Jork. Corona schwebt wie ein Damoklesschwert über den Obsthöfen“, sagt Obstbauer Ulrich Buchterkirch.
Können ausländische Saisonkräfte überhaupt zur Apfelernte ins Land kommen? Wie bringt man sie unter, um Infektionen zu vermeiden? Und was, wenn es doch zu Corona-Fällen auf einem Betrieb kommt? Für die Landwirte sind vor dem Start der Ernte noch einige Fragen offen. In den wichtigsten Apfelregionen Deutschlands – allen voran im Alten Land – beginnt die Apfelernte - doch wegen der Corona-Krise sind die Auflagen für Landwirte in diesem Jahr besonders umfangreich.
„Corona schwebt wie ein Damoklesschwert über den Obsthöfen“, sagt Obstbauer Ulrich Buchterkirch. Die Ernte werde spürbar von den Auswirkungen der Corona-Pandemie geprägt sein. „Es ist eine angespannte, ungewohnte Situation“, meint der Vorsitzende der Fachgruppe Obstbau beim niedersächsischen Landvolk.
Natürlich gebe es die Angst vor einem Infektionsfall und den daraus folgenden Konsequenzen. „Die Landwirte haben ein großes Interesse daran, die Verordnungen für die Saisonarbeitskräfte im Hinblick auf den Arbeits- und Gesundheitsschutz einzuhalten“, betont Buchterkirch. Viele der Arbeitskräfte kommen ihm zufolge schon jahrelang auf die Höfe. Ein Großteil der Erntehelfer kommt aus Polen und es wird derzeit nicht damit gerechnet, dass sie Probleme bei der Einreise haben werden.
Kleine Arbeitsgruppen
Außerdem gebe es nach der Ernte von Erdbeeren und Spargel auch schon Erfahrung im Umgang mit den Einschränkungen durch das Virus, berichtet Buchterkirch. Sollten die Helfer aus einem Risikogebiet einreisen, müssen sie sich auf das Corona-Virus testen lassen. Auch ein Wiederholungstest sei ebenfalls kostenfrei, sagt der Experte vom niedersächsischen Landesbauernverband.
Zur Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben seien Konzepte entwickelt worden, die Kontakte auf ein Minimum reduzieren sollen. „Es werden kleine Arbeitsgruppen gebildet, die gemeinsam arbeiten“, sagt der Obstbauer.
Im Alten Land an der Niederelbe, dem größten zusammenhängenden Obstanbaugebiet in Deutschland, werden die Äpfel etwa sieben Wochen lang von Anfang September bis Ende Oktober geerntet. Trotz Virus-Krise rechnet das Landvolk mit einer durchschnittlichen Ernte. „Mit der Qualität sind die Obstbauern in diesem Jahr aufgrund der hohen Sonneneinstrahlung sehr zufrieden“, sagt Buchterkirch. Auch die Menge, die an den Bäumen hängt, stimme.
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Vorschriften in den einzelnen Ländern sind unterschiedlich
Diese Einschätzungen aus dem Norden werden auch im Süden Deutschlands geteilt. „Wir müssen uns vorbereiten, die Hygienevorschriften beachten, Desinfektionsmittel bereitstellen“, sagt der Obstbauer Johannes Michel. Der Landwirt aus Frickingen am Bodensee erwartet in diesem Jahr Saisonkräfte unter anderem aus Polen und Rumänien. Allerdings hat er Sorge, dass die Helfer auch wirklich einreisen können. „Die Vorschriften in den einzelnen Ländern sind unterschiedlich. Und die Erntehelfer aus Rumänien müssen bei der Anreise beispielsweise mehrere Grenzen überqueren.“
Zudem stehe die Ernte erst in ein paar Wochen an. „Was, wenn bis dahin eine zweite Welle droht?“ Um Infektionen möglichst zu verhindern, müssen die Bauern einiges beachten: Neben der Einteilung in kleinere Erntegruppen und der Bereitstellung etwa von Desinfektionsmitteln müsse beispielsweise auch eine Gefährdungsbeurteilung vorliegen, die der Arbeitgeber für seine Beschäftigten erstellt, sagt eine Sprecherin Wirtschaftsministeriums in Baden-Württemberg. Kontrolliert werde die Einhaltung durch die Arbeitsschutzbehörden.
Auch in Lindau am Bodensee werden die Saisonkräfte nach der Einreise auf Covid-19 getestet. Das Problem sei jedoch, dass sie auch erst arbeiten dürften, wenn das Ergebnis vorliege, sagt Martin Nüberlin von der Erzeugergemeinschaft Lindauer Obstbauern. „Wir haben aber keine industrielle Produktion – wir müssen ernten, wenn die Äpfel reif sind.“ Durch das heiße Wetter sei es dieses Jahr schon früh so weit. Wenn die Testergebnisse aber auf sich warten ließen, müsse man im dümmsten Fall zuschauen, wie die Äpfel von den Bäumen fielen.
In den Unterkünften nur halb so viele Erntehelfer
In Rumänien und Bulgarien sind einige Regionen derzeit Risikogebiete. „Die Sorge ist sehr groß“, sagt der Vorsitzende der Obstregion Bodensee, Thomas Heilig. Es sei noch nicht sicher, ob die Saisonkräfte einreisen können. Zudem dürfen in den Unterkünften nur halb so viele Erntehelfer untergebracht werden wie zu anderen Zeiten. Heilig selbst setzt in diesem Jahr auf angemietete Container, um weiteren Platz für seine Mitarbeiter zu schaffen.
Sollte es auf einem Betrieb zu Corona-Fällen kommen, greift nach Angaben des baden-württembergischen Sozialministeriums das örtliche Gesundheitsamt ein. Personen, die direkt Kontakt zu Verdachtspersonen hatten, müssen in Quarantäne und werden gegebenenfalls getestet, wie ein Sprecher sagt. Bei größeren Ausbrüchen kann auch das Landesgesundheitsamt zur Unterstützung hinzugezogen werden.