Elsfleth. Das auf dem Trockenen liegende Segelschulschiff ist ein Problem für Marine und die Werft in Elsfleth. 630 Jobs betroffen.

Auf der Elsflether Werft wird derzeit viel gerechnet, kalkuliert und telefoniert. Die Werft will ihren Topauftrag - die Instandsetzung der „Gorch Fock“ - nicht verlieren. Für das mehr als 100 Jahre alte Unternehmen wäre das ein existenzielles Problem. Die Gefahr besteht aber, denn Kosten und Zeitplan sind völlig aus dem Ruder gelaufen. Der Stahlrumpf sei zu 85 bis 90 Prozent fertig, sagte Betriebsratschef Ralf Templin am Freitag nach einer Betriebsversammlung in Elsfleth. „Da kann man schon das Wort Neubau in den Mund nehmen“, sagte der Schiffbauer.

Gemeinsam mit IG-Metall-Bezirksleiter Meinhard Geiken appellierte er an die Politik, den Weiterbau der „Gorch Fock“ zu ermöglichen. Die Stimmung in der Belegschaft sei gedrückt. Allein auf der Werft geht es um 130 Arbeitsplätze. „Ich will aber nicht sagen, dass die Leute den Kopf in den Sand stecken. Das hilft ja letztendlich keinem. Ich denke, wir kriegen das Schiff wieder auf Kurs“, sagte Templin, der seit 40 Jahren auf der Werft arbeitet.

Zukunft entscheidet sich am 20. Februar

Das Projektteam „Gorch Fock“ sei „schwerstmöglich“ auch am Wochenende beschäftigt und trage unter Hochdruck die Zahlen zusammen, um der Marine endgültig sagen zu können: „Wir kriegen das Schiff für Summe XY auch fertig mit festem Zeitplan.“ Das erwartet man auch in Berlin.

Die Zukunft des 1958 gebauten Dreimasters wird sich laut Gewerkschafter Geiken vermutlich am 20. Februar entscheiden. Dieser Termin sei bei der Betriebsversammlung genannt worden. Dann wollten sich Verteidigungs- und Haushaltsauschuss mit dem Thema befassen. Der Termin wurde im Verteidigungsministerium allerdings nicht bestätigt.

630 Arbeitsplätze betroffen

Geiken betonte, das Schiff sei fast fertig. Er könne der Politik nur den Weiterbau empfehlen. Neben den rund 130 Werftarbeitsplätzen seien schätzungsweise weitere 500 bei Zulieferern in der Region von der Entscheidung betroffen. Wenn Aufträge dieser Größenordnung wegbrächen, bestünde immer auch Insolvenzgefahr, warnte Geiken. Aber davon will eigentlich niemand auf der Werft was wissen. „Wir schauen nach vorne“, sagte Templin. Die Werft in der Wesermarsch macht rund 80 Prozent ihres Umsatzes mit Aufträgen von der Marine.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte sich am Donnerstag erneut ein Bild vom Zustand der „Gorch Fock“ gemacht, die bei der Bredo-Werft in Bremerhaven im Dock liegt, das die Elsflether Werft für die Sanierung anmietete. „Mir tut es sehr leid für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die diese Phase der großen Unsicherheit aushalten müssen“, sagte von der Leyen.

Staatsanwälte ermitteln wegen Kostenexplosion

Es gibt weiter viele offene Fragen im Zusammenhang mit der Kostenexplosion und der langen Sanierung. Zwei Staatsanwaltschaften - Hamburg und Osnabrück - sind mit Ermittlungen beschäftigt. Es geht um den Verdacht der Untreue gegen einen Ex-Vorstand, um den sich die Ermittler in Hamburg kümmern und einen Korruptionsverdacht, der in die Zuständigkeit von Osnabrück fällt. In der vergangenen Woche wurde der alte Werft-Vorstand ab- und ein neuer eingesetzt.

Die neue Werftleitung müsse nun auch die Möglichkeit bekommen, sich einzuarbeiten, hatte von der Leyen gesagt. Es sei eine Frage der Fairness, dass der neue Vorstand diese Chance bekomme, um Zahlen und Fakten auf den Tisch zu legen und Transparenz herzustellen.

Die Sanierung des Dreimasters in einem Dock in Bremerhaven sollte zunächst knapp zehn Millionen Euro kosten. Inzwischen ist der Kostenansatz aber auf bis zu 135 Millionen Euro gestiegen. Der Bundesrechnungshof machte für die Kostenexplosion auch jahrelange Versäumnisse bei Bundeswehr und Verteidigungsministerium verantwortlich.