Kiel. Schleswig-Holstein will den Ausbau der Bahnlinie über den Hindenburgdamm. Seit Monaten klagen Pendler und Touristen über Zugausfälle.

Gut 90 Jahre nach der Einweihung des Hindenburgdamms und der Bahnstrecke zwischen Niebüll und Westerland gibt es Überlegungen, das Nadelöhr zu erweitern – und so durchlässiger zu machen. Seit Monaten klagen Pendler und Touristen über Verspätungen und Zugausfälle. Der schleswig-holsteinische Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) hat nun bei einer Sitzung des Kreistags Nordfriesland angekündigt, dass das Land mit Vorplanungen für den Ausbau der letzten eingleisigen Abschnitte Morsum–Keitum (auf Sylt) und Niebüll–Klanxbüll (auf dem Festland) beginnen wolle. Buchholz will damit den Druck auf den Bund und die Deutsche Bahn erhöhen, endlich tätig zu werden. Im Kreistag stieß Buchholz mit seinem Plan auf Zustimmung. Ob er erfolgreich sein wird, ist eine andere Frage.

Denn Schienenbau ist eine Sache des Bundes, und in dessen bis 2030 reichenden Bundesverkehrswegeplan (BVWP) war ursprünglich keiner der beiden Streckenabschnitte enthalten. Erst nachträglich wurde zumindest der Abschnitt Niebüll–Klanxbüll aufgenommen – aber nur in die Kategorie „potenzieller Bedarf“. Das bedeutet: Eine Realisierung bis 2030 ist nahezu ausgeschlossen. Der Lauenburger CDU-Bundestagsabgeordnete Norbert Brackmann bringt deshalb eine andere Variante ins Spiel. „Wir sollten jetzt daran arbeiten, dass der zweigleisige Ausbau und die Elektrifizierung zumindest wesentlicher Teile der Strecke Hamburg–Westerland in den nächsten Verkehrswegeplan aufgenommen wird“, sagte er. „Damit wäre die gesamte Westküste besser erschlossen.“

Noch 33 andere Verkehrsvorhaben

Eine Aufnahme der von Bernd Buchholz genannten Abschnitte in den aktuellen Plan hält Brackmann für wenig wahrscheinlich. Der CDU-Politiker kennt sich aus mit den Mechanismen der Finanzierung. Zuletzt war er Mitglied des Haushaltsausschusses, jetzt ist er Mitglied im Bundestags-Hauptausschuss. Dieses 53-köpfige Gremium ist der einzige und deshalb auch wichtigste Parlamentsausschuss während der momentanen Übergangszeit, in der es wegen der komplizierten Koalitionsbildung keine neue Regierung gibt.

„Derzeit gehört nur der zweigleisige Ausbau der Strecke Niebüll–Klanxbüll zum Bundesverkehrswegeplan“, sagte Brackmann. Besonders der ehemalige Sylter CDU-Bundestagsabgeordnete Ingbert Liebing habe sich für die nachträgliche Aufnahme des Projekts eingesetzt. Es sei aber in die Kategorie „potenzieller Bedarf“ eingestuft worden und habe nur Aussicht auf Verwirklichung, wenn es in die Kategorie „vordringlicher Bedarf“ aufrücke. „Ob das geschieht, wird das Bundesverkehrsministerium in etwa 14 Tagen bekannt geben“, sagte Brackmann. Allerdings konkurriere das Projekt dabei mit 33 anderen Verkehrsvorhaben in Deutschland.

Wichtige Bedingungen werden nicht erfüllt

Außerdem kann das Vorhaben offenbar wichtige Bedingungen für ein Aufrücken nicht erfüllen. „Eine Voruntersuchung der Wirtschaftlichkeit des Ausbaus hat ergeben, dass das Nutzen-Kosten-Verhältnis schlecht ist“, sagte der Abgeordnete. Die Kosten seien höher als der wirtschaftliche Nutzen. Der Ausbau der Strecke Niebüll–Klanxbüll konkurriert in Schleswig-Holstein zudem mit dem ebenfalls zum potenziellen Bedarf gehörenden zweigleisigen Ausbau der Bahnstrecke Wilster–Brunsbüttel und dem dritten Bahngleis zwischen Hamburg und Ahrensburg – beides Maßnahmen, die Brackmann momentan für wichtiger hält. „Aus schleswig-holsteinischer Sicht hat der Ausbau der Bahnstrecke bis zum Brunsbütteler Industriehafen den deutlich höheren Effekt“, sagte er. „Und das zusätzliche Bahngleis in Hamburg ist wichtig, um den Hauptbahnhof zu entlasten.“

Dennoch will Bernd Buchholz die Planungen für die Bahnstrecke zwischen Niebüll und Westerland vorantreiben. Das Land will sie sogar bezahlen. 2,5 bis drei Millionen Euro stehen dafür bereit, sagte Buchholz. „Wir wollen mit unserem Engagement klarmachen, dass wir auch selbst bereit sind, das Problem grundlegend anzupacken“, sagte er. Ja, man mische sich damit in Bundeszuständigkeiten ein. „Wir können aber nicht noch länger warten, wir werden hier in Vorleistungen einsteigen“, so Buchholz.

Bahn soll ihr Reparaturkonzept verbessern

Ob es sinnvoll ist, auf der Strecke Keitum–Morsum etwas zu planen, das dann möglicherweise niemand baut, ist eine andere Frage. Klar ist jedenfalls, dass eine durchgängige Zweigleisigkeit auf dem 40 Kilometer langen Weg von Westerland nach Niebüll den Bahnverkehr verbessern würde. Die ständigen Verspätungen auf der Sylter „Lebensader“ wären dann wohl vorbei. Zugausfälle, die durch defekte Loks oder kaputte Kupplungen verursacht werden, ließen sich aber auch damit nicht verhindern. Buchholz forderte die Bahn deshalb auf, ihr Instandhaltungs- und Reparaturkonzept zu verändern.