Helgoland . Ersatz der Kläranlage, Hafenumbau, neues Hotel: 2019 will die Kommune der Hochseeinsel diverse Vorhaben umsetzen.
„Das ist schon für eine kleinere Gemeinde wie Helgoland ein Schluck aus der Pulle“, sagt Bürgermeister Jörg Singer mit Blick auf die geplanten Investitionen: 37 Millionen Euro will die etwa 1500 Einwohner zählende Kommune 2019 in diverse Zukunftsprojekte stecken. Das ist schon ungewöhnlich viel. Auf der anderen Seite lässt sich Deutschlands einzige Hochseeinsel schwer mit normalen Maßstäben messen. Hier sind die Bedingungen eben immer etwas anders oder besonders.
Die neue Kläranlage etwa muss Wetterbedingungen wie den starken Temperaturunterschieden gewachsen sein und gleichzeitig den aktuellen Richtlinien zur Abwasserbeseitigung entsprechen. Die Abstimmung, welches Verfahren am besten ist und auch möglichen zukünftigen Anforderungen entsprechen kann, hat mehr Zeit gekostet als erwartet. Bereits 2014 fiel die Entscheidung für den Neubau. Laut Singer soll es nun 2019 wirklich losgehen. Zehn Millionen Euro sind für den Bau vorgesehen. Denn kostspielig und manchmal auch zeitraubend wird auf Helgoland das Bauen durch den Transport von Materialien zur Insel.
So muss momentan der Bau der neuen Wohnungen auf dem Oberland wegen des Wetters ruhen. Singer rechnet damit, das 20 der bereits vergebenen 68 Wohnungen am Leuchtturmweg im Februar soweit fertig sind, dass die Mietverträge im April geschlossen werden können. Die restlichen Wohnungen sollen im Juli stehen. 15 Millionen Euro investiert die Gemeinde in den kommunalen Wohnungsbau, also den Neubau sowie Ankauf von Immobilien.
In der kommenden Saison sollen die 14 neuen und zusätzlichen Dünenbungalows fertig werden, die bei Gästen stark nachgefragt sind. Damit stehen dann 57 der Häuser zur Verfügung. Zudem ist 2019 die Errichtung von zwei aus natürlichen Baumaterialien bestehenden „Wikkelhouses“ geplant. Das innovative Projekt einer Firma aus Amsterdam soll getestet werden. Im Mai könnten sie stehen. In diesem Zusammenhang soll in Abstimmung mit den Naturschutzverbänden und der Umweltbehörde das Gebiet um den Zeltplatz neu und naturnaher gestaltet werden.
Spätestens im Februar hofft Singer auf eine Weichen stellende Entscheidung in Sachen Hotelbau. Zwei Bieter haben sich um den geplanten Bau des 200-Betten-Hauses beworben. Zuletzt wurde das Verfahren auf Eis gelegt, weil man erst ein Bodengutachten abwarten wollte. Dieses sollte in Kürze vorliegen und Klarheit über die Bedingungen und das weitere Vorgehen bringen. Zudem müssen die Kommunalpolitiker entscheiden, mit welcher der beiden interessierten Hotelgruppen sie das Wellnesshotel weiterentwickeln wollen.
Während beim Hotelbau Unternehmen das Geld mitbringen, muss Helgoland in die Sanierung und Vertiefung des Binnenhafens im Bereich des Südostufers selbst kräftig investieren. Auf zehn Millionen Euro beziffert Singer die Zukunftsinvestition in diesem Jahr, das macht 50 Prozent der Gesamtkosten aus. Auch die Verlegung des Frachtterminals gehört zu den Projekten, mit denen Helgoland sich weiterentwickeln will. Für Februar ist die Einweihung des neuen Gebäudes im Südhafen samt Büro-, Lager-, einer Verkaufsfläche sowie einem Inselcafé geplant. Damit soll Helgoland über einen modernen und funktionalen Passagier- und Frachtterminal verfügen. Gleichzeitig schafft der Umzug Platz in dem Bereich, wo heute die Fracht umgeschlagen wird – und zwar nahe der Hummerbuden.
Auf der Investitions- und Projektliste Helgolands steht zudem 2019 der Bau einer neuen Kita. „Die jetzige platzt aus allen Nähten“, erklärt Singer. Zum einen gebe es einen größeren Bedarf an Frühförderung, zum anderen verzeichne Helgoland wieder den erfreulichen Zuzug von Familien mit Kindern. Gegen alle Prognosen ist die Einwohnerzahl laut Singer 2017 um vier Prozent gestiegen. Ein Trend, der sich durch die neuen Wohnungen fortsetzen könnte, hofft er.
Um Helgoland für die Bewohner, aber auch für Touristen attraktiv zu halten, muss die ärztliche Versorgung stimmen. Das bereitet der Gemeinde etwas Kopfzerbrechen. Die jetzigen Zahnärzte und Allgemeinmediziner sind teilweise bereits im Rentenalter, Nachfolger fehlen. Der Trend gehe zu deutlich mehr weiblichen Medizinern, modernen Arbeitszeitmodellen und einer Abnahme der Bereitschaft, in teures Praxisinventar zu investieren, so Singer. Aber auch männliche Ärzte schrecke die Selbstständigkeit zunehmend. Daher will die Gemeinde mit der Gründung eines kommunalen Ärztezentrums den Grundstein für eine dauerhafte und zuverlässige Versorgung auf der Insel legen.
Gern würde Singer 2019 mit dem Alfred-Wegener-Institut bei der Realisierung des neuen Inselaquariums Bluehouse baulich vorankommen. „Doch manche Dinge brauchen einfach Zeit“, sagt er. Planungsteam und Lenkungskreis steckten in der Entwurfsphase, die Mitte 2019 abgeschlossen sein soll. Dann prüfen die Fördergeldgeber.
Die Touristen hat es zumindest 2018 nicht gestört, dass diese Projekte noch nicht fertig sind. Sie kamen so zahlreich wie lange nicht. Laut Singer waren es etwa 400.000 Gäste, so viel wie sich die Gemeinde für 2020 zum Ziel gesetzt hat. Doch Singer geht davon aus, dass die Zahl dieses Jahr wieder etwas zurückgehen wird – nach dem Super-Sommer 2018 dürfte die Wahrscheinlichkeit für einen erneuten Rekordsommer 2019 doch eher gering sein.