Seevetal. Emily Weede (CDU) gewinnt gegen sechs Kandidaten die Wahl zum Bürgermeister. Deutlich. Trotzdem wird erneut gewählt.

Emily Weede (CDU) oder Manfred Eertmoed (SPD): Das ist jetzt die Frage. Einer der beiden wird vom 1. November an die Gemeinde Seevetal führen, die bundesweit einwohnerstärkste Gemeinde ohne Stadtrechte. Das ist das Ergebnis der Kommunalwahl vom Sonntag. Nachdem alle 56 Wahllokalen bei der Bürgermeisterwahl ausgezählt waren, lag die einzige Frau unter den sieben Kandidaten weit vorn.

Weede erreichte 40,75 Prozent, Eertmoed 19,11 Prozent. Darauf folgen Timo Röntsch, der Kandidat der Freien Wähler mit 16,04 Prozent und Thilo Bock mit 13,07 Prozent. In die Stichwahl gehen nun Weede und Eertmoed. Termin: 26. September.

Weede lag früh vor Konkurrenten und gab Spitzenposition nicht mehr ab

Erst nach und nach hatte sich der große Saal der Burg Seevetal am Sonntag mit Besuchern gefüllt. Dort wurde für drei Stunden sogar ein Testservice der Apotheke Hittfeld vorgehalten, um allen den Zugang zu den auf einem großen Schirm eingespielten Ergebnisse zu ermöglichen. Schnittchen und Fingerfood wurden gereicht.

Weede lag schon nach den ersten Zahlen vorn und gab diese Position nicht mehr ab. Eertmoed blieb auf Platz zwei, büßte im Laufe des Abends aber Prozentpunkte zu Röntsch ein. Allerdings konnte der Kandidat der Freien Wähler den Sozialdemokraten nicht einholen.

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Der aus Ostfriesland stammende Eertmoed kam erst gegen 21 Uhr in die Burg, als das Ergebnis so gut wie feststand. Zuvor hatte er sich in Maschen mit Familie und Freunden getroffen. Von Bürgermeisterin Oertzen erhielten die beiden erfolgreichen Kandidaten Blumensträuße. „Es ist für mich heute Abend kaum zu glauben, die Zahlen zu sehen, auf die wir lange hingearbeitet haben“, sagte Weede als sich ihr Sieg im ersten Wahlgang klar abzeichnete. „Gehofft habe ich auf ein solches Ergebnis aber nicht fest daran gedacht.“

Am Tag nach der Wahl zeigen Plakate neuen Termin für Stichwahl

Ihr Wahlkampf geht weiter. Noch in der Nacht zum Montag wurde auf die Plakate der neue Termin für die Stichwahl geklebt. Im CDU-Gemeindeverband war für Montag eine Telefonkonferenz vereinbart, um die Strategie für die Stichwahl festzulegen. „Unsere Plakate sind umweltschonend aus Holz und nicht aus Plastik“, erklärte Weede. Am kommenden Donnerstag soll CDU-Kanzlerkandidat Armin Lascht auf dem Parkplatz der Burg sprechen. Natürlich auch für Weede eine Gelegenheit, das Wort zu ergreifen.

Emily Weede (CDU), mit 18 in die CDU eingetreten, war schon einmal über 20 Jahre in der Kommunalpolitik aktiv, hatte aber seit 2001 nicht wieder kandidiert. Sie ist derzeit vor allem durch ihren Einsatz für die Wassermühle Karoxbostel bekannt. Als erste Vorsitzende des Mühlenvereins sorgte die 58-Jährige dafür, dass das Denkmal-Ensemble seit 2012 wieder aufgebaut und wiederbelebt wurde. Sie betreibt heute den ehemaligen Hof ihrer Eltern in Karoxbostel als Biohof. „Ich kann Themen voranbringen, bin pragmatisch und polarisiere nicht“, sagte die 59-Jährige am Sonntagabend im Gespräch mit dem Abendblatt.

Wohnen und Klimaschutz stehen oben auf der Agenda für Seevetals Zukunft

Als künftige Bürgermeisterin will sie Seevetal beim Wohnen und im Klimaschutz zukunftsfähig machen. „Wichtig ist dabei, die Identität der Gemeinde und seiner 19 einzelnen Ortschaften zu erhalten. Wir dürfen nicht zu einer gesichtslosen Vorstadt werden,“ sagte Weede. Dazu gehöre, zu erkennen, was diese Identität stifte – etwa die Bausubstanz in den Orten oder ihre Vereine. Mit den Bürgern soll eng zusammengearbeitet werden. „Ich habe im Wahlkampf meine private Telefonnummer auf die Flyer drucken lassen. Jeder Bürger soll den Bürgermeister anrufen können.“

Ob der Sozialdemokrat Eertmoed den Vorsprung seiner Konkurrentin bis zur Stichwahl noch aufholen kann, ist offen. Mit seinem zweiten Platz zeigte er sich aber am Sonntagabend erst einmal zufrieden. Lächelnd nahm er die Blumen entgegen, absolvierte die Runde mit den Fotografen und beantwortete Fragen.

Eertmoed ist mit seinem Ergebnis zunächst einmal zufrieden, will aber mehr

„Noch vor zehn Monaten hat mich hier niemand gekannt. Da sind die 20 Prozent Wählerstimmen ein tolles Ergebnis. Ich habe bei dem Ergebnis Menschen hinter mir gelassen, die hier überall bekannt sind“, sagte der Bildungsreferent, der für die Sozialdemokratische Gemeinschaft für Kommunalpolitik in Niedersachsen Seminare organisiert und Menschen schult, die sich für Kommunal- und Haushaltsrecht interessieren.

Auch für Eertmoed geht der Wahlkampf weiter. „Es wird weitere Plakate, Stände und Veranstaltungen geben. 15.000 Flyer seien inzwischen verteilt. 8000 von ihnen hat er selbst in die Hand genommen, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. „Seit 24 Uhr am Sonntag“, ist der 46-Jährige überzeugt, „stehen die Zahlen wieder bei null.“ Er setzt dabei auf die Wähler, die Weede nicht gewählt haben.

Aus dem Landkreis Aurich an die Elbe gewechselt – wie es ihm Freunde geraten haben

Das Ehepaar Eertmoed war Anfang Februar mit vier Kindern zwischen 15 und 24 Jahren nach Scharnebeck im Landkreis Lüneburg gezogen. Zuvor hatte er die Wahl zum Bürgermeister in Emden 2019 verloren und war Anfang 2020 auch als Bürgermeister von Hinte (Landkreis Aurich) nicht mehr angetreten. Von Parteifreunden hatte er sich von einem Wechsel an die Elbe begeistern lassen.

Eertmoed weiß nicht nur aus der Erfahrung seiner eigenen Wohnungssuche, dass die Bevölkerung in der Metropolregion Hamburg wächst, dass Wohnraum für Familien knapp ist, Immobilien- und Grundstückspreise steigen, und Konflikte zwischen Alteingesessenen und Zugezogenen möglich sind. Die Gemeinden müssten daher die Planung und Erschließung wichtiger Baugrundstücke selbst übernehmen. Für die Wirtschaft gibt es für ihn „nicht überall schnelles Internet. Alle Gewerbegebiete müssen an das Glasfasernetz angebunden sein.“

War der SPD-Kandidat am Abend noch in die Burg Seevetal gekommen, so blieben Röntsch (Freie Wähler) und der parteilose Kandidat Tim Färber dem Treffen fern. Nach 21 Uhr leerte sich der Saal langsam, ausgezählt wurden die Kreis- und die Gemeindewahl aber noch bis 4.30 Uhr am Montagmorgen.