Kiel. Besonders schwierig sei die Lage am Hamburger Rand, in Kiel, Lübeck und Flensburg sowie auf den nordfriesischen Inseln.
Der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) hat Städte und Gemeinden in Schleswig-Holstein aufgerufen, zum Bau bezahlbarer Wohnungen mehr Grundstücke zu fairen Preisen anzubieten. Besonders schwierig sei die Lage am Hamburger Rand, in Kiel, Lübeck und Flensburg sowie auf den nordfriesischen Inseln, sagte Verbandsdirektor Andreas Breitner am Donnerstag in Kiel. Im Blick auf die Kommunalwahl am 6. Mai appellierte er an Lokalpolitiker, das Thema zur Herzensangelegenheit zu machen. Die Regierung habe Voraussetzungen für den Wohnungsbau geschaffen und die Unternehmen wollten bauen, wo man sie lasse. „Jetzt sind die Kommunen gefordert.“
Der Verband plädiere dafür, das „Lübecker Modell“ auch anderswo umzusetzen. Dabei bietet die Stadt Grundstücke zu rabattierten Preisen an, wenn dort bezahlbare Wohnungen entstehen. „Wir würden uns freuen, wenn das in Schleswig-Holstein stärker um sich greift“, sagte Breitner. Der ehemalige SPD-Innenminister forderte die Kommunen auch auf, ihre Vorkaufsrechte zu nutzen, was derzeit kaum geschehe. Sie müssten eine aktive Baulandpolitik betreiben. Dazu gehörten die Feststellung des Wohnungsbedarfs, ein Kataster über vorhandene Bauflächen, eine Untersuchung möglicher Flächen und die Planung von Bauprojekten.
Forderung, die Grunderwerbsteuer zu senken
Nach Breitners Einschätzung müssen jährlich 15.000 Wohnungen gebaut werden, um den Bedarf zu decken. 2016 wurden laut Innenministerium 13 800 Wohnungen fertiggestellt und gut 16.000 Genehmigungen erteilt. 2017 waren es bis November 13.000 Genehmigungen. Das entspricht dem Jahresdurchschnitt im vergangenen Jahrzehnt.
Der VNW, der im Land 81 Unternehmen mit 170.000 Wohnungen vertritt, schlägt einen verbindlichen Wohnungsbau-Check vor. Dabei sollten Regeln und Voraussetzungen für eine Förderfähigkeit des Baus bezahlbarer Wohnungen entwickelt werden. Aus Sicht Breitners sollte das Land einen Vorrang des Geschosswohnungsbaus festschreiben und das nicht nur für größere Städte. Nur so könne ausreichend Wohnraum entstehen. „Nach meiner Überzeugung ist das Einfamilienhaus ein Auslaufmodell.“ Ältere Menschen auch in kleineren Orten würden gern aus dem Einfamilienhaus mit großem Garten in eine Wohnung am gleichen Ort umziehen, wenn es dort solche Wohnungen gäbe.
Kommunen sollten ihre Wohnraumplanung stärker mit Nachbargemeinden abstimmen und vermehrt gemeinsame Baugebiete ausweisen, regte Breitner an. Er bekräftigte die Forderung, die Grunderwerbsteuer zu senken, die mit 6,5 Prozent den höchsten Satz in Deutschland hat. Vorbild sei Hamburg mit 4,5 Prozent.
Breitner erinnerte die Jamaika-Regierung an die Vereinbarung im Koalitionsvertrag, die Mietpreisbremse abzuschaffen, da sie nicht den angestrebten Effekt habe. „Sie nützt nichts“, sagte er. „So langsam kann die Landesregierung in die Puschen kommen.“
Kommunen dürften nicht alleingelassen werden
Ein Bündnis von Verbänden gab in Berlin auf dem 10. Wohnungsbautag an, in Deutschland fehlten eine Million Wohnungen. Die von Union und SPD im Koalitionsvertrag geplante „Offensive“ mit 1,5 Millionen Neubauwohnungen bis 2021 drohe im ersten Jahr ihr Ziel zu verfehlen. Es werde nicht gelingen, 375.000 Wohnungen zu bauen. Die Zahl der Baugenehmigungen sei im vorigen Jahr um fast zehn Prozent auf 340.000 gesunken. 2017 habe es keinen Abbau des Wohnraumdefizits gegeben - wohl aber eine Netto-Zuwanderung von mindestens 450.000 Menschen.
„Die Angst vor hohen Wohnkosten erreicht inzwischen breite Schichten unserer Bevölkerung“, sagte in Kiel die SPD-Wohnungspolitikerin Özlem Ünsal. Die Landesregierung müsse sich klar zum bezahlbaren Wohnungsbau bekennen. Die Kommunen dürften nicht alleingelassen werden.