Westerland/Bad Nenndorf. Die Mini-Flieger sind bereits in Scharbeutz und auf Usedom im Einsatz. Kommende Saison könnten sie auch auf Sylt genutzt werden.

Rettungsorganisationen im Norden setzen zunehmend auf Drohnen: Jetzt prüft das Deutsche Rote Kreuz (DRK) auf Sylt den Einsatz dieser Fluggeräte über der Nordsee, um zum Beispiel Menschen vor dem Ertrinken zu retten. Die Drohnen können per Kameras Personen orten und sogar Rettungsmittel wie Schwimmwesten aus der Luft abwerfen.

„Wir sind überzeugt, dass in vielen Einzelfällen eine Drohne zur Ermittlung eines Lagebildes, der Personensuche sowie beim Einsatz von Ertrinkenden ein hilfsreiches Rettungsmittel ist“, sagte Sylts DRK-Vor-sitzender Karl-Heinz Kroll dem Abendblatt.

Die DRK-Experten auf der nordfriesischen Insel beraten derzeit darüber, ob sie im kommenden Jahr Drohnen im Wasserrettungsdienst, bei der Rettungshundestaffel und in der Vermisstensuche einsetzen. „Derzeit prüfen wir die Erfahrungen in anderen Rettungsbereichen“, so Kroll.

Drohne fliegt bei Windstärke 7

So erprobt das Rote Kreuz gegenwärtig auf der Ostseeinsel Usedom eine leistungsstarke Rettungsdrohne, die auch noch bei Windstärke 6 und 7 fliegen kann. Sie ist mit einer zusammengefalteten Schwimmhilfe ausgestattet. Beim Kontakt mit dem Wasser wird aus ihr ein langer Schlauch, der den verunglückten Badenden als Überlebenshilfe dienen kann. Auf diese Weise werde die Zeitspanne bis zum Eintreffen der Retter genutzt.

Auch die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) mit ihrer Zentrale im niedersächsischen Bad Nenndorf hat längst die Bedeutung der Luftrettung per Drohne erkannt. Nach Abendblatt-Informationen werden derzeit zwei Projekte mit unbemannten Fluggeräten (UAS, Unmanned Aircraft System) erfolgreich getestet. Im schleswig-holsteinischen Scharbeutz kommt dabei eine Drohne der Firma Multirotor ser­vice­-drone im Auftrag der DLRG zum Einsatz. Dabei setzt die DLRG ein Exemplar des Fabrikats MULTIROTOR G4 Search & Rescue ein.

Person vermisst

Die DLRG-Ortsgruppe Scharbeutz überwacht in Spitzenzeiten Strände mit bis zu 100.000 Badegästen täglich. Das neue Gerät kommt vor allem bei solchen Fällen zum Einsatz, bei denen eine Person im Wasser an unklarer Position vermisst wird. „Diese Szenarien binden mit Suchketten und vielen Booten im Einsatz immer eine große Anzahl von Einsatzkräften“, sagte ein Lebensretter.

Um diese Situationen besser bewältigen zu können, geht deshalb die Rettungsdrohne zur Personensuche in die Luft. Die so gewonnenen Bilder in Echtzeitübertragung sind für die Personensuche nicht nur aufgrund ihres hohen Blickwinkels von Interesse. „Neben dem Finden einer Person unter Wasser kann durch die Perspektive von oben auch zuverlässig ausgeschlossen werden, dass sich eine gegebenenfalls nur vermisste Person im und unter Wasser befindet“, sagte Martin Holzhause von der DLRG-Bundesgeschäftsstelle dem Abendblatt.

Eine weitere Drohne testet die Organisation gegenwärtig bei Hamburg im Alten Land. Die Ortsgruppe Horneburg (Niedersachsen) setzt an der Elbe ein ähnliches System der Firma Micodrones nicht nur zur visuellen Aufklärung, sondern auch zum Abwurf eines Rettungsmittels ein. Wie Holzhause sagte, sei diese Einsatzoption im Moment – auch aufgrund rechtlicher Rahmenbedingungen – lediglich im Konzeptstadium.

Menschen nicht zu ersetzen

Solche Fälle setzen nämlich aktiv handelnde Verunglückte voraus. Die derzeit auf dem Markt befindlichen Drohnen sind nicht in der Lage, eine Person selbst an Land zu bringen. Es sind immer noch Rettungsschwimmer und -boote notwendig.

DLRG-Experten betrachten den Einsatz der bis zu 30.000 Euro teuren Drohnen als primäres Rettungsmittel grundsätzlich nicht als sinnvoll. Die Hauptarbeit sollten noch immer Menschen leisten. Drohnen seien allenfalls bei Verunglückten sinnvoll, die während des gesamten Zeitraums der Rettung bei Bewusstsein und handlungsfähig sind. Zudem bedeute das Abwerfen von Rettungsgegenständen häufig eine Gefahr, hieß es.

Noch junge Technik

DLRG-Referent Holzhause setzt dennoch weiter auf Innovationen bei den Herstellern. „Bei der noch jungen Technik sind in den kommenden Jahren wohl noch große Technologiesprünge wahrscheinlich. Ganz sicher werden sich deshalb Drohnen bei einem Teil der DLRG etablieren.“ Schon jetzt können die 55 Stundenkilometer schnellen Drohnen sehr viel schneller bei den Verunglückten sein als Rettungsschwimmer.