Lübecker Bucht. O wie Ostsee, F wie Fischbrötchenstraße – in seinem Buch verrät Reiseexperte Lerchenmüller, was die Lübecker Bucht zu bieten hat.

„Fast alles über die Lübecker Bucht“, verspricht der Autor Franz Lerchenmüller in seinem gleichnamigen Buch. Und tatsächlich hat der Reisejournalist reichlich Wissenswertes über die beliebte Ostseeregion aufgeschrieben – herausgekommen ist ein etwas anderer Reiseführer von (fast durchgehend) A bis Z. Das Abendblatt stellt einige Punkte seiner alphabetischen Auflistung vor.

A
Autobahn: Die Autobahn A 1 zwischen Puttgarden und Hamburg verbindet die Lübecker Bucht mit dem Rest des Landes. Und wie schreibt Franz Lerchenmüller ganz richtig: Geradezu liebevoll sorgen Straßenplaner pünktlich zu Beginn jeder Urlaubssaison für ein paar ordentliche Baustellen.

Anreise: Heute stehen Autofahrer auf der A 1 im Stau, früher war aber auch nicht alles besser. Als der Badetourismus Mitte des 19. Jahrhunderts begann, war die Anreise eine echte Herausforderung. Lange geschah diese per Schiff. Von Lübeck aus ging es per Dampfboot an die Küstenorte. Oder man fuhr per Postkutsche an die Ostsee. Die dauerte von Lübeck bis Eutin einen ganzen Tag. „Strandurlaub war ein Vergnügen für Vermögende“, so Lerchenmüller.

Lübecker Bucht an der Ostsee: Badespaß oder Geschichtsunterrricht

B
Badebetrieb: Die Engländer haben es erfunden. 1802 gründeten zehn Herren in Travemünde eine Seebadgesellschaft, Norderney und Heiligendamm hatten das vorgemacht. Fischer und Bauern in den kleinen Orten vermieteten diesen frühen Badetouristen eine Stube und besserten so ihre Kassen auf. Haffkrug war ganz früh dabei: Schon 1813 durfte es sich Heilbad nennen und öffnete 1840 das Elisabethbad. Scharbeutz folgte zehn Jahre später mit dem Augustbad.

C
Cap Arcona Ehrenfriedhof: Der 3. Mai 1945 war der schlimmste Tag in der Geschichte der Lübecker Bucht. Britische Bomber griffen die „Thielbek“ und die „Cap Arcona“ an, weil sie sie für deutsche Truppen-Transporter hielten. Tatsächlich waren auf den Schiffen KZ-Häftlinge und keine Nazis. Die „Thielbek“ sank sofort, von 2800 Häftlingen überlebten 50. Die „Cap Arcona“ explodierte und fing Feuer, ging dann unter. 4500 Menschen starben, 350 überlebten. Der Ehrenfriedhof Cap Arcona in Neustadt erinnert an sie.

D
DDR: Boltenhagen, Groß Schwansee, Barendorf und Priwall – dort standen früher Wachtürme. Die Küste des Klützer Winkels war bis 1989 Landesaußengrenze der DDR und wurde entsprechend bewacht. Der Strand von Brook war komplett abgesperrt. Rund 5000 Menschen schreibt Franz Lerchenmüller sollen im Laufe der Jahrzehnte versucht haben, über die Ostsee in den Westen zu fliehen.

E
Ebert, Friedrich: Der erste Präsident der Weimarer Republik besuchte 1919 Haffkrug und das dortige Kinderheim. Ein Fotograf fotografierte den Reichspräsidenten beim Planschen in der Ostsee. Am 21. August 1919 wurde das Foto gedruckt. Das war ein Skandal. Denn: Friedrich Ebert badete in kurzen Badehosen, also quasi nackt, statt im Ganzkörperanzug.

Fischbrötchen an der Lübecker Bucht: Urlaubskultur an der Ostsee

F
Fischbrötchen: Das Fischbrötchen ist ein Stück Urlaubskultur und für viele Urlauber gilt es als das einzig Wahre an der Ostsee. Die Touristiker an der Lübecker Bucht haben diesem Gaumenschmaus sogar eine Fischbrötchenstraße gewidmet, zwischen Rettin und Travemünde.

Die „Passat“ am Priwall in Travemünde ist ein Hingucker.
Die „Passat“ am Priwall in Travemünde ist ein Hingucker. © A.Laible | Andreas Laible

G
Gut Görtz: Aus Schrott aus Afrika haben Künstler aus Zimbabwe Skulpturen geschaffen, die der Hingucker sind auf Gut Görtz. Im Herrenhaus kann gefeiert werden, und im Kälberstall serviert man Blechkuchen und Pizza.

H
Hemmelsdorfer See: Der fünf Kilometer lange See ist ein Überbleibsel der Eiszeit. Vor 11.600 Jahren schmolzen die Gletscher und hinterließen Rinnen und Becken, die sie zuvor ausgefräst hatten: die Kuhle der späteren Ostsee etwa oder die Hemmelsdorfer Förde. Erst seit 200 Jahren hat der See seine heutige Form, der südliche Teil ist bis zu 39,5 Meter tief: Dort ist Deutschlands tiefster Punkt.

K
Küstenwanderung: Ostsee, das ist nicht nur faul am Strand liegen. Lerchenmüller beschreibt eine Küstenwanderung von Sierksdorf Richtung Süden durch Haffkrug bis Scharbeutz vorbei an einem Park mit Kiefern, Eichen und Ahorn.

Auf Promi-Jagd an der Ostsee

L
Lagerfeld, Otto und Karl: Otto Lagerfeld, der Vater des berühmten Karl Lagerfeld, kam 1881 in Neustadt zur Welt und gründete 1925 in Hamburg die Firma Glücksklee (Dosenmilch) und baute in Neustadt eine Fabrik auf. Ab 1933 wurden auch die Weißblech-Dosen in Neustadt produziert.

M
Müller-Stahl, Armin: Der Schauspieler lebte einen Teil des Jahres in Sierksdorf, den anderen in Los Angeles. Seit 2010 ist er Ehrenbürger von Schleswig-Holstein.

N
Niendorfer Hafen: Der Hafen wurde von 1920 bis 1922 erbaut. Der kleine Hafen ist heute immer noch der schönste und geschlossenste an der Lübecker Bucht. Heute gibt es nur noch zwei Fischer. Heute liegen dort Ausflugsschiffe für Touristen.

Erinnert in ihrer Form an einen Fisch oder eine Kaulquappe: die Seebrücke in Niendorf.
Erinnert in ihrer Form an einen Fisch oder eine Kaulquappe: die Seebrücke in Niendorf. © www.ostsee-schleswig-holstein.de / Leo Bloom | www.ostsee-schleswig-holstein.de / Leo Bloom

O
Ostsee: Als Warmduscherpfütze wird die Ostsee manchmal verspottet. Unterschied zur Nordsee: Die Gezeiten sind kaum wahrnehmbar, das Wasser ist weniger salzig, und es gibt kein Watt. Es geht hier milder zu mit weniger Naturgewalten. Die Ostsee ist 412.500 Quadratkilometer groß und bis zu 459 Meter tief, im Durchschnitt allerdings nur 52 Meter. Die Ostsee ist durch Gülle von den umliegenden Bauernhöfen gefährdet: Phosphat und Stickstoff gelangen ins Wasser und lassen die Algen wachsen, was dann den Sauerstoffgehalt im Wasser vermindert. Kräftige Stürme, die Salzwasser aus der Nordsee durch den Großen Belt ins Becken pumpen, sind wichtig. Dadurch wird das Wasser umgewälzt und Sauerstoff und Salzgehalt werden aufgefrischt.

P
Plagen: 2009 und 2010 passierte es das letzte Mal: Abermillionen von Marienkäfern bevölkerten die Ostsee-Strände. Eine solche Invasion kommt regelmäßig vor: Je mehr Blattläuse, desto mehr Marienkäfer, und wenn die Winde ungünstig wehen, landen sie eben an der Küste. Auch Quallen sind regelmäßig ein Problem: Ob es in den Sommermonaten in Strandnähe mehr davon gibt, hängt von den Strömungen und vom Wind ab. Ebenfalls ein Problem stellen Vibrionen dar: bestimmte Bakterien oder Blaualgen.

S
Seebrücken: Fast jeder Ort hat seine eigene Seebrücke. Die von Neustadt ist 75 Meter lang, ihr Pendant in Pelzerhaken ist doppelt so lang. Großenbrode, schreibt Lerchenmüller, wartet mit 280 Metern auf. Dahme hatte seine erste Brücke 1912, die im Winter 1921 von Eismassen eingedrückt wurde. Die jetzige ist die vierte ihrer Art und 205 Meter lang. Am auffälligsten ist die Brücke von Kellenhusen mit ihren 305 Metern Länge und drei Metern Breite. Drei große, ovale, durchlöcherte Ringe umspannen sie in Abständen.

Am Strand von Kellenhusen lässt es sich prima abschalten.
Am Strand von Kellenhusen lässt es sich prima abschalten. © picture alliance / Bildagentur-o | dpa Picture-Alliance /

T
Timmendorf kriminell: Sabine Latzel, Lokalredakteurin der „Lübecker Nachrichten“, hat einen Krimi über den Badeort geschrieben. In „Das gibt es nur in Timmendorf“ passiert kein Mord, aber es geschieht viel Übles, so Lerchenmüller.

Lübecker Bucht: Investoren kaufen alles an Häusern und Flächen

S
Versyltung: Das ist – mit Blick auf die Situation auf der Nordsee-Insel – Versyltung: Kapitalgesellschaften und andere Investoren kaufen alles an Häusern und Flächen, was auf dem Markt zu haben ist. Die Folgen: Einheimische können weder bei den Immobilienpreisen noch bei den Mieten mithalten und ziehen weg. Bis 2030 sind an der Lübecker Bucht 2100 zusätzliche Hotelbetten geplant. Die Touristiker halten das für vertretbar. Viele Menschen vor Ort sehen das anders.

W
Wagrien: Im siebten Jahrhundert nach Christus landeten Slawen an der menschenleeren Ostküste des heutigen Schleswig-Holsteins. Von der Kieler Förde bis zur Trave. Die, die sich in Ostholstein niederließen, nannte man Wagrier, die an den Buchten leben. Wer heute von Wagrien spricht, meint die Kreise Plön und Ostholstein

Z
Zeittor-Museum: Das Zeittor-Museum in Neustadt erzählt anhand bestimmter Ausstellungsstücke eine kurze Geschichte der Stadt.

Franz Lerchenmüller, „Fast alles über die Lübecker Bucht“, Verlag Vitolibro, ISBN 978-3-86940-104-1, 9,95 Euro.