Kiel. Die Tourismusbranche bangt um die Pfingstsaison. Krisengespräch über Zweitwohnungen steht an.

Es klingt wie ein Echo aus einer längst vergangenen Welt – und doch ist es eine aktuelle Meldung: Am Dienstag berichtete das Statistikamt unter der Überschrift „Mehr Gäste und Übernachtungen“, dass die Touristenzahlen im Februar um 10,3 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat angestiegen seien. Mittlerweile dürfte es coronabedingt steil bergab gehen. Vermutlich wird es in diesem Jahr keinen Monat mehr geben, der mit einem Plus gegenüber dem Vorjahr aufwarten kann. „Diese Saison wird keine normale Saison sein“, sagt Cathrin Homp, Geschäftsführerin des Tourismusverbands Schleswig-Holstein.

Derzeit herrscht große Unsicherheit in der Branche. Homp: „Die Nerven sind angespannt, alle haben Angst um ihre Existenz.“ Niemand weiß derzeit, wann etwa die Hotels wieder öffnen können – und unter welchen Bedingungen.

Ministerpräsident spricht von Stufenplan

Immerhin gibt es einen Fingerzeig. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hatte im Landtag von einem Stufenplan gesprochen und als zweite Stufe die Öffnung der Touristenhotels genannt. Der erste Schritt, die Öffnung der Zweitwohnungen, soll spätestens am 4. Mai erfolgen. Am 30. April wollen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über weitere Lockerungen beraten, die dann 14 Tage später in Kraft treten könnten, also am 18. Mai. Cathrin Homp sagt: „Wenn es die Infektionslage hergibt, würden wir uns sehr freuen, wenn wir dann öffnen könnten.“ Am 18. Mai beginnen in Hamburg und in Sachsen-Anhalt die Pfingstferien, weitere Bundesländer folgen eine Woche später. Gelegenheit also, ein wenig Geld zu verdienen.

Unter welchen Umständen die Hotels in den Badeorten wieder Gäste aufnehmen könnten, ist unklar. Die Leitlinie ist immerhin bekannt: Der Infektionsschutz muss gewährleistet sein. Homp und ihre Mitstreiter im Verband sind gerade dabei, ein Konzept für eine schrittweise Öffnung zu entwickeln. „Die Branche muss so gut wie möglich vorbereitet sein, wenn es dann losgeht.“

Engstellen im Hotel erkennen

Es gehe zum Beispiel darum, Engstellen im Hotel zu erkennen – Orte also, wo die Gefahr bestehe, dass sich die Gäste zu nahe kommen könnten. „Unsere Betriebe müssen erst lernen, wie der Infektionsschutz sichergestellt werden kann.“ Die Situation der vergangenen Wochen empfindet sie als „fürchterlich“. Polizeikontrollen in der Metropolregion, Reiseverbote, ab- und ausweisende Zettel an Autos mit Hamburger Kennzeichen: „Wir haben darum gekämpft, dass Schleswig-Holstein als Urlaubsland wieder zurückkommt. Es ist so viel investiert worden. Und dann das! Es tut einem wirklich in der Seele weh.“

Jetzt kämpft Homp darum, dass in Schleswig-Holstein wenigstens ein kleiner Resttourismus möglich wird. Abstimmungen mit den Landesministerien sind nötig, zudem muss das alles auch noch bundesweit koordiniert werden. „Das ist eine echt große Herausforderung“, sagt die Geschäftsführerin.

Zweitwohnungsnutzung bleibt Thema

Eine große Herausforderung ist es offenbar auch, in Sachen Zweitwohnungsnutzung zu einer Einigung zu kommen. Zur Erinnerung: Mehrere Kreise im Land hatten im März mit eigenen Allgemeinverfügungen die Nutzung von Zweitwohnungen untersagt – wenn die Eigentümer nicht im jeweiligen Kreis wohnen. Die Landesregierung will dieses Verbot so schnell wie möglich aufheben lassen, um wenigstens diesen Teil des Tourismusgeschäfts wieder zu beleben.

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    Doch die Kreise haben stattdessen am Sonntag ihre Allgemeinverfügungen bis zum 3. Mai verlängert – mit Ausnahme des Kreises Rendsburg-Eckernförde. Ostholsteins Landrat Reinhard Sager hat am Montag die Landesregierung aufgefordert, die Verfügung aufzuheben, falls sie mit der Entscheidung der Kreise unzufrieden sei. Der Landtagsabgeordnete Christopher Vogt (FDP) sagte dazu am Dienstag: „Wenn die Kreise Unterstützung brauchen, sollen sie sie bekommen.“

    Kuriose Position

    Am morgigen Donnerstag gibt es nun ein Gespräch zwischen den Landräten der – widerständigen – Kreise Ostholstein, Nordfriesland, Plön und Schleswig-Flensburg sowie dem Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) und dem Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP). Ausgang: offen.

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      Besonders kurios mutet die Position des Kreises Nordfriesland an. Dort gilt das Zweitwohnungsnutzungsverbot ausdrücklich nicht für Bewohner der Kreise Schleswig-Flensburg, Steinburg, Dithmarschen und der Stadt Flensburg. Warum darf ein Flensburger, was ein Stormarner nicht darf? Der Kreis begründet dies damit, dass die in der Verfügung genannten Kreise zu einem Klinikverbund gehören: „Personen, die ihren Erstwohnsitz in den Nachbarkreisen haben, werden im Pandemiefall also ohnehin in den gleichen Krankenhäusern behandelt.“

      Keine zusätzliche Belastung also. Dass es in Schleswig-Holstein auch anders geht, zeigt das Kieler Universitätsklinikum. Eine geheilte Coronapatientin aus Frankreich wurde dort gestern entlassen. Das Klinikum bekundete seine Bereitschaft, weitere Patienten aus Partnerländern aufzunehmen.

      Coronavirus: Verhaltensregeln und Empfehlungen der Gesundheitsbehörde

      • Reduzieren Sie Kontakte auf ein notwendiges Minimum und halten Sie Abstand von mindestens 1,50 Metern zu anderen Personen
      • Achten Sie auf eine korrekte Hust- und Niesetikette (ins Taschentuch oder in die Armbeuge)
      • Waschen Sie sich regelmäßig die Hände gründlich mit Wasser und Seife
      • Vermeiden Sie das Berühren von Augen, Nase und Mund
      • Wenn Sie persönlichen Kontakt zu einer Person hatten, bei der das Coronavirus im Labor nachgewiesen wurde, sollten Sie sich unverzüglich und unabhängig von Symptomen an ihr zuständiges Gesundheitsamt wenden