Lüneburg. Günstig und klimaschonend? Politik fordert Baugebiet einzig für Mini-Häuser. Nun wird eine Fläche in Lüneburg gesucht.

Tiny Houses und ähnliche neue Wohnformen finden immer mehr Anhänger – angesichts rasant steigender Preise für Immobilien und Baugrundstücke und einem Trend zum Reduzieren auf das Wesentliche können sich vor allem junge Menschen vorstellen, ihr Zuhause auf wenige Quadratmeter zu beschränken.

Die Tiny Houses erfordern von ihren Bewohnern zwar einen gewissen Hang zum Minimalismus, viele der Anhänger versprechen sich jedoch auch mehr Freiheit und Lebensqualität vom Umzug in ein solch winziges Haus. In Lüneburg könnte nun sogar ein ganzes Baugebiet nur für Tiny Houses entstehen.

Verwaltung soll prüfen, ob es städtische Fläche gibt

Das zumindest haben die örtlichen Sozialdemokraten im Stadtrat angeregt. Die Verwaltung möge prüfen, so ihr Antrag, ob es im Stadtgebiet eine geeignete städtische Fläche gebe, auf der eine Tiny-House-Siedlung entstehen könnte. Das Gebiet sollte so groß sein, dass bis zu 30 Mini-Häuser darauf Platz finden.

Den Vorstoß begründet die SPD-Fraktion mit dem hohen Interesse an dieser Wohnform und den damit verbundenen Vorteilen für das Klima. „Der Mangel an günstigem Wohnraum in unserer Stadt ist nachweislich vorhanden“, so der Fraktionsvorsitzende Klaus-Dieter Salewski. „Endliche Ressourcen, auch an Flächen, und der Klimawandel sowie der verstärkte Ruf nach einem genügsameren Leben beschäftigt zwischenzeitlich auch viele Menschen vor Ort.“ Für sie könne diese Wohnform eine Alternative sein.

Die Lüneburger Verwaltung hat den Antrag bereits geprüft. Ihr Fazit: Grundsätzlich sei die Ausweisung einer Tiny-House-Siedlung möglich. Voraussetzung ist ein positives Votum des Stadtrats, außerdem müsse ein geeignetes Grundstück verfügbar sein. Dann könne jederzeit ein Bauleitplanverfahren nur für diese Wohnform eingeleitet werden.

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Als Tiny Houses werden in der Regel kleine Wohngebäude in Modulbauweise, zumeist aus Holz, bezeichnet. Die Mini-Häuser gelten als Bauwerke und haben normalerweise eine einfache und funktionelle, aber vollständige Ausstattung. Sie sind etwa 7,50 Meter bis neun Meter lang und 2,50 Meter bis fünf Meter breit. Außer Ein-Raum-Häuschen ist auch eine zweigeschossige Bauweise möglich. Ein Tiny House kann eine Wohn- und Nutzfläche von 15 bis 75 Quadratmetern haben und ist für ein bis zwei Personen geeignet. Da zu weiteren Gebäuden ein Mindestabstand eingehalten werden muss, erfordert – so die Rechnung der Verwaltung – ein solchen Haus einen Grundstücksanteil von mindestens 125  Quadratmeter. Hinzu kommen Flächen für Wege und Stellplätze. Für die angestrebte Siedlung mit etwa 30 Mini-Häusern wäre eine Fläche von etwa 5000 bis 10.000 Quadratmeter erforderlich.

„In diesem Sinne ist ein ‚Tiny-House’ als ein kleines, freistehendes Einzelhaus zu betrachten“, so Stadtbaurätin Heike Gundermann in der Stellungnahme für die politischen Gremien. Der Gebäudetyp sei baurechtlich nicht eigenständig definiert, es gälten dieselben Bauvorschriften wie für größere Wohnhäuser. Auch seien die entsprechenden Erschließungsanlagen erforderlich. Wenn all dies eingehalten werde und auch die entsprechenden Bebauungspläne beachtet würden, sei es in allen Baugebieten der Stadt grundsätzlich zulässig, diesen Haustyp zu errichten.

Vorteile von Tiny Houses? Stadtverwaltung ist skeptisch

Bei der Frage nach den speziellen Vorteilen von Tiny Houses ist man im Rathaus jedoch zurückhaltend. Dies liegt vor allem an der benötigten Grundstücksfläche. Hinsichtlich der Dichte und des sparsamen Umgangs mit Grund und Boden seien keine Vorteile gegenüber einem kostengünstigen Geschosswohnungsbau erkennbar, heißt es aus der Lüneburger Verwaltung. Lediglich der geringe individuelle Flächenbedarf sowie die zumeist für den Bau verwendeten nachhaltigen Rohstoffe sprächen für diese Wohnform. Auch ein Kostenvorteil – einer der zentralen Entscheidungsgründe für die zumeist jungen Nutzer – ergebe sich nur bei niedrigen Bodenpreisen.

Den Vorschlag der AfD, zunächst in der bestehenden Bauwagensiedlung am Wienebütteler Weg Flächen für Tiny Houses zu schaffen, wies die Verwaltung zurück. Diese Fläche sei im Flächennutzungsplan als Sondergebiet für „Experimentelle Lebensstile“ ausgewiesen und somit nur für Bauwagen, jedoch nicht für Tiny Houses, geeignet. Der Stadtrat hatte das Thema zur Beratung in den Ausschuss für Bauen und Stadtentwicklung verwiesen. Dieser hatte sich nun dafür ausgesprochen, eine passende Fläche für eine Tiny-House-Siedlung zu suchen.

Projekt an der Leuphana Universität:

  • Die Tiny House Initiative ist aus einem studentischen Projekt an der Leuphana Universität Lüneburg hervorgegangen. Mit ihrem selbst gebauten Tiny House informiert sie seit 2018 auf dem Unicampus über diese Wohnform. In mehreren Workshops wurde das Mini-Haus weiter ausgebaut.
  • Die „Villa Diogenes“ (11 Quadratmeter) ist nach dem Philosophen benannt, der sich auf wesentliche Grundbedürfnisse beschränkte.
  • Wer ein Tiny House kaufen will, muss dafür dem Tiny House Verband zufolge etwa 35.000 bis 120.000 Euro zahlen.