Keitum. Mit einer Hilfsaktion soll das historische Wahrzeichen gerettet werden. Zusätzliches Geld vom Bund für Denkmäler im Norden.
Wo der Gescheckte Nagekäfer zubeißt, bleibt kein Stein auf dem anderen. Jetzt haben diese Insekten das historische Gebälk von Schleswig-Holsteins ältester Kirche befallen. Es ist St. Severin auf Sylt, Keitums Wahrzeichen aus dem 13. Jahrhundert. „Rettet St. Severin“ heißt deshalb eine große Hilfsaktion, nachdem Experten im Dachstuhl die schlimmen Schäden entdeckt hatten, die auf den gefräßigen Käfer zurückzuführen sind.
Um das akut bedrohte Gotteshaus zu schützen, stellt der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages nun zusätzliche Mittel aus dem Denkmalschutz-Sonderprogramm für 2017 bereit. Allein in Schleswig-Holstein werden sechs Projekte in diesem Jahr mit Bundesmitteln in einer Höhe von 1,99 Millionen Euro gefördert. Dazu zählen neben der Keitumer Kirche auch der historische Raddampfer „Kaiser Wilhelm“ in Lüneburg und die 800 Jahre alte St.-Jürgen-Kirche in Grube an der Ostsee.
In Keitum rücken Experten dem Gescheckten Nagekäfer, der auch Bunter Pochkäfer heißt, nun zu Leibe. Es sind Arbeiten an der Süd- und der Nordseite der Kirche fällig. 465.000 Euro stehen aus Bundesmitteln dafür bereit. „Wir sind glücklich, dass wir nicht nur den Gescheckten Nagekäfer aus unserer Kirche vertreiben werden, sondern voraussichtlich schon Ende Oktober 2017 mit der weiteren Kircheninnensanierung beginnen können“, sagt Keitums Pastorin Susanne Zingel dem Abendblatt. Dafür werde von Herbst an das Gotteshaus geschlossen.
Auf zusätzliches Geld können sich auch die Freunde alter Schiffe freuen. Der ganze Stolz der Lauenburger ist zum Beispiel der historische Raddampfer „Kaiser Wilhelm“, 1899/1900 in Dresden-Neustadt gebaut. Erst war das Schiff im Auftrag der Oberweserdampfschifffahrt auf der Weser im Einsatz, später auf der Elbe. Heimathafen des noch immer fahrbereiten Raddampfers ist Lauenburg. Wie die Ostholsteiner SPD-Bundestagsabgeordnete Bettina Hagedorn sagt, werden für die Restaurierung in diesem Jahr 950.000 Euro aus dem Bundeshaushalt bereitgestellt. „Gerade angesichts der aktuellen Diskussion über neue Sicherheitsvorschriften für Traditionsschiffe setzt der Haushaltsausschuss ein klares Zeichen, dass unser maritimes Erbe in Schleswig-Holstein erhalten werden soll“, sagt Hagedorn, die auch stellvertretende haushaltspolitische Sprecherin der SPD-Bun destagsfraktion ist.
Private und öffentliche Mittel
Die nächste große Fahrt des Raddampfers steht am 23. April beim „Kurs Elbe Tag“ in Lauenburg auf dem Programm. Zum ersten Mal in seiner Geschichte wird der Raddampfer zudem im Sommer die deutsche Hauptstadt ansteuern.
Private und öffentliche Mittel tragen seit Jahren dazu bei, dass die Denkmäler im Norden erhalten bleiben. Glanzvoll präsentiert sich das Schloss Herrenhausen in Hannover, das Lübecker Holstentor und neuerdings das Schloss Bothmer im Klützer Winkel (Mecklenburg-Vorpommern) – die größte barocke Schlossanlage Norddeutschlands.
Sanierung des Heiligen-Geist-Hospitals in Lübeck
Sie befindet sich im Besitz des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Nach der 36,5 Millio nen Euro teuren Sanierung ist das Schloss wieder für die Öffentlichkeit zugänglich. Graf Bothmer, Sprössling einer niedersächsischen Adelsfamilie, ließ die Residenz vor knapp 300 Jahren bauen. Der Graf hat sein Schloss übrigens nie gesehen, denn er diente 20 Jahre lang als Minister für deutsche Angelegenheiten am englischen Königshof. Statt auf Schloss Bothmer arbeitete er in London, Downing Street 10.
Einer der größten Unterstützer für solche Initiativen ist die Deutsche Stiftung Denkmalschutz. Sie förderte im vergangenen Jahr bundesweit rund 490 Projekte mit mehr als 23,7 Millionen Euro. Derzeit wird unter anderem die sehr aufwendige Sanierung des Heiligen-Geist-Hospitals in Lübeck unterstützt, eine der weltweit ältesten Sozialeinrichtungen. Noch heute werden Teile des Gebäudes als Seniorenheim genutzt. Nach den Arbeiten an der Westfassade ist jetzt das Langhaus dran.
Auch in Niedersachsen sind Restauratoren im Einsatz
Auch in Niedersachsen werden in diesem Jahr weitere Denkmäler restauriert. So retten Restauratoren die wiederentdeckten Deckenmalereien in der Lüneburger Papenstraße 6 mit finanzieller Unterstützung von Lotto Niedersachsen. In Niedersachsen stehen jährlich rund drei Millionen aus Landesmitteln und eine Million Euro aus Bundesmitteln für die Förderung von Denkmalen zur Verfügung. Zu den historischen Wahrzeichen zählen die Schlösser der Weserrenaissance, die Altstadt von Goslar und Celle sowie die Kirche St. Michaelis und der Mariendom Hildesheim. Sie sind ein Zeugnis der vorromanischen Architektur und stehen auf der Liste des Unesco-Weltkulturerbes.