Buchholz/Elstorf. Zur Landtagswahl 2022 tritt Heiner Schönecke (CDU) nicht mehr an. Wie seine Bilanz nach Jahrzehnten in der Politik aussieht.

Erst wenige Tage ist es her, seit er seine Entscheidung getroffen hat. Es war „kein leichter Weg“ für ihn. Aber nach seinem 75. Geburtstag und weit vor der Aufstellung der Kandidaten für die Landtagswahl 2022 von November an sollte alles klar sein. Heiner Schönecke wird nach vier gewonnenen Direktmandaten im Wahlkreis Buchholz nicht wieder für die CDU antreten. Immerhin wäre der Politiker im kommenden Herbst 76 Jahre alt. Kein Hauch von Wehmut: „Ich hatte mehr Spaß und Freude als Ärger und Verdruss“, sagt er. Aber etwas fehlen werde ihm eben doch.

Kein Wunder nach Jahrzehnten in der Landes- und Kommunalpolitik, in die er in seinem Heimatort Elstorf einstieg. Ein niemals gebauter Zaun um die damalige Mülldeponie ist der Anlass. Der damalige Bürgermeister hatte zuvor den Beschluss für den Bau aus Kostengründen nach dem damals obligatorischen Essen mit den Ratsmitgliedern noch am selben Abend in einer hastig angesetzten zweiten Sitzung kippen lassen. „Wenn es hier so zugeht, kann ich sicher was bewegen“, denkt sich der Mittzwanziger, tritt in die CDU ein, wird Vorsitzender des Ortsverbandes und mischt von da an mit. Es ist der Anfang einer Karriere, die 30 Jahre im Gemeinderat, 40 im Kreistag und im kommenden Herbst fast 20 Jahre im Landtag in Hannover währt.

Das Rezept klingt einfach: Um vier Uhr aufstehen

Geschafft hat er das mit Hilfe seiner Familie und einem einfachen Rezept: Früh aufstehen. Die Tage beginnen von den 1970er Jahren an, als Schönecke zudem den familieneigenen Geflügelhof übernimmt, um vier Uhr morgens. „Man muss Politik innerlich gern machen und eine Frau haben, die Verständnis für diese Leidenschaft hat“, sagt er. Aber zur Ruhe gekommen, räumt er ein, sei er über die Jahre nur selten.

Sein Sohn Henner ist schon als Junge mit Vater und Großvater auf dem Hof und übernimmt 1998 die Verantwortung. Damit bleibt dem Senior Zeit für den Landtagskandidatur. Im Gegenzug will Heiner Schönecke nun für seinen Sohn bereitstehen, wenn der geplante Umzug der Unternehmenszentrale gelingt.

Dienstwagen für Vogelwarte auf Helgoland: Warum?

Politik: Für Schönecke vor allem Praxis. „Ich will im Landtag arbeiten, nicht dort sitzen“, ist sein Credo. Verlässlichkeit und gute, über Jahre gewachsene Kontakte, dafür steht der gelernte Landwirt und eine gewisse Schlitzohrigkeit will er gar nicht abstreiten. Im Haushaltsausschuss des Landes gilt er als harter Verhandler, der nachfragt. Etwa als die Vogelwarte auf seiner Lieblingsurlaubsinsel Helgoland einen neuen Dienstwagen bekommen soll. Zufrieden gibt er sich erst, als er hört, dass das Auto in Cuxhaven stehen und für Fahrten nach Hannover genutzt werden soll.

Für Schönecke steht über alle seine Mandate hinweg die Frage im Mittelpunkt wie sich Gemeinden, Kreis und Land mit Hamburg austauschen. „Das Denken zwischen Hamburg und Niedersachsen funktioniert noch nicht richtig“, ist sein aktuelles Fazit. „Dabei steht die Hansestadt uns näher als Hannover.“

Zwischen Hamburg und Niedersachsen sollte Geben und Nehmen sein

So stuft er es als Fehlschlag ein, dass es nicht gelungen ist, Hamburg bei der Frage nach der Nutzung des Heidewassers mit ins Boot zu holen und sich der Kreis und Hamburg Wasser wohl Anfang Oktober vor dem Verwaltungsgericht in Lüneburg treffen. Dazu kommt die Problematik der neuen Raststätte an der Autobahn 1. „Es kann nicht sein, dass Hamburg fordert, nach einem Abriss in Stillhorn eine weitere Raststätte im Kreis Harburg zu bauen.“ Zwischen Niedersachsen und Hamburg müsse sich das Geben und Nehmen ausgleichen.

Unzufrieden ist der scheidende Landespolitiker auch damit, dass die neue Autobahn 26 dicht an die Ortschaft Rübke heranrückt, die wie sein Wohnort zur Gemeinde Neu Wulmstorf zählt. „Hier wurde der Schutz der Menschen dem des Wachtelkönigs hintenan gestellt,“ kritisiert er. Nächstes für ihn weiter offenes Thema ist die S-Bahn: Die Verbindung nach Stade sei nur ein erster Schritt: „Wir haben den zweiten, dritten und vierten nicht gemacht.“ Also empfiehlt er die Erweiterung bis Tostedt und Scheßel und nach Süden bis Lüneburg. Auch eine weitere Brücke für S-Bahn Gleise über die Elbe müsse kommen.

Kauf und Aufbau des Kiekeberg-Museums mit initiiert

Mehr als 40 Jahre in der Politik. Ist das heute noch möglich? „Doch, doch“, sagt Schönecke. „Das trauen ich meinen Nachfolgern zu. Man darf bei aller Lust auf die Rauferei in der Politik nur die Sache nicht vergessen.“ Eine für ihn besonders wichtige Sache zählt er dabei zu seinen Erfolgen: Das Freilichtmuseum am Kiekeberg, dessen Übernahme von Hamburg er einst beim Landkreis mit initiiert hat und dessen Freundeskreis mit mehr als 13.000 Mitgliedern er vorsitzt.

„Auch die damalige Rot-Grüne-Regierung hat sich zuletzt für die Unterstützung von 600.000 Euro für die Häuser der Königsberger Straße im Museum ausgesprochen“, erinnert er. Übergreifende Kontakte eben und eine Überzeugungskraft, der wohl kaum jemand widerstehen kann.

Altes bewahren und zugleich Neues voranbringen

Den Aufbau und die Sicherung des Kiekeberg Museum: Das bedeutet für Schönecke „Altes bewahren.“ Unter „Neues voranbringen“ firmiert für ihn die Buchholzer Zukunftswerkstatt, in die er zum Gespräch geladen hat. Die Idee für den Ort zum Lernen außerhalb der Schulen im Kreis hat Schönecke gemeinsam mit dem Leiter des Gymnasiums am Kattenberge, Armin May, entwickelt.

Heiner Schönecke – hier beim Neujahrsspaziergang mitten unter seinen Mitwanderern auf der Brücke – ist in seinem Wahlkreis fest verwurzelt und legt Wert auf die Kontakte.
Heiner Schönecke – hier beim Neujahrsspaziergang mitten unter seinen Mitwanderern auf der Brücke – ist in seinem Wahlkreis fest verwurzelt und legt Wert auf die Kontakte. © Heiner Schönecke

Seit 2014 steht das Haus am Sprötzer Weg in Buchholz, können hier Jugendliche in den MINT-Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik Erfahrungen sammeln. Gestützt und finanziert wird die Werkstatt vom Kreis, der Stadt und der Wirtschaft. Das Land, Professoren und Stifter sind im Stiftungsrat vertreten. „Eine landesweit wohl einmalige Kombination“, freut sich Schönecke. 2023 will er zum dritten Mal den von ihm gestifteten und nach ihm benannten Preis für innovative Projekte der Werkstatt verleiten.

Memoiren schreiben, Material ist vorhanden

Seine Pläne? Nicht nachlassen bei der Förderung der plattdeutschen Sprache mit der er aufgewachsen ist. Für sie gibt es mit Rike Henties beim Kreis inzwischen eine Plattdeutsch-Koordinatorin. Außerdem will er demnächst mal in einen alten Schrank zu Hause schauen. Dort liegen seine handgeschriebenen Kalender mit Notizen aus 30 Jahren. Etwa über den Besuch von Franz-Josef Strauß, der 1981 dem CDU-Ortsverband 25.000 Mark in die Kasse brachte. Denn jeder musste damals fünf Mark Eintritt zahlen, um dabei zu sein. Material genug also, um Memoiren zu schreiben. Sicher ist Schönecke noch nicht, ob er es tun soll: „Aber es juckt mir schon manchmal in den Fingern.“