Buchholz. Drei Stunden Verspätung beim Ausflug zum Brocken. Zufall? Zahlreiche Züge fallen auf der Strecke aus, die die Gesellschaft abgibt.

Es sollte der perfekte Fahrradausflug werden. Per Erixx von Holm-Seppensen nach Bad Harzburg, von dort mit dem E-Bike zum Brocken und auf demselben Weg zurück. Christian Stein und sein Freund erreichten den höchsten Harzgipfel, auf dem Ende April noch Schnee lag und sie kamen auch wieder zurück nach Hause. Doch es dauerte alles knapp drei Stunden länger als erwartet. Warum?

Weil sowohl auf der Hin- als auch auf der Rückfahrt jeweils ein Zug ausfiel. Kein Einzelfall. „Das war ein ganz schlechter Service“, sagt Stein über die Eisenbahngesellschaft mit Hauptsitz in Celle. Dabei fährt der 16-Jährige, der das Albert-Einstein-Gymnasium in Buchholz besucht, aus Überzeugung für den Umweltschutz gern mit der Bahn.

Ohne FFP-2-Maske durfte Jugendlicher nicht einsteigen

An diesem 24. April mussten die beiden Jugendlichen zunächst ihren Start verschieben, weil ein späterer Anschlusszug in Hannover ausfiel. Als sie eine Stunde später einsteigen wollten, stoppte sie der Schaffner, weil Christians Freund keine FFP-2-Maske dabei hatte. Die verlangte der Erixx an diesem Tag erst seit wenigen Stunden. Auf dem Rückweg fiel die Verbindung zwischen Hannover und Holm-Seppensen aus. „Da sind wir nach Bremen und von dort nach Buchholz gefahren“, erklärt der Schüler den Umweg.

Anfang Mai hat er am Rechner überprüft, ob er im April einfach einen schlechten Tag erwischt hatte oder ob es weiter solche Ausfälle geben würde. „Für Sonntag, 9. Mai, bin ich am Bildschirm auf mindestens 27 Ausfälle für einem Tag gekommen“, zählte er zusammen und fragt nun nach den Ursachen. Die nennt Björn Pamperin, der Sprecher der Bahngesellschaft Erixx.

Deutlich mehr Ausfälle und kurzfristige Absagen von Fahrten

Während der vergangenen Tage gab es danach tatsächlich deutlich mehr Ausfälle und kurzfristige Absagen von Fahrten. „Dafür gibt es leider nicht den einen Grund“, so Pamperin. „Wir haben einen leicht erhöhten Krankenstand bei den Lokführern.“ Dabei handele es sich nicht um Corona Erkrankungen, sondern vielfältige Krankschreibungen. „Tatsächlich aber mehr als üblich und leider teilweise kurzfristig.“

Im Mai musste Erixx jeweils nach Bedarf auf vier bis sechs Leih-Lokführer von Zeitarbeitsfirmen zurückgreifen. Selbst bei der Nahverkehrsgesellschaft Niedersachsen. (LNVG), die die Zugfahrten bestellt, war das Fehlen von Lokführern aufgefallen. „Wir sehen inzwischen aber eine deutliche Verbesserung“, sagt Dirk Altwig, Sprecher der Nahverkehrsgesellschaft.

Corona-Pandemie hatte keine Auswirkungen auf den Betrieb

Zusätzlich gab es einen Fehler in der Planung, räumt der Erixx-Sprecher ein, so dass die Krankenmeldungen nicht wie sonst möglich kompensiert werden konnten. „Der Fehler ist inzwischen behoben, kann sich aber noch ein paar Tage auswirken.“ Er ist jedoch sicher: 27 Ausfälle habe er am 9. Mai nicht gefunden.

Die Corona-Pandemie habe bei den Ausfällen keine Auswirkungen auf den Betrieb gehabt. „Es gibt derzeit keine Infektions- oder Quarantäne-Fälle bei Erixx“. Auch der Betreiberwechsel beim Heidekreuz habe keine Auswirkungen auf den Service.

Ein Erixx-Zug hält an einem Bahnhof. Solche Triebwagen setzt die Gesellschaft auf mehreren Strecken ein.
Ein Erixx-Zug hält an einem Bahnhof. Solche Triebwagen setzt die Gesellschaft auf mehreren Strecken ein. © Franz, Christian

Die Strecken des Heidekreuzes führen von Buchholz nach Hannover und von Bremen nach Uelzen und kreuzen sich dabei in Soltau. Sie werden nach einem euroweiten Wettbewerb vom 12. Dezember an von der Deutsche Bahn übernommen. Der Vertrag läuft bis Ende des Jahres 2029.

Mitarbeiter haben Anspruch darauf, übernommen zu werden

„Wir bedauern die Entscheidung um das Heidekreuz nach wie vor sehr – aber das ist nun mal der Wettbewerb. Wir haben während der Pandemie gezeigt, wie leistungsfähig Erixx ist und ausschließlich im Interesse der Fahrgäste handelt. Das macht uns sehr froh und stolz“, sagt Pamperin. Die Entscheidung, nun an anderen Ausschreibungen teilzunehmen, sei dabei unabhängig von bestehenden Netzen oder zuvor verlorenen Ausschreibungen. „Die notwendigen Kapazitäten sind grundsätzlich vorhanden beziehungsweise können bei Bedarf aufgebaut werden.“ Nähere Einzelheiten nennt der Sprecher nicht. Grundsätzlich gilt: Die knapp 100 betroffenen Erixx-Mitarbeiter am Heidekreuz haben einen Rechtsanspruch darauf, von der Bahn als neuen Linienbetreiber übernommen zu werden. „Das entscheidet am Ende jeder Mitarbeiter selbst“, so Pamperin.

Klar ist: Die Finanzierung für die durchgehende Wochenend-Verbindung von Buchholz nach Hamburg-Harburg wird auch mit der Deutschen Bahn bestehen bleiben. „An der Finanzierung werden sich Hamburg und Niedersachsen beteiligen“, sagte LNVG-Sprecher Altwig. Bis zum 12. Dezember wird der Erixx noch für diese Verbindung sorgen.

Pflicht zum Tragen von FFP-2-Masken soll aufgehoben werden

„Wir werden alles dafür tun, den vollen Service bis zum letzten Tag anzubieten.“, versichert Pamperin. „Bis dahin nehmen wir unsere Aufgaben sehr ernst und werden alles unternehmen, alle Fahrten und Angebote zu liefern.“ Am 24. April, als die beiden Jugendlichen wenige Stunde nachdem Erixx die FFP-2-Masken verbindlich gefordert hatte, ihren Zug besteigen wollten, hätte in Holm-Seppensen Kulanz gelten sollen. Für alle, die wie Christian Steins Freund eine solche Maske, die bald nicht mehr Pflicht sein soll, nicht vorweisen konnten. Freundliche Hinweise statt Verbote. Doch die beiden Freude auf dem Weg nach Bad Harzburg konnten nicht zusteigen. Als sich eine der Mütter später beschwerte, habe sich Erixx pflichtbewusst entschuldigt. Geht doch.

Über die Erixx-Züge:

Die Erixx GmbH ist eine 100-prozentige Tochter der Osthannoverschen Eisenbahnen AG (OHE). Im Rahmen einer Ausschreibung 2011 erhielt die OHE den Auftrag zum Betreiben des so genannten Heidekreuzes bis zum Fahrplanwechsel im Dezember 2021. Seit dem 14. Dezember 2011 befährt die erixx GmbH mit insgesamt 25 Triebwagen das Kreuz mit den Strecken Hannover-Buchholz (RB38) und Bremen-Uelzen (RB37).

  • Zusätzlich sind die Erixx-Züge seit dem 14. Dezember 2014 mit 28 Triebwagen im sogenannten DINSO II-Netz unterwegs. DINSO steht für Diesel-Netz Niedersachsen Süd-Ost und umfasst die Strecken Hannover-Bad Harzburg (RE10), Bad Harzburg/Goslar-Braunschweig (RB42/43), Braunschweig-Uelzen (RB47) sowie die Strecke Lüneburg-Dannenberg (RB32). An Bord aller erixx Züge gilt ein Alkoholkonsumverbot.