Jesteburg. Neue Betten und Kapazitäten: Warum in Jesteburg künftig noch mehr für Schlaganfallpatienten und Unfallopfer getan werden kann.

Die Waldklinik in Jesteburg ist kaum wiederzuerkennen. Es gibt einen neuen Innenhof und ein 6000 Quadratmeter großes neues Bettenhaus, dessen Böden, Wände, Türen und Stühle im Inneren farblich an eine Heidelandschaft erinnern sollen. Bodentiefe Fenster lassen viel Licht in die Flure und Zimmer der Stationen. „Die Arbeiten werden in den nächsten Tagen weitgehend abgeschlossen sein“, sagt Hans-Heinrich Aldag, Inhaber und Geschäftsführer der Klinik, im Gespräch mit dem Abendblatt.

Der Ausbau ist mit 21 Millionen Euro die größte Investition am Krankenhaus seit der Eröffnung 1926. Allein muss Aldag die Finanzierung nicht stemmen. Nachdem die Vorbereitungen 2015/16 begonnen hatten, hatte sich der Niedersächsische Krankenhaus-Planungsausschuss Mitte Juni 2018 festgelegt: Für den Ausbau der Krankenhausbetten und die nun in den obersten Stock des Neubaus verlegten 17 Betten der Intensivstation fließen elf Millionen Euro nach Jesteburg. Weitere sechs Millionen finanziert die Klinik über Darlehen. Zusätzliche drei Millionen Euro gehen allein in den modernen Brandschutz, dessen Alarmleitungen nun auch im Altbau samt IT-Ausstattung in neu gestalteten Decken liegen. Eine weitere Million Euro wird für Notaggregate, die Heizungssteuerung, einen größeren Parkplatz und einen Notfall-Landeplatz für Hubschrauber ausgegeben.

Elf Millionen Euro für den Ausbau kommen vom Land

Das Geld vom Land zeigt, wie sehr das Sozialministerium vom Konzept überzeugt ist. Denn Niedersachsen stellt bei einem von der Branche errechneten aktuellen Investitionsstau von mehr als zwei Milliarden Euro derzeit jährlich gerade 120 Millionen Euro für Investitionen bereit.

Der graue Verbindungstrakt  bindet den Neubau an.
Der graue Verbindungstrakt bindet den Neubau an. © Rolf Zamponi

„Wir bieten die Neurologische Rehabilitation (Reha) in allen Phasen nun mir einer noch höheren Kapazität an“, sagt der Ärztliche Direktor der Waldklinik, Hans-Peter Neunzig. Diese Reha ist vor allem nach Schlaganfällen und schweren Unfällen notwendig. Sie beginnt in der Waldklinik als Frührehabilitation mit den schwersten Fällen auf der Intensivstation, wo Patienten beatmet werden können. Es folgen zwei weitere Phasen, an deren Ende die Patienten wieder laufen sollen und im Alltag mobil sind.

Heiner Austrup ist der neue Chefarzt der Orthopädie

Neben der abschließenden Stufe der neurologischen Reha steht die Orthopädie mit 50 Betten. Seit dem 1. Januar wird sie von Chefarzt Heiner Austrup geführt wird. Er war zuletzt, wie berichtet, vom Krankenhaus Winsen nach Jesteburg gewechselt.

Die ambulante Reha, bei der Patienten nur tagsüber in der Klinik sind und ambulante, von Hausärzten verschriebene Therapien runden das Angebot ab. „Landesweit sind zehn spezialisierte Kliniken in der Arbeitsgemeinschaft (AG) Frührehabilitation vertreten“, sagt Neunzig, der der AG vorsteht. „Wir sind zwischen den Krankenhaus-Konzernen der einzige Mittelständler.“

Geriatrische Rehabilitation als neue Station

Ergänzt wird das Ausbauprogramm nun durch eine Station, die in kernsanierten Räumen im Altbau entsteht. Dort ist eine geriatrische Reha für ältere Menschen mit neuen Bädern, Aufenthalts-, Arzt- und Therapieräumen sowie neu gestalteten Fluren vorgesehen. Sie soll vor allem Patienten aus den beiden Kreis-Krankenhäusern in Winsen und Buchholz aufnehmen. „Wir verhandeln derzeit mit den Landesverbänden der Krankenkassen darüber, dass solche Menschen bei uns aufgenommen werden können“, so Aldag. Sollte man sich nicht einigen, würde die Erweiterung in den Rehabereich für Menschen kurz vor der Entlassung integriert. Auch diese Station soll bis Jahresende bereit stehen.

Die Kapazität der Klinik steigt mit dem Ausbau von 164 auf rund 220 Betten. Mit der Geriatrie werden sogar 240 Betten erreicht. Unter ihnen sind künftig 75 Krankenhausbetten, in denen die schwersten Rehafälle behandelt werden. Um alle Möglichkeiten ausschöpfen zu können, müssen 60 Vollzeitplätze in der Klinik neu besetzt werden. „Das entspricht aufgrund von Teilzeitarbeit 80 bis 85 Personen“, sagt Aldag. Bis auf etwa 15 bis 20 Pflegekräfte sind sie inzwischen alle an Bord. Die Crew umfasst nun 460 Beschäftigte.

Die Einstellung von neuem Personal geht voran

„Wir haben allein vom dritten Quartal 2020 bis heute etwa 60 Mitarbeiter eingestellt“, sagt Jan Lehmbruck als Personalleiter der Klinik. Das gelang, nachdem vor zweieinhalb Jahren eine Arbeitsgruppe mit dem Ziel aufgestellt wurde, die Marke Waldklinik bekannter zu machen und dadurch die Zahl der Bewerber zu steigern. „Es ging darum, möglichst viele Kanäle für die Werbung zu nutzen. Wir posten verstärkt auf

Die Führungscrew der Waldklinik (v.l.): Hans-Peter Neunzig, der Ärztliche Direktor, Juliane Boyke-Glock, die kaufmännische Leiterin, Inhaber Hans-Heinrich Aldag und sein Sohn Nils, der Leiter der Unternehmensentwicklung.
Die Führungscrew der Waldklinik (v.l.): Hans-Peter Neunzig, der Ärztliche Direktor, Juliane Boyke-Glock, die kaufmännische Leiterin, Inhaber Hans-Heinrich Aldag und sein Sohn Nils, der Leiter der Unternehmensentwicklung. © Waldklinik

Facebook, sind auch auf anderen Social-Media-Kanälen vertreten und haben unsere Homepage für Smartphones und Tablets umgestaltet. Inzwischen sind wir sogar auf dem Audio-Streaming-Dienst Spotify vertreten“, beschreibt Lehmbruck die Strategie. Solange die Kinos offen waren, konnte man auch dort Spots sehen, die die Vorzüge der Arbeitsplätze in Jesteburg preisen.

Die Corona-Krise hat die Waldklinik im vergangenen Jahr mit Hilfe der Unterstützung von Land und Bund mit schwach schwarzen Zahlen meistern können. „Wir haben Gruppen deutlich verkleinert, sie in die Fortbildungsakademie abseits des Haupthauses oder ins Freie verlegt“, beschreibt Therapieleiterin Petra Böker das Vorgehen. So mussten keine Bereiche geschlossen werden. Kurzarbeit wurde vermieden, weil Therapeuten aus der Reha in die Pflege wechselten.

Einbußen durch Corona sollen wieder kompensiert werden

Anfang diesen Jahres hatten sich dann doch 20 Patienten mit dem Corona-Virus infiziert, so dass eine Reha-Station unter Quarantäne gestellt werden musste. „Zwar wurden 60 Prozent der sonst anfallenden Erlöse vom Land ersetzt. Da wir aber in der Reha eine 90-prozentige Auslastung brauchen, hat sich das finanziell bemerkbar gemacht“, sagt Aldag. Jetzt gehe es darum, die Einbußen auszugleichen. Das wird zum großen Teil davon abhängen, ob der positive Trend bei den Infektionszahlen anhält.

Ist das der Fall, könnte doch noch eine Feier im neuen Therapiegarten zum Start in die neue Waldklinik möglich werden. Ihr Chef peilt dafür derzeit den August an.