Hamburg. Wegen Corona: Viele Austauschorganisationen holen Jugendliche nach Hause – auch aus Sorge, dass Flüge knapp werden könnten.

Henri fühlt sich eigentlich ziemlich wohl in Burlington, Wisconsin. Der 16-jährige Hamburger absolviert derzeit ein Auslandsjahr in den USA und freute sich auf eine zehntägige Reise mit seiner Schule zum Grand Canyon. Mitte Juni sollte er nach Deutschland zurückkehren. Doch nun hat seine Organisation AFS entschieden, alle Auslandsschüler vorzeitig nach Hause zu holen. Das erfuhr sein Vater Jens Kaiser, als er bei AFS nachfragte – turbulente Zeiten auch bei den Austausch-Organisationen. „Henri ist schon sehr enttäuscht“, erzählt Kaiser am Telefon.

Er selbst hat schon Verständnis dafür, dass derzeit unpopuläre Entscheidungen getroffen werden müssten. Andererseits ist er aber auch verärgert. „An sich gibt es keinen vernünftigen Grund dafür, ein Kind, das derzeit in einer Familie in den USA lebt, über mehrere große Flughäfen nach Hause zu jagen – da ist die Ansteckungsgefahr im Zweifelsfall größer“, sagt Kaiser.

Eltern machen sich Gedanken, wie sie ihre Kinder nach Hause bringen

Wie Henri geht es derzeit vielen Auslandschülern im Norden. Und viele Eltern machen sich Gedanken, wie sie ihre Kinder in den kommenden Tagen nach Hause bringen. Verschärft wurde die Situation am Montag noch einmal, als das Auswärtige Amt davor warnte, es sei mit weiter zunehmenden Einschränkungen des Luft- und Reiseverkehrs zu rechnen.

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„Das Risiko, dass Sie Ihre Rückreise aufgrund der zunehmenden Einschränkungen nicht mehr antreten können, ist in vielen Destinationen derzeit hoch“, schrieb Außenminister Heiko Maas (SPD) auf Twitter. Das war nicht auf Auslandsschüler im besonderen gemünzt, könnte sie aber gleichwohl treffen.

Meist entscheiden Partner-Organisationen vor Ort

Die 15-Jährige Pauline aus Hamburg ist seit Anfang des Jahres in Florida – sie sollte Mitte April zurückkehren. Ihr Programm wurde nun eingestellt, wie ihre Eltern von der Organisation TravelWorks erfuhren. Ebenso wie bei Henri lag die Entscheidung bei den Partnerorganisationen vor Ort. Der amerikanische Partner habe mitgeteilt, dass dieses spezielle Auslandsprogramm vorübergehend eingestellt werde, heißt es von TravelWorks. Der Stopp betreffe also nicht alle Länder, sondern hänge von den Partnern im jeweiligen Land ab. Das Reisebüro, mit dem die Organisation zusammenarbeitet, hat nun einen Rückflug für Mittwoch gebucht.

Das Austauschprogramm des Bundestages, das Parlamentarische Patenschafts-Programm, wurde bereits vergangene Woche eingestellt. Beim Hamburger Anbieter sts-education gibt es keine allgemeine Rückholaktion. „Wer möchte, kann zurückkommen – wir stellen das den Schülern und ihren Eltern frei“, sagt Stefanie Zillessen von sts-education. Einen Zwang gibt es nicht, wohl aber eine Empfehlung: „Wir haben die Eltern über die Lage informiert und raten dazu, die Auslandsaufenthalte zu beenden.“ Das war der Stand am Montag. „Aber die Lage ändert sich ja laufend“, sagt Stefanie Zillessen. Derzeit sind rund 80 Schüler mit sts-education im Ausland, weitere 30 ausländischen Schüler bei Familien in Deutschland.