Helgoland. Zwei Wikkelhouses als naturnahe Bauwerke entstehen in den Dünen, weitere sind geplant. Was hinter dem Konzept steckt.
Bekanntlich sind Norddeutsche nicht aus Pappe. Sie sind vielmehr sturmerprobt und gegen Regen gut gewappnet. Besonders auf Deutschlands einziger Hochseeinsel, wo der Wind einen auch mal umhauen kann und einem der Regen ins Gesicht peitscht, leben die Bewohner nicht nur nah am Wasser, sondern auch mit den Gezeiten. Das nun ausgerechnet dort Häuser aus Pappe entstehen, überrascht auf den ersten Blick. Auf den zweiten macht es durchaus Sinn.
Denn bei den Wikkelhouses, die am vergangenen Wochenende auf der Düneninsel aufgebaut wurden, handelt es sich um ein innovatives und nachhaltiges Konzept aus den Niederlanden. Erdacht wurde es von den kreativen Köpfen des Unternehmens Fiction Factory aus Amsterdam. Laut Unternehmensangaben haben sie vier Jahre an der Entwicklung gearbeitet. Heraus gekommen ist ein Verfahren, bei dem 24 Schichten Wellpappe so miteinander verbunden beziehungsweise verwickelt werden, dass eine robuste „Sandwich-Struktur“ dabei herauskommt. Die Macher versprechen, dass die Pappe optimal isoliert. Bewohner brauchen sich nicht davor zu fürchten, dass sie frieren oder schwitzen. Zum Schutz vor Wind und Wetter wird das Wikkelhouse am Ende mit einer Folie und Holz so verkleidet, dass es „ein Leben lang“ hält, so die Konstrukteure.
Die Papphäuser brauchen kein Fundament
Aus Sicht der Helgoländer sprechen aber noch andere besondere Eigenschaften der Wikkelhouses für ihren Aufbau auf der Düneninsel. Denn die Papphäuser sind mit etwa 500 Kilogramm leicht, brauchen kein Fundament und können damit auch auf Sand gebaut werden – und vor allem wie im Helgoländer Fall in einem besonders sensiblen Naturschutzgebiet. Dazu passt auch, dass die Papphäuser nachhaltig sind. Laut Hersteller sind sie dreimal umweltfreundlicher als traditionell gebaute Häuser. Die Teile können zudem mehrfach wiederverwendet werden, und sie sind zu 100 Prozent recycelbar.
Die Wikkelhouses sollen die hölzernen Bungalows auf der Helgoländer Düne ersetzen, die nach mehr als 30 Jahren laut Gemeinde ein Sanierungsfall waren. Sie wurden bereits abgebaut und an neue Besitzer deutschlandweit versteigert. Eines wird heute als Skihütte genutzt. Insgesamt plant Helgoland, ein Dorf aus 15 Papphäusern zu errichten. Zum Test wurden nun erst einmal zwei der Wikkelhouses geordert. In der Nacht zum Donnerstag kamen die zuvor in der Amsterdamer Werkstatt gefertigten Teile im Helgoländer Hafen an. In den vergangenen Tagen wurden sie auf der Düne von Handwerkern montiert.
„Nach jetzigem Plan gehen die beiden Einheiten ab Ende Juli, Anfang August in die Vermietung“, sagt Lars Johannson, Tourismusdirektor auf Helgoland. Wobei Vermietung es wohl nicht ganz trifft. Aufgrund der besonderen Wohnform soll auch die Vermarktung etwas anders vonstattengehen. Aufgrund der vielen Anfragen bereits im Vorfeld sollen die beiden Häuser nun wochenweise versteigert werden. Das Mindestangebot liegt bei 350 beziehungsweise 420 Euro pro Woche. Alles, was darüber hinaus geboten wird, soll zur Schaffung eines naturnahen Spielplatzes für Kinder auf der Düne genutzt werden. Die Versteigerung wird über die Homepage der Gemeinde www.helgoland.de laufen. Allerdings wird noch an der technischen Umsetzung gearbeitet. Johannson rechnet damit, dass es in den kommenden Tagen losgehen kann.
Die Besucher können entweder das kleinere Haus mit etwa 19 Quadratmetern für zwei Personen mit Schlafecke und Doppelbett, ausgestatteter Pantryküche, Wohnecke mit Couch, Esstisch, Bank und Stühlen, Schrank, Klimaanlage, Heizung und zwei Terrassen mieten. Demgegenüber steht mitten in den Helgoländer Dünen das größere Wikkelhouse mit etwa 28 Quadratmetern für bis zu vier Personen mit Schlafbereich mit einem Doppelbett sowie einer Schlafkoje mit klappbarem Etagenbett, ausgestatteter Küchenzeile, Wohnbereich mit Couch, Esstisch, Bank und Stühlen, Schrank, Klimaanlage, Heizung und Terrasse.
Weitere Informationen zu den Wikkelhouses finden sich auf wikkelhouse.com und zur Versteigerung der Mieteinheiten in den kommenden Tagen auf der Internetseite der Gemeinde auf www.helgoland.de.