniel Friedrich, Bezirksleiter IG Metall Küste: „Wir brauchen jetzt schnell Klarheit und eine Koalition, die den ökologischen Umbau der Industrie mit sicheren Arbeitsplätzen verbindet.“
Hans Fabian Kruse, AGA-Präsident: „Die Union hat im Endspurt zumindest wichtige Prozentpunkte aufgeholt, die für eine Jamaika-Koalition ausschlaggebend sein könnten. Das ist zwar nicht die schwarz-gelbe Wunschkoalition der Wirtschaft, aber unter den möglichen Optionen die vernünftigste. Nur eine mehrheitlich wirtschaftsaffine und zu 100 Prozent pro-europäische Bundesregierung kann die Weichen auf Prosperität stellen. Die Devise muss lauten: Freiheit statt Verbote, Soziale Marktwirtschaft statt sozialpolitischer Verheißungen. Die Sondierungen müssen zügig starten angesichts der großen Aufgaben, vor denen unser Land steht.“
Joachim Lux, Intendant Thalia Theater: "Interessant und sehr besonders ist, dass die Bevölkerung k e i n klares Votum abgegeben hat und damit die Regierungsbildung stärker als je zuvor an die Verhandlungskünste der Politik delegiert hat. Die spannendste Zeit liegt also noch vor uns! Allerdings haben SPD und Grüne gegenüber 2017 zusammen über 11 % gewonnen! Spannend ist auch die offene Frage, ob die SPD sich nach über 20 Jahren erstmals wieder als stärkste Partei zurückmelden kann. Insgesamt kann man das Ergebnis als Votum für eine soziale und ökologische Politik lesen."
Annika Rittmann, Sprecherin Fridays For Future Hamburg: „Wir haben in den letzten Wochen gesehen, dass Klimaschutz das wahlentscheidende Thema ist. Der inhaltsbefreite Wahlkampf der Parteien wurde dem in keiner Weise gerecht. Jetzt braucht es einen Koalitionsvertrag, der eine Antwort auf die größte Krise unserer Zeit liefert und in den ersten 100 Tagen konsequente Maßnahmen auf den Weg bringt. Der Auftrag der Wählenden ist klar: Deutschland fordert Klimaschutz!“
Bundestagswahl 2021: SPD in Hamburg viel stärker als im Bund
Mehr als ein Drittel der Wahllokale und Briefwahlbezirke sind ausgezählt: Nach 767 von 2059 Gebieten kommt die SPD auf 29,5 Prozent der Zweitstimmen, die Grünen liegen bei 25,2 Prozent. Die CDU kommt mit 15,0 Prozent abgeschlagen auf den dritten Platz, die FDP auf 11,3 Prozent. Die Linke liegt in Hamburg derzeit bei 6,9 Prozent, die AfD nur knapp über der Fünfprozenthürde mit 5,3 Prozent.
Bei den Erststimmen liegen um 19.50 Uhr Falko Droßmann, Dorothee Martin, Aydan Özoguz und Metin Hakverdi sowie Till Steffen von den Grünen vorn. Im Wahlkreis 19 (Altona) ist die Grünen-Kandidatin Linda Heitmann inzwischen vom SPD-Kandidaten Matthias Bartke überholt worden.
Die Wahlbeteiligung liegt derzeit mit 78,2 Prozent etwas unter dem Wert von 2002, als 79,6 Prozent der Wahlberechtigten abstimmten – aber über den 76,0 Prozent bei der letzten Bundestagswahl vor vier Jahren.
Aydan Özoguz, Spitzenkandidatin der SPD im Wahlkreis Wandsbek, zeigte sich erfreut, als um 19.15 Uhr im Rathaus die ersten Ergebnisse für Hamburg auf dem Bildschirm angezeigt wurden und sie in Wandsbek mit weitem Vorsprung vorn lag. „Das sieht toll aus“, so die frühere Staatsministerin für Migration im Kanzleramt. Mit knapp 40 Prozent der Erststimmen hatte sie zu dem Zeitpunkt mehr Zustimmung als die Konkurrenz von CDU (19 Prozent) und Grünen (15) zusammen.
"Die SPD war schon politisch tot gesagt und steht jetzt ganz stark da. Die CDU hat einen Absturz erlebt, wie man ihn kaum für möglich gehalten hätte", sagte Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) bei der Wahlparty im Mojo Club. Das sei "ein historischer Erfolg für Olaf Scholz". Fraktionschef Dirk Kienscherf plädiert dafür, zusammen mit den Grünen und der FDP "eine fortschrittliche Koalition" zu bilden. "Die Grünen müssen sich jetzt fragen, mit wem sie zusammengehenwollen. Ich finde: Mit der CDU sollte niemand zusammengehen."
Bundestagswahl 2021: die ersten Hamburger Reaktionen
Pünktlich um 18 Uhr gaben die Meinungsforscher die ersten Prognosen für die Bundestagswahl 2021 heraus: In der ARD legen SPD und CDU mit jeweils 25 Prozent der Stimmen gleichauf, das ZDF sieht die Sozialdemokraten mit 26 Prozent knapp vor der CDU, die auf 24 Prozent käme.
Die Grünen kommen auf 15 (ARD) bzw. 14,5 (ZDF) Prozent, die FDP auf 11 (ARD) bis 12 (ZDF) Prozent. Die AfD läge bei 11 (ARD) bzw. 10 (ZDF) Prozent. Bangen muss die Linke um den Wiedereinzug in den Bundestag: Beide Prognosen sehen die Partei bei fünf Prozent. Für Hamburg liegen derzeit noch keine lokalisierten Werte vor. Zum Wahlblog auf Bundesebene
Der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Tim Stoberock warnte bei Twitter die Grünen davor "mit der Union ins Bett zu gehen", Sozialsenatorin Melanie Leonhard kommentierte die Prognosen kurz und knapp: "Wer hätte das gedacht?" „Gefühlt ist Olaf Scholz heute zum Kanzler gewählt worden“, sagte Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD). „Er war der beste Kandidat, den wir haben konnten. Wenn man sieht, wo wir herkommen, war das eine grandiose Aufholjagd.“
Die Grünen-Landesvorsitzende Maryam Blumenthal sagte auf der Wahlparty ihrer Partei im Schanzenpark: „Wir haben das historisch beste Ergebnis eingefahren. Ja, lasst uns feiern. Und ja, wir sind unter unseren Erwartungen geblieben, aber hey, das heute ist ein klarer Auftrag.“ auch Hamburgs Grünen-Spitzenkandidatin Katharina Beck sieht das Abschneiden ihrer Partei als gute Voraussetzung für eine Regierungsbeteiligung. „Wir haben alles, alles gegeben und wir haben jetzt unser historisch bestes Ergebnis“, sagte Beck.
„Wir sind angetreten, dieses Land zu führen. Und wir werden es sehr wahrscheinlich mit führen - und zwar deutlich gestärkt.“ Beck sprach von einer „sehr starken Verhandlungsposition“, um für Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit zu kämpfen. Weder die CDU noch die SPD-Kandidaten könnten sich als eindeutige Sieger feiern. „Das heißt also: Wir können wirklich sehr stark auftreten, um für unsere Themen zu kämpfen.“
Der Hamburger CDU-Landesvorsitzende und Spitzenkandidat, Christoph Ploß, hat sich zunächst zurückhaltend geäußert. „Wir werden hier alle noch einen sehr, sehr spannenden Abend erleben“, sagte er am Sonntagabend bei der Wahlparty in der CDU-Landesgeschäftsstelle. Die Zahlen zeigten noch nicht, wohin es gehen werde, „deshalb bleibt uns erst einmal nur das Abwarten“. Er könne nur seine Hoffnung zum Ausdruck bringen, „dass wir am Ende unser Minimalziel erreichen, nämlich vor der SPD zu liegen“.
FDP-Spitzenkandidat Michael Kruse bei der Wahlparty auf der "Cap San Diego" (Überseebrücke): "Wir haben die Wahl gewonnen, meine Damen und Herren. Es sehe "sehr gut" aus, dass die Hamburger Liberalen zwei Bundestagsmandate erhalten - neben Kruse ist es Ria Schröder, stellvertretende Hamburger Landesvorsitzende. In der ersten Prognose lag die FDP bundesweit bei 11 Prozent.
Gedrückte Stimmung bei der Linken: Das fehlende Polster zur Fünfprozenthürde sorgte bei Deniz Çelik, Keyvan Taheri, Zaklin Nastić und Cansu Özdemir für lange Gesichter. „Das ist das historisch schlechteste Ergebnis für die Linke und muss intern aufgearbeitet werden“, sagt Zaklin Nastiç. Es sei zu viel über ein mögliches Mit-Regieren gesprochen worden und zu wenig über die Kernthemen soziale Gerechtigkeit und Friedenspolitik.
Der AfD-Landeschef Dirk Nockemann sprach von einem "soliden Ergebnis für unsere AfD".
Wahlzettel falten für Fortgeschrittene
Die Hamburger SPD-Politikerin Aydan Özoguz scheint zumindest ein bisschen Mitleid mit Armin Laschet zu haben: Der CDU-Spitzenkandidat hatte seinen Wahlzettel so ungeschickt gefaltet, dass seine Wahlentscheidung klar zu erkennen war. Özoguz schrieb bei Twitter: "Die meiste Zeit hab ich gebraucht, diesen Wahlzettel wieder so zu falten, dass man meine Kreuze nicht auf der Vorderseite sofort sieht."
Wahlbeteiligung in Hamburg weiter auf Rekordkurs
Die Wahlbeteiligung in Hamburg bleibt auch bei der letzten Vorhersage auf Rekordkurs für die vergangenen 20 Jahre: Stand 16 Uhr wird sie mit 73,5 Prozent angegeben (inklusive einer angenommenen Briefwahlbeteiligung von 39,2 %). Damit liegt sie jetzt schon höher als bei den Wahlen der Jahre 2009 (71,3 %) und 2013 (70,3 %) und nur sechs Prozent unter dem höchsten Wert seit der Jahrtausendwende: 2002 nahmen 79,6 Prozent der Hamburger Wahlberechtigten an der Bundestagswahl teil.
Ab 19 Uhr live: Senatoren und Spitzenkandidaten zur Bundestagswahl
Eine Stunde nach Schließung der Wahllokale stehen Vertreter der fünf größten Parteien in Hamburg Abendblatt-Chefredakteur Lars Haider Rede und Antwort: Wie SPD, CDU, Grüne, FDP und Linke die ersten Hochrechnungen einordnen und was sie sich für Hamburg erhoffen, erfahren Sie live im Video ab 19 Uhr.
Zu Gast sind Finanzsenator Andreas Dressel für die SPD und Umweltsenator Jens Kerstan für die Grünen. DIe CDU schickt den Vorsitzenden der Jungen Union Hamburg, Philipp Heißner, der selbst nicht für den Bundestag kandidiert. Von der FDP wird Spitzenkandidat Michael Kruse erwartet, die Linke wird mit der Fraktionsvorsitzenden in der Bürgerschaft Sabine Boeddinghaus vertreten sein.
Die Wahlpartys der Hamburger Parteien: 2G, 3G – oder (fast) gar keine Party
Um 16 Uhr hat der Einlass zur Wahlparty der Grünen begonnen. Im Kulturzentrum Schrødingers im Schanzenpark sind ausschließlich geimpfte und genesene Gäste zugelassen. Auf dem Außengelände haben bis zu 750 Personen Zutritt – nur wenige Meter weiter feiert die Linke im Club!Heim im Schanzenpark. Dort gelten die lockereren 3G-Regeln.
Rund 90 Gäste haben zugesagt. Es sei zwar ein Blick in die Glaskugel, sagte Deniz Celik, einer der beiden Spitzenkandidaten der Linken, der schon vor Ort ist. Er tippe auf ein zweistelliges Ergebnis in Hamburg und sieben bis acht Prozent im Bundestag. „Wir brauchen eine progressive Mehrheit mit einer starken Linken, um die drängenden Themen soziale Gerechtigkeit und Klimawende anpacken zu können“, so der 42-jährige Politikwissenschaftler.
Die Wahlparty der SPD im Mojo-Club an der Reeperbahn findet mit 2G-Regeln statt: Gegen 16.30 Uhr warteten bereits viel Genossen auf den Einlass – auch der Friseur von Olaf Scholz fiebert kräftig mit. Behcet Algan ist in den Mojo Club gekommen, um seinem berühmten Kunden die Daumen zu drücken. "Ein Bundeskanzler Scholz, das ist mein Traum seit 20 Jahren", erzählt er. Oft habe er mit Scholz darüber gescherzt, der früher immer abgewunken habe, aber nun "kann das Wirklichkeit werden", sagt Algan, der seinen gleichnamigen Salon in Ottensen betreibt. Für Scholz spreche: Er habe die meiste Erfahrung. Und natürlich die coolste Frisur.
Die CDU feiert (mit 2G-Regeln) im Ludwig-Erhard-Haus, die FDP (schon zuvor ausgebucht) auf der "Cap San Diego". Einzig die AfD veranstaltet gar keine Party zur Bundestagswahl: Auf Abendblatt-Anfrage hieß es, man habe keine Lokalität gefunden – in den Büroräumen in der Hamburger Innenstadt wird aber anscheinend im kleinen Rahmen gefeiert.
Briefwahl in Hamburg: So viele Auszählzentren gibt es in der Stadt
Die erwartete Rekordbeteiligung per Briefwahl zeigt sich auch im Hintergrund: Seit 15 Uhr werden in den Auszählzentren der sieben Hamburger Bezirke die eingegangenen Wahlbriefe geöffnet und über ihre Zulassung entschieden – ausgezählt werden die Stimmen aber ebenfalls erst ab 18 Uhr, wenn die Wahllokale geschlossen sind.
Die vier Bezirke Altona, Eimsbüttel, Hamburg-Mitte und Hamburg-Nord haben jeweils ein Auszählzentrum – drei davon in den Messehallen, der Bezirk Nord zählt seine Briefwähler in der Beruflichen Schule City Nord aus. Harburg unterhält zwei, Bergedorf vier und der bevölkerungsreichste Bezirk Wandsbek sogar fünf Auszählzentren. Wer der Auszählung beiwohnen möchte, darf das tun: Genau wie für den Rest der Bundestagswahl gilt auch für die Briefwahlstimmen der Grundsatz der Öffentlichkeit. Alle Adressen der Auszählzentren im Überblick
Wahlbeteiligung in Hamburg deutlich höher als 2017
Was sich bereits in der ersten Mitteilung des Landeswahlleiters abzeichnete, trägt auch in der zweiten Meldung zur Wahlbeteiligung: Mehr Hamburger als 2017 beteiligen sich an der Bundestagswahl. Schon um 11 Uhr lag die Wahlbeteiligung bei knapp über 50 Prozent, drei Stunden später bei 63,9 Prozent aller Wahlberechtigten – rund zwölf Prozent mehr als vor vier Jahren. Ein Grund: Der sehr hohe Anteil der Briefwähler: 39,2 Prozent Briefwähler werden laut Landeswahlleiter Oliver Rudolf für die Prognose der Wahlbeteiligung eingerechnet, Rudolf rechnet am Ende mit einem Briefwahlanteil von rund 50 Prozent und hofft auf eine höhere Wahlbeteiligung als 2017.
2017 lag die Wahlbeteiligung bei 76,0 Prozent (28,1 Prozent Briefwähler), vier Jahre zuvor bei nur 70,3 Prozent (21,4 % Briefwähler), ähnlich hoch wie 2009 (71,3 %/20,1 %). 2002 wurde die bisher höchste Wahlbeteiligung in diesem Jahrhundert gemessen: Damals gaben 79,6 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab (20,2 Prozent Briefwähler).
Friedhofskapelle – Hamburgs ungewöhlichstes Wohllokal?
Für gewöhnlich wird in Schulen oder Kitas gewählt. Doch in Hamburg gibt es auch eher ungewöhnliche Orte, an denen Wähler ihre Stimme abgeben können.
So gibt es in Wilhelmsburg unter anderem ein Wahllokal in einer fast 150 Jahre alten Windmühle und eines in einer ehemaligen Friedhofskapelle im Adolf Menge Park.
Jeder zweite in Hamburg hat bereits vor 11 Uhr gewählt
Bei der Bundestagswahl in Hamburg haben mit Stand Sonntagvormittag bereits mehr Menschen ihre Stimme abgegeben als vor vier Jahren. Bis 11 Uhr hatten nach Angaben der Behörden bereits 50,2 Prozent der Wahlberechtigten ihre Kreuze gemacht.
Ein großer Anteil davon sei auf den verstärkten Rücklauf der Briefwahl zurückzuführen, sagte Landeswahlleiter Oliver Rudolf. Vor vier Jahren hatten zu diesem Zeitpunkt erst 37,4 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben.
Peter Tschentscher gibt eine Wahlempfehlung
Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher hat seine Stimme im Bürgerhaus Barmbek an Lorichsstraße abgegeben. Begleitet würde der SPD-Politiker von seiner Frau Eva Maria Tschentscher.
In einem Tweet schreibt Hamburgs Bürgermeister: "Heute ist Wahltag mit bestem Wetter für einen Spaziergang und die Wahl von Olaf Scholz zum Bundeskanzler."
Wahllokal in Eimsbüttel muss ohne Strom auskommen
Wahllokal ohne Strom - die Wahlhelfer des Stimmbezirks 30203 in der Telemann-Schule in Eimsbüttel sind in einem Raum ohne Strom untergebracht, und damit ohne Licht. Zwar sind die Wahlkabinen nahe der Fenster, so dass es dort keine Probleme gibt -- aber auch nur, weil die Sonne scheint. Die Wahlhelfer aber müssen sich mit den Taschenlampen ihrer Handys behelfen, um die Wählerlisten lesen zu können. "Es ist kein Stromausfall, hier gibt es einfach keinen", sagte ein Wahlhelfer. Eine Wählerin bot spontan an, eine akkubetriebene Leselampe vorbeizubringen.
Hamburger Wahllokale öffnen zur Bundestagswahl
In Hamburg haben am Sonntagmorgen die Wahllokale zur Bundestagswahl geöffnet. An 1268 über die Stadt verteilten Stellen ist bis 18 Uhr die Urnenwahl möglich. In den Wahllokalen gelten Maskenpflicht und 1,50 Meter Mindestabstand. Aus Gründen des Infektionsschutzes hatte die Landeswahlleitung die Wähler aufgefordert, neben einem Personalausweis und einer Maske nach Möglichkeit auch einen Kugelschreiber mitzubringen.
Zur Wahl aufgerufen sind in Hamburg insgesamt 1,3 Millionen Menschen. Sie können sich mit ihren beiden Stimmen zwischen den Landeslisten von 22 Parteien oder insgesamt 72 Direktkandidaten in den sechs Wahlkreisen entscheiden.
Viele Hamburger haben bereits abgestimmt. Landeswahlleiter Oliver Rudolf rechnet am Ende mit einem Briefwahlanteil von gut 50 Prozent. Auch hofft er auf eine weiter steigende Wahlbeteiligung. 2017 war sie auf 76 Prozent geklettert.
So hat Hamburg 2017 gewählt
Die CDU war bei der letzten Bundestagswahl in Hamburg mit 27,2 Prozent stärkste Kraft geworden, vor der SPD mit 23,5, den Grünen mit 13,9, der Linken mit 12,2, der FDP mit 10,8 und der AfD mit 7,8 Prozent. Derzeit ist die Hansestadt mit 16 Abgeordneten im Bundestag vertreten: 5 von der SPD, 4 von der CDU, jeweils 2 von Grünen, FDP und Linken sowie einem von der AfD.
Letzte Umfragen sahen diesmal die Sozialdemokraten von Ex-Bürgermeister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz in der Stadt vorn, dahinter etwa gleichauf Grüne und CDU. Während die FDP laut Sonntagsfragen auf Zuwächse hoffen kann, zeigten sich für Linke und AfD Verluste.
Bundestagswahl – News für Hamburg am 25. September:
Luftballons und Flyer in Hamburg: Wahlkampf bis zum letzten Meter
Die Parteien haben im Endspurt des Bundestagswahlkampfes auch in Hamburg bis zuletzt auf der Straße und im Internet um Stimmen geworben. Auf dem Wochenmarkt in Hamburg-Eimsbüttel und vielen anderen Orten der Hansestadt waren die Parteien am Samstag mit Ständen präsent. Es gab Flyer, Kugelschreiber und Luftballons. Die SPD schaltete am Samstag unter dem Motto „SPD Hamburg Morning Show“ zudem einen Livestream im Netz, in dem unter anderen Generalsekretär Lars Klingbeil zu Gast war.
In den Hamburger Wahlkreisen haben 22 Parteien Landeslisten aufgestellt, 72 Kandidaten bewerben sich um die sechs Direktmandate. 2017 wurde die CDU bei der Bundestagswahl in Hamburg mit 27,2 Prozent stärkste Kraft, vor der SPD mit 23,5, den Grünen mit 13,9, der Linken mit 12,2, der FDP mit 10,8 und der AfD mit 7,8 Prozent.
In guter Stimmung und voller Optimismus blicken Hamburger Politiker auf die bevorstehende Bundestagswahl.
Wer wird der nächste Kanzler? Das sagen Hamburger Promis
Eugen Block, Gründer der Block Gruppe: Wer neuer Kanzler oder neue Kanzlerin wird? Die Partei mit den meisten Stimmen wird vehement den Kanzler stellen wollen. Das war in den vergangenen 16 Jahren immer die CDU, und ich erwarte, dass sie es auch 2021 bleiben wird. Zunächst einmal wird die Regierungsbildung eine lange Zeit in Anspruch nehmen. Ehrlich währt am längsten.
Welche Erwartungen ich an die neue Regierung habe? Niemand hat im Wahlkampf von den dringenden Sachthemen geredet: weniger CO2 durch längere Laufzeit von Atomkraftwerken, mehr Netto in der Lohntüte durch eine grundlegende Reform der Renten- und Sozialabgaben, mehr Regierung in Berlin statt in Brüssel und weniger bürokratische Regelungen: Wer ein neues Gesetz beantragt, muss dafür zwei Gesetze abschaffen.
Marcus Vitt, Vorstandssprecher des Bankhauses Donner & Reuschel und Vorsitzender des Bankenverbands Hamburg: Wer wird Kanzler/in? Armin Laschet. Wie sieht die Regierungskoalition aus? Schwarz-Grün-Gelb. Was muss die neue Regierung anpacken? Es wird darum gehen müssen, eine gute Balance zu finden zwischen den aktuellen sozialen und ökologischen Herausforderungen einerseits und der Schaffung eines soliden wirtschaftlichen Fundaments andererseits.
Dafür braucht es die Abkehr von der ultra-expansiven Geldpolitik. Investitionen müssen wieder mit Augenmaß erfolgen, die soziale Marktwirtschaft wiederbelebt werden, damit Deutschland als Wirtschaftsstandort in Europa und der Welt auch langfristig wettbewerbsfähig bleibt.
Kristina Sassenscheidt, Vorsitzende des Denkmalvereins: Ich glaube, dass Annalena Baerbock Bundeskanzlerin wird.
Ich erwarte von ihr, dass die Baugesetzgebung endlich den gesamten Lebenszyklus von Gebäuden in den Fokus nimmt und damit der Erhalt von Altbauten und ihren ökologischen Werten noch attraktiver wird.
Martin Schwalb (58), Vizepräsident des HSV Hamburg (Handball-Bundesliga): „Ich glaube, ganz am Schluss werden sich doch mehr Menschen für den konservativen Weg entscheiden, als die bisherigen Wahlumfragen hergeben.
Das könnte dann erneut zu Koalitionsverhandlungen über eine Jamaika-Koalition führen, die diesmal vermutlich nicht scheitern würden.“
Thomas Jungfer, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG): Mein Wunschkanzler wäre Christian Lindner von der FDP.
Erwarten würde ich, dass er seinen Ansagen treu bleibt und dafür sorgt, dass die innere Sicherheit einen wichtigen Stellenwert hat.
Volker Tschirch, Hauptgeschäftsführer des Groß- und Außenhandelsverbands: Annalena Baerbock wird es nicht. Unsere Mitglieder setzen auf eine christlich-liberale oder Jamaika-Koalition.
Da gehe ich mit. Wir erwarten eine Ordnungspolitik, die auf Freiheit setzt, sich auf die Stärken der sozialen Marktwirtschaft besinnt. Klimaschutz, Bürokratieabbau und Digitalisierung sind die drängendsten Themen.
Tanja Chawla, Vorsitzende DGB Hamburg: Es wird die Ampel unter Olaf Scholz. Ob die Regierungsbeteiligung der FDP aus Beschäftigtensicht gut ist, ist eine andere Frage. Ich hoffe auf eine rasche und – ganz wichtig – soziale Klimawende, höheren Mindestlohn, mehr bezahlbaren Wohnraum, Chancengleichheit, höheres Rentenniveau und eine Außenpolitik, die bei der Migration auf Humanität setzt.
Jens Stacklies, Gastronom: Ich erwarte ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Scholz und Laschet. Zudem hoffe ich auf eine Große Koalition, bei allen anderen Konstellationen müssten wieder viele Kompromisse eingegangen werden.
Es darf keine Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners geben. Wir brauchen große Reformen. Vor allem die Stärkung des Mittelstandes sollte die neue Regierung vorantreiben.
Regisseur Max Färberböck (u. a. „Bella Block“ und „Tatort“): Kanzler/in wird hoffentlich jemand, der dafür sorgt, dass sich Forschung, medialer Overkill, Technik und Wirtschaft von jeglicher Entmenschung distanzieren und sich mit ihrem gesamten Dasein zu einem Ideal bekennen, das sich täglich mehr aus unserem Leben zu verabschieden droht.
Wie die Koalition aussehen wird, weiß niemand. Was sie anpacken muss: Kunst, Europa, Mieten, Preistreiber und die Achtung vor dem Schicksal einzelner Menschen, die unauffällig und millionenhaft ins Abseits geraten. Sie brauchen uns alle und eine Regierung, die für Enthusiasmus, Freude und Entschlossenheit steht.
Rainer Moritz, Kritiker und Leiter des Literaturhauses: Gut, dass ich nicht gefragt werde, wer den Deutschen Buchpreis gewinnen wird. Da liege ich fast immer daneben. Der nächste Bundeskanzler heißt Olaf Scholz. Das Bedürfnis der Deutschen nach Unaufgeregtheit und Ruhe war nie größer als derzeit.
Auch wenn es da bald an allen Ecken und Enden knirschen wird: Die Regierungskoalition heißt SPD +Grüne+FDP. Was die Regierung dringend anpacken muss? Ist die Frage ernst gemeint? Die Autobahnmaut muss auf jeden Fall warten.
Bundestagswahl – News für Hamburg am 24. September:
Kuriose Wahllokale und hunderte Liter Desinfektionsmittel
Bei der Bundestagswahl sind in Hamburg exakt 1.298,859 Bürgerinnen und Bürger wahlberechtigt. Es gibt sechs Wahlkreise, in denen sich laut Landeswahlleitung insgesamt 72 Kandidatinnen und Kandidaten um ein Direktmandat bewerben. 22 Parteien stellen sich mit einer Landesliste zur Wahl auf. Die größte Altersgruppe stellen bei der Wahl die über 70-Jährigen, von denen es 239.764 Wahlberechtigte gibt. Rund 60.000 junge Hamburgerinnen und Hamburger dürfen zum ersten Mal wählen. 34 Wahlberechtigte feiern am Wahltag ihren 18. Geburtstag.
Der größte Wahlbezirk ist Wandsbek mit 312.319 Wahlberechtigten. Im kleinsten Wahlbezirk auf der Insel Neuwerk leben 18 Wahlberechtigte. Eines der wohl kuriosesten Wahllokale befindet sich in der Windmühle Johanna in Wilhelmsburg, zwei weitere sind in Waschhäusern untergebracht. 16 Seeleute haben sich über ihre Reederei zur Wahl anmelden lassen.
Eine Wahlbenachrichtigung wiegt 17 Gramm. Der Druck der Stimmzettel hat 60 Stunden gedauert – hierfür wurden 27.000 Kilogramm Papier verbraucht. Es wurden 48.800 blaue und 2720 rote Kugelschreiber für die Wahl bestellt. Nach Möglichkeit sollten die Wählerinnen und Wähler jedoch eigene Kugelschreiber mitbringen – zum besseren Infektionsschutz, sagte der Landeswahlleiter Oliver Rudolf. Zusätzlich gibt es 2381 Liter Desinfektionsmittel.
Bundestagswahl – News für Hamburg am 23. September:
Demo gegen Hamburger AfD-Wahlparty geplant
Am Wahlsonntag gibt es in Wilhelmsburg eine Demo gegen eine Wahlparparty der AfD. "Eine Privatperson hat die Demo von 16 bis 22 Uhr unter dem Tenor 'Faschismus raus aus unseren Vierteln' angemeldet", sagte Polizeisprecher Florian Abbenseth am Donnerstag. Der Anmelder erwarte 500 Teilnehmer. Der Ort der Demo ist der Ernst-August-Stieg, wo auch die AfD-Bezirksfraktion Hamburg-Mitte ihr Büro hat.
Zur AfD-Bezirksfraktion gehört auch die Politikerin Nicole Jordan, dessen Ehemann vor gut einer Woche bei einer AfD-Parteiveranstaltung in Wilhelmsburg verletzt worden war. Ob und wo es am Sonntag eine AfD-Wahlparty geben wird, ist nicht bekannt. Nach Abendblatt-Informationen soll es keine offizielle AfD-Wahlparty geben, weil angeblich keine Kneipe und kein Veranstalter der AfD einen Raum vermieten will.
Wahlrechtsreform hat Auswirkungen auf CDU in Hamburg
Derzeit stellt Hamburg in Berlin 16 von 709 Abgeordneten – 5 von der SPD, 4 von der CDU, jeweils 2 von Grünen, FPD und Linken sowie einen von der AfD. Der neue Bundestag soll aber nach einer von Union und SPD im vergangenen Jahr beschlossenen Wahlrechtsreform kleiner werden. Ob das klappt, ist fraglich, da die Zahl der Wahlkreise mit 299 unverändert blieb.
Nach den neuen Regeln können nun aber Überhangmandate teilweise mit Listenmandaten derselben Partei auch in anderen Bundesländern verrechnet werden. In Hamburg könnte sich das vor allem negativ für die CDU auswirken. Denn Spitzenkandidat und Landesvorsitzender Christoph Ploß war 2017 als einziger Christdemokrat in seinem Wahlkreis Nord direkt gewählt worden.
Rüdiger Kruse, Christoph de Vries und Marcus Weinberg zogen dagegen bei einem Stimmenanteil der CDU von 27,2 Prozent in Hamburg über die Landesliste in den Bundestag ein. In diesem Jahr könnte es durch die neue Regel und erwartete Stimmenverluste durchaus schon für den Listenplatz drei knapp werden.
Wen die Hamburger SPD und CDU nach Berlin schicken wollen
Ploß ist das neue Ticket nach Berlin als Spitzenkandidat sicher, auch wenn er diesmal nicht direkt wiedergewählt werden sollte. Auch die neue CDU-Frau für Berlin, Franziska Hoppermann aus Wandsbek, kann auf Platz zwei durchaus hoffen. Für de Vries auf drei, Kruse auf vier und Weinberg, der gar nicht mehr auf der Liste, sondern nur direkt antritt, heißt es zittern.
Bei der SPD können sich auch diesmal die bisherigen Bundestagsabgeordneten Aydan Özuğuz (Wandsbek), Dorothee Martin – Nachrückerin für den im vergangenen Jahr ausgeschiedenen Johannes Kahrs aus Nord –, Matthias Bartke (Altona), Niels Annen (Eimsbüttel) und Metin Hakverdi (Bergedorf-Harburg) in ihren Wahlkreisen Hoffnungen machen. Ebenso der bisherige Bezirksamtschef von Mitte, Falko Droßmann, der gern das Direktmandat von Kahrs übernehmen würde. Bis auf Droßmann sind die Direktkandidaten auch durch aussichtsreiche Listenplätze hinter Spitzenkandidatin Özuğuz abgesichert.
Grüne in Hamburg können mit Stimmenzugewinnen rechnen
Die Grünen können den Demoskopen zufolge mit Stimmenzugewinnen rechnen. 2017 kamen sie in Hamburg auf 13,9 Prozent und waren seither in Berlin durch das Grünen-Urgestein Anja Hajduk, die nicht mehr antritt, und den Bergedorfer Manuel Sarrazin vertreten. Die Landesliste führt in diesem Jahr die Wirtschaftsexpertin Katharina Beck an, vor dem früheren langjährigen Hamburger Justizsenator Till Steffen und Emilia Fester von der Grünen Jugend.
Wen die kleinen Hamburger Parteien nach Berlin schicken wollen
- Linke: Die Hamburger Linken hoffen erneut auf mindestens zwei Abgeordnete in Berlin. Hinter Żaklin Nastić auf Listenplatz eins, die seit 2017 im Bundestag sitzt, will der Innenexperte der Bürgerschaftsfraktion, Deniz Celik, den Wechsel von der Elbe an die Spree machen, nachdem Finanzexperte Fabio de Masi nicht erneut für den Bundestag kandidiert. 2017 waren die Linken in Hamburg auf 12,2 Prozent gekommen, diesmal könnte es laut Umfragen etwas weniger werden.
- FDP: Demgegenüber sehen die Demoskopen die Elb-FDP mit leichten Zugewinnen. 2017 hatten sie 10,8 Prozent erhalten. Mindestens wieder zwei Abgeordnete – das hatte Spitzenkandidat Michael Kruse als Ziel vorgegeben, als er im April zum Nachfolger der Landesvorsitzenden Katja Suding bestimmt wurde, die nach einer Legislatur im Bundestag nicht mehr kandidierte. Auf Platz zwei der Landesliste will die frühere Juli-Chefin Ria Schröder den Fahrschein nach Berlin lösen.
- AfD: Auf ein ähnliches Ergebnis wie vor vier Jahren (7,8 Prozent) kann die Hamburger AfD hoffen. Damals schickte sie Bernd Baumann nach Berlin. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion steht auch diesmal wieder auf Platz eins der Landesliste.
Was Hamburgs Parteien für den Wahlkampf ausgeben
Die Hamburger Parteien haben für den Bundestagswahlkampf Hunderttausende Euro ausgegeben. Allein der SPD-Landesverband hat laut einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur unter den aussichtsreichen Parteien ein Budget von 200.000 Euro, um Ex-Bürgermeister und Bundesfinanzminister Olaf Scholz in seinem Kampf ums Kanzleramt und die eigenen Hamburger Kandidaten zu unterstützen.
Die Freien Demokraten planen mit 160.000 Euro. Die Hamburger Grünen wenden für den Wahlkampf ihrer Bewerber rund um Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock den Angaben zufolge rund 100.000 Euro auf. Das Wahlkampfbudget der Linken liegt bei nur 25.000 Euro.
Bei der CDU wollte man keine Zahlen nennen, da der Wahlkampf größtenteils auf Bundesebene organisiert worden sei, wie ein Sprecher sagte. „Zudem haben alle sechs Hamburger Wahlkreise eigene Budgets.“ Die AfD reagierte gar nicht auf die Anfrage.