Kiel. Einzelhandel in Pinneberg und Segeberg wird wegen hoher Inzidenzen wieder geschlossen. Modellprojekte in Schleswig-Holstein fraglich.
Schleswig-Holstein zieht die Notbremse. In den Kreisen Pinneberg und Segeberg sowie in Flensburg, die alle über dem oder nahe am Inzidenz-Grenzwert von 100 liegen, werden am kommenden Donnerstag Öffnungsschritte zurückgenommen. Der erst vor drei Wochen geöffnete Einzelhandel muss wieder schließen.
Das teilte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) am Montagnachmittag mit. Zugleich erklärte er, dass ganz Schleswig-Holstein wieder in den Lockdown gehen werde, falls die landesweite Inzidenz auf über 100 steigen werde. Derzeit liegt sie bei 68,5. Auch Kreise wie Nordfriesland (Inzidenz 22,3) müssten dann wieder die Geschäfte schließen.
Daniel Günther appelliert an Bürger
Günthers Auftritt vor der Presse unterschied sich deutlich von vielen Statements der vergangenen Wochen, in denen der Ministerpräsident immer wieder über die Rückkehr des Tourismus zu Ostern spekuliert hatte. „Alle Schleswig-Holsteiner werden gebeten, in den kommenden drei Wochen möglichst zu Hause zu bleiben“, sagte Günther während des kurzfristig anberaumten Pressetermins.
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Die steigenden Inzidenzwerte gäben Anlass zur Sorge. Er appellierte an die Bürger: „Verzichten sie auf private Treffen in Innenräumen. Wenn sich ein Besuch nicht vermeiden lässt, dann ist mein dringender Appell: Setzen Sie auch dort eine Maske auf und machen Sie einen Selbst- oder Schnelltest.“
Modellregionen sind fraglich
Ob sich Günther von der am Sonntag geäußerten Kritik der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), einige Bundesländer würden die Corona-Notbremse nicht umsetzen, angesprochen gefühlt hatte, blieb unklar. Günther sagte immerhin: „Die klaren Aussagen der Kanzlerin möchte ich ausdrücklich unterstützen.“ Schleswig-Holstein werde das vorhandene Regelwerk konsequent anwenden.
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Bei der geplanten Einführung von Modellregionen ist da durchaus noch Luft nach oben. Merkel hat am Sonntag erneut betont, dass diese Ausprobier-Klausel nur dort angewendet werden dürfe, wo die Inzidenz unter 100 liege und es zugleich ein stabiles oder sinkendes Niveau gebe. In den Bewerbungsanforderungen der Kieler Landesregierung wird zwar dieser Inzidenz-Grenzwert genannt.
Steigende Inzidenzen im Norden
Von einem stabilen oder sinkenden Niveau ist allerdings nicht die Rede. Nähme man diesen Punkt ernst, gäbe es in Schleswig-Holstein nicht mehr viele Regionen, die für Modellprojekte infrage kämen. Kiel etwa, wo man Theater öffnen will, liegt zwar unter der 100er-Grenze, aber eben bei deutlich steigender Inzidenz. Auf eine entsprechende Frage sagte Günther am Montag, man werde sich an die Regelung zum Inzidenz-Niveau halten. „Das haben wir beschlossen, das gilt.“
Die aktuellen Corona-Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:
- Hamburg: 2311 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemie-Beginn: 430.228), 465 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon auf Intensivstationen: 44), 2373 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1435,3 (Stand: Sonntag).
- Schleswig-Holstein: 1362 Corona-Fälle (477.682), 623 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 39). 2263 Todesfälle (+5). Sieben-Tage-Wert: 1453,0; Hospitalisierungsinzidenz: 7,32 (Stand: Sonntag).
- Niedersachsen: 12.208 neue Corona-Fälle (1.594.135), 168 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 7952 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1977,6; Hospitalisierungsinzidenz: 16,3 (Stand: Sonntag).
- Mecklenburg-Vorpommern: 700 neue Corona-Fälle (381.843), 768 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 76), 1957 Todesfälle (+2), Sieben-Tage-Wert: 2366,5; Hospitalisierungsinzidenz: 11,9 (Stand: Sonntag).
- Bremen: 1107 neue Corona-Fälle (145.481), 172 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 14), 704 Todesfälle (+0). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 1422,6; Bremerhaven: 2146,1; Hospitalisierungsinzidenz (wegen Corona) Bremen: 3,88; Bremerhaven: 7,04 (Stand: Sonntag; Bremen gibt die Inzidenzen getrennt nach beiden Städten an).
Ob unter diesen Umständen überhaupt Modellversuche in Schleswig-Holstein genehmigt werden können, scheint fraglich. Bis zum 12.
April, der Entscheidung über etwaige Anträge, sind es noch zwei Wochen. Bis dahin dürfte es angesichts der dritten Corona-Welle nahezu überall im Norden steigende Inzidenzen geben.
Günther sprach sich dafür aus, die Corona-Konferenzen mit der Bundeskanzlerin möglichst in Präsenz abzuhalten – und ohne Handys, damit niemand während der Beratung Inhalte weitertragen kann. „Ich hab da keinen Bock mehr drauf“, so Günther.