Bendestorf . Lothar Fox arbeitet schon seit 38 Jahren im Bendestorfer Freibad. Ohne den Mann geht dort gar nichts.
Nach Drehschluss tauchten sie alle bei ihm ab. Rudi Carrell, Uschi Glas, Horst Janson und Heinz Rühmann. Die deutsch-österreichische Schauspielerin Marika Rökk ließ bei ihm die Hüllen fallen, Curd Jürgens ließ sich treiben und Schlagersänger Roy Black ging hier baden. Schließlich liegt das Imperium von Lothar Fox nur ein paar Hundert Meter von den Bendestorfer Filmstudios entfernt. Und mancher Weltstar ließ es sich nicht nehmen, nach hitzigen Tagen am Set sich im nahe gelegenen Freibad abzukühlen.
Lothar Fox könnte noch so einige Namen prominenter Badegäste nennen, er könnte Anekdoten ausplaudern und Geheimnisse, wenn er denn nur wollte. Doch Fox, ein drahtiger Mann, stets braungebrannt und gut gelaunt, hält viel von Diskretion. „Genug ist genug.“
„Lothar ist das Herz des Freibads“
Dabei hat er vieles hautnah gesehen – der Bademeister von Bendestorf. 38 Jahre ist Lothar Fox im Dienst. Fast so lange, wie es das Freibad in Bendestorf gibt. Er kennt die alteingesessenen Bendestorfer, ihre Kinder und Enkelkinder. Über Generationen hat er den Kindern das Schwimmen beigebracht. Mit ihm verbinden viele Bendestorfer den Sommer, Badespaß, unbeschwerte Stunden am Pool.
„Lothar ist das Herz des Bendestorfer Freibades“, sagt Jörg Ramm. Er ist Vorsitzender des Fördervereins und leistet mit seinen Mitgliedern Jahr für Jahr einen wichtigen finanziellen Beitrag, damit das Bad erhalten bleiben kann. Doch Ramm weiß auch, dass Geld allein nicht reicht, um ein Bad am Laufen zu halten. Es braucht Menschen, die bereit sind, sich Saison für Saison einzusetzen und die Freude daran haben, dort zu arbeiten, wo andere Erholung suchen.
Ohne Schwimmmeister darf ein Bad nicht öffnen
Wie schwierig das ist, zeigt sich in diesem Jahr nur 16 Kilometer weiter nördlich im Waldbad Sieversen. Das Kleinod mit Schwimmbad, Babybecken und Liegewiese mit Volleyballfeld, das eigentlich Mitte Mai eröffnen sollte, muss weiterhin geschlossen bleiben.
„Uns fehlt trotz intensivster Suche noch ein Fachangestellter für Bäderwesen, der zum Betrieb gesetzlich zwingend vorgeschrieben ist“, sagt Dirk Seidler, Bürgermeister der Gemeinde Rosengarten. Auch im vergangenen Jahr konnte der Wasserspaß im Waldbad erst im Juni beginnen, weil Aufsichtspersonal fehlte. Gern würde Seidler eine Dauerlösung für das Bad finden, doch ein Interessent, der die Verantwortung für den Badebetrieb längerfristig übernehmen will, ist nicht in Sicht.
Sechs Tage in der Woche im Einsatz
So einer wie Lothar Fox, der sagt: „Das Freibad ist mein Leben. Die Menschen hier sind meine Familie.“ Einer, der jeden Besucher beim Namen kennt und persönlich begrüßt, der weiß, welche Themen bewegen und wo der Gast seine Badelatschen beim letzten Besuch abgestellt hat. Sechs Tage die Woche ist er im Einsatz. Von Mitte März bis Ende Oktober. „Ich bin der erste, der morgens aufschließt und der letzte, der das Bad am Abend verlässt“, sagt er. Er kennt sein „Baby“ mit den Maßen 25 mal 12,50 Meter aus dem Effeff und sieht sofort, wenn etwas nicht in Ordnung ist. Filteranlage, PH-Wert und Chlor werden jeden Morgen kontrolliert. Ebenso die Überlaufrinne sowie die Wassertemperatur, die bei Bedarf per Heizanlage auf angenehmen 23 Grad gehalten wird.
„Lothar sorgt für die perfekte Wasserqualität“, schwärmt sein Kollege Sven Koop. „Und er sorgt mit seiner ruhigen, gelassenen Art für Harmonie und Akkuratesse.“ Koop kümmert sich im Freibad um den Kiosk, die Eintrittskarten, Personalplanung. Es ist seine fünfte Saison. 18 Jahre hat er, gelernter Kaufmann im Einzelhandel, in einem großen Warenhaus an der Mönckebergstraße gearbeitet. Als Mitarbeiter entlassen werden sollten, zog er selbst die Reißleine und bewarb sich bei der Gemeinde. „Die Entscheidung war die beste meines Lebens“, sagt er zufrieden. „Es ging mir noch nie so gut wie heute.“
Das Bad hat den Charme der 70er Jahre
Wie sein Kollege Fox trägt auch Koop eine gesunde „Bendestorfer Grundbräune“. Und wie er schätzt er an dem Bad genau das, was es so unverwechselbar macht: den Charme der 1970er Jahre.
„Das hier ist ‘old school’“, schwärmt Sven Koop. „Kneippbecken, kleine Rutsche, Fünfziger-Jahre-Waschbetonplatten. Die Leute wollen Kontinuität, das, was sie kennen.“ In seinem Kiosk bietet er geriffelte Pommes Rot-Weiß an, Eis, saure Drops und allerhand Naschis für die bunte Tüte. Es sind eigene Kindheitserinnerungen, die er mit vielen seiner Kunden teilt.
Viele Besucher haben eine Karte für die ganze Saison
Die meisten von ihnen kommen regelmäßig, viele haben eine Saisonkarte, sie kostet 60 Euro. Überhaupt sind die Eintrittspreise moderat. Erwachsene zahlen 3,50 Kinder 1,50 Euro. Die ersten Badegäste springen morgens um 7 Uhr ins Becken. „Manche kommen nur in Bademantel und Schlappen“, sagt Lothar Fox. „Anschließend holen sie sich beim Bäcker ein paar Brötchen.“ Bei gutem Wetter wird es am Nachmittag dann richtig voll. „Viele Mütter verbringen hier mit den Kindern ihren Tag. Abends kommen die Väter dazu, essen hier und verbringen gemeinsam mit der Familie ihren Feierabend bei uns.“ Die meisten von ihnen haben in ihrer Kindheit bei Lothar Fox Schwimmen gelernt. Inzwischen gibt der Schwimmmeister allerdings keinen Unterricht mehr. Ob das Alter der Grund ist, lässt er allerdings offen.
Ans Aufhören denkt Lothar Fox daher noch lange nicht. Auch wenn die Saison anstrengend ist, er Ende Oktober, bevor er sich für ein paar Monate auf die Kanaren zurückzieht, jeden Knochen spürt. „Man muss wohl ein bisschen durchgeknallt sein, um das hier zu machen“, sagt sein Kollege Sven Koop.