Kiel. Nach der Kommunalwahl in Schleswig-Holstein sind die beiden großen Parteien geschwächt. CDU bleibt stärkste Kraft.
Die großen Parteien schwächeln, die kleinen werden stärker: Schleswig-Holsteins Wähler haben eine Entwicklung nachvollzogen, die schon bei Landes- und Bundestagswahlen der vergangenen Jahre erkennbar gewesen war. CDU und SPD haben bei der Kommunalwahl am Sonntag verloren – die Christdemokraten etwas weniger, die Sozialdemokraten etwas mehr. Für beide sind die Verluste bitter – aber aus unterschiedlichen Gründen.
Die CDU treffen die Verluste in einer zumindest gefühlten Hochphase. Daniel Günther, CDU-Landesvorsitzender und seit Juni 2017 Ministerpräsident, hat das erste Jahr im Amt, das erste Jahr als Regierungschef einer nagelneuen Jamaika-Koalition, gut gemeistert. Die doch recht überraschend gewonnene Landtagswahl hat seiner Partei Auftrieb gegeben. Günther selbst hat sich bei den Jamaika- Koalitionsverhandlungen als umsichtiger Politiker profiliert. Er hat bei den Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene mitgewirkt. Und er hat sich zu einer Art Medienliebling entwickelt. Es gibt kaum eine große Tageszeitung in Deutschland, die ihn noch nicht interviewt hat.
Nur noch 35,1 Prozent für die CDU
Aus dieser Situation heraus das schlechteste Kommunalwahlergebnis aller Zeiten einzufahren ist natürlich enttäuschend. Die CDU hatte in nicht allzu ferner Vergangenheit, im Jahr 2003, noch 50,8 Prozent aller Stimmen bekommen. Jetzt waren es nur noch 35,1 Prozent. Abseits der TV-Interviews war in Günthers Gesicht Verwunderung ablesbar. Vor den Kameras sagte er etwas anderes. Die CDU habe ein „sehr, sehr ordentliches“ Wahlergebnis eingefahren, das man analysieren müsse.
Ein Ergebnis dieser Analyse dürfte sein, dass das erstmalige Antreten der AfD bei einer Kommunalwahl die CDU Stimmen gekostet hat. Ein zweites Ergebnis dürfte sein, dass Günthers Versuch, die CDU moderner, großstädtischer zu machen und in die politische Mitte zu rücken, nicht den gewünschten Erfolg erzielt hat. In Lübeck (minus 7,3 Prozentpunkte) und Kiel (minus 6,2) erlitt seine Partei die stärksten Verluste.
CDU bleibt deutlich die stärkste Kraft
Immerhin bleibt die CDU deutlich die stärkste Kraft im Land. Sie hat ihren Vorsprung vor der SPD sogar noch ausgebaut – von 9,1 auf 11,8 Prozentpunkte. Denn auch die Sozialdemokraten (23,3 Prozent) erzielten das schlechteste Kommunalwahlergebnis ihrer Geschichte. Und es trifft sie – anders als die CDU – in einer Phase des nicht nur gefühlten, sondern ganz realen Niedergangs. Schon nach der verlorenen Landtagswahl hatte es Kritik am Landes- und Fraktionschef Ralf Stegner gegeben – meist hinter vorgehaltener Hand. Personelle Konsequenzen dürfte das Wahlergebnis dennoch vorerst nicht haben. Stegners schärfste Kritikerin, die Flensburger Bürgermeisterin Simone Lange, hat bei der Wahl ebenfalls nicht glänzen können.
Ergebnisse aus dem Umland im Überblick:
Stegner versuchte am Tag nach der Wahl, seine Partei mit betonter Gelassenheit zu beruhigen. Dabei kam ihm die Dramaturgie des Wahlabends entgegen. Ein gegen 20.30 Uhr veröffentlichter Trend hatte die SPD noch deutlich schlechter gesehen. Bis zum vorläufigen Endergebnis, das gegen 23 Uhr verkündet wurde, holte seine Partei noch leicht auf, während sich zugleich die Verluste der CDU verstärkten. Und immerhin ist es den Sozialdemokraten gelungen, in ihren Hochburgen Lübeck und Kiel stärkste Kraft zu bleiben. Stegner: „Es gab regional und lokal durchaus Licht und Schatten.“
Eher verhaltene Freude bei FDP
Anders als die SPD mussten die Grünen nicht mit der Lupe nach den positiven Aspekten der Wahl suchen. 16,5 Prozent bekam die einstige Protestpartei. Es ist der beste Wert bei Kommunalwahlen. Auch in den ländlichen Regionen wächst sie weiter. Im Kreis Plön verpasste sie die 20-Prozent-Marke nur hauchdünn.
Bei der FDP, die mit den Grünen und der CDU die regierende Jamaika-Koalition bilden, hielt sich die Freude über den Wahlausgang in Grenzen. Ja, die Partei hat im Vergleich zur Kommunalwahl 2013 etwas dazugewonnen. Von 5,0 ging es auf 6,7 Prozent. Vom Spitzenwert im Jahr 2008 (9 Prozent) ist die Partei dennoch weit entfernt. Bei den Liberalen blickte man am Wahlabend etwas neidisch auf die Zahlen des grünen Koalitionspartners: Was haben die, was wir nicht haben? Ministerpräsident Günther versuchte, eine eventuell aufkommende Missstimmung mit einem versöhnlichen Satz zu verhindern: „Jamaika‘ in Gänze hat gewonnen.“
Zu den Siegern durften sich auch die Linke (3,9 Prozent) und die AfD zählen. Sie kam bei ihrer ersten Kommunalwahlteilnahme auf 5,5 Prozent. Der SSW (2,3) hat leicht verloren.