Lübeck. Die Staatsanwaltschaft spricht von einer Tat aus Herrschaftsstreben. Ehemann ist zwar geständig, streitet einen Mord jedoch ab.

Im Prozess um den Mord an einer jungen Frau in einer Flüchtlingsunterkunft in Ahrensburg im Kreis Stormarn haben Staatsanwaltschaft und Nebenklage für den Angeklagten lebenslange Haft gefordert. Der geständige Angeklagte habe seine Ehefrau aus Herrschaftsstreben heraus getötet, sagte Staatsanwältin Britta Berkenbusch am Montag vor der Schwurgerichtskammer des Lübecker Landgerichts. Das Opfer habe sich von dem konservativen Ehemann emanzipieren wollen, was er nicht habe akzeptieren wollen, sagte sie.

Mord in Ahrensburg: Angeklagter wollte sich nach Italien absetzen

Die Anklage wirft dem aus Afghanistan stammenden heute 39 Jahre alten Mann vor, in der Nacht zum 6. September 2021 seine 23 Jahre alte Ehefrau erstochen zu haben. Anschließend habe er versucht, die Tat wie Suizid aussehen zu lassen und sich nach Italien abzusetzen, sagte Berkenbusch in ihrem Plädoyer. Bundespolizisten hatten ihn an der Autobahn 9 im Landkreis Hof in Bayern festgenommen.

Auch der Anwalt der Nebenklage, der die minderjährige Tochter des Ehepaares vertritt, forderte eine Verurteilung zu lebenslanger Haft wegen Mordes.

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Opfer musste lange schwarze Kleider und ein Kopftuch tragen

„Die Beziehung der Eheleute war keinesfalls von Gleichberechtigung geprägt“, sagte Berkenbusch in ihrem Plädoyer. Vielmehr hätten Zeugen ausgesagt, dass das Opfer nichts ohne die Erlaubnis des Ehemannes tun durfte. „Sie musste lange schwarze Kleider und ein Kopftuch tragen, obwohl sie das nicht wollte“, sagte die Staatsanwältin.

Der Angeklagte hatte die Tötung seiner Frau bereits zu Prozessbeginn gestanden, jedoch eine Mordabsicht bestritten. Er habe im Affekt gehandelt, hatte er ausgesagt. Seine Frau habe gedroht, dafür zu sorgen, dass er Deutschland verlassen müsse und die gemeinsame, damals zwei Jahre alte Tochter nicht mehr sehen dürfe. Darüber sei es zum Streit gekommen, der dann eskaliert sei. An mehr könne er sich nicht erinnern.

Staatsanwaltschaft: Geständnis ist eine Schutzbehauptung

Diese Aussage werteten Berkenbusch und auch der Nebenklagevertreter, Rechtsanwalt Martin Bartsch, als Schutzbehauptung. „Zeuginnen haben im Prozess ausgesagt, dass die Geschädigte Todesangst vor ihrem Mann hatte“, sagte er. Er habe nicht nur sie, sondern auch ihre Familie bedroht. Auch deshalb habe sie sich entschlossen, am 1. September aus dem Frauenhaus zu ihrem Mann zurückzukehren, sagte Bartsch. „Wenige Tage später entlud sich die Frustration des Angeklagten in 29 tödlichen Messerstichen“, sagte er.

Der Prozess wird nach Angaben des Gerichts am 27. April mit dem Plädoyer der Verteidigung fortgesetzt. Ein Urteil soll am 29. April verkündet werden.