Rostock/Kiel/Greifswald. Dämme wurden überspült, Seebrücken gesperrt und Straßen überflutet. Die Pegel stiegen höher als zunächst angenommen.

Die schwere Sturmflut, die am Mittwochabend die Ostseeküste erreicht hat, spitzte sich im Laufe des Abends zu. In Wismar stieg das Wasser 1,70 Meter höher als üblich. Zudem kam es auch in Lübeck, Rostock und Warnemünde zu Überschwemmungen auf Straßen, wie örtliche Einsatzkräfte berichteten. In Warnemünde lief das Restaurant „Seehund“ voll. In Rostock entlang der Warnow waren viele Häuser gefährdet.

Einsatzstab in Lübeck personell verstärkt

In Lübeck wurden mindestens acht Autos aus überfluteten Flächen gezogen. Zugänge zur Altstadt waren vom Bereich der Untertrave für Fußgänger nicht mehr passierbar. Der Einsatzstab in Lübeck sei kurzfristig personell verstärkt worden wegen zunehmender Notrufe, sagte Matthias Schäfer von der Feuerwehr Lübeck.

Jürgen Holfert, Leiter des Wasserstanddienstes Ostsee des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BS) rechnete aber nur noch mit etwa zehn Zentimeter weiterem Anstieg. In der Region Lübeck und Rostock lag der Wasserpegel meist um 1,60 Meter über mittlerem Wasserstand - in Wismar mit über 1,70 Meter gut zehn Zentimeter mehr als prognostiziert.

Ortsteile auf Rügen abgeschnitten

Auf der Insel Rügen hat das Hochwasser im Bereich Mönchgut-Granitz eine Straße überspült und so den Ortsteil Groß Zicker von der Hauptgemeinde Gager abgeschnitten. Das Wasser stehe rund 40 Zentimeter hoch auf der Zufahrtsstraße, sagte der Kreisfeuerwehrchef von Vorpommern-Rügen, Gerd Scharmberg.

In Binz erreichte das Wasser die Dünen, ebenso in Heringsdorf, wie die Bürgermeister berichteten. Die Seebrücke Binz wurde vorsorglich gesperrt, ebenso die Seestege in Bansin und Ahlbeck. „Das Ausmaß der Schäden werden wir erst am Donnerstag bei Tageslicht beurteilen können", sagte der Binzer Bürgermeister Karsten Schneider.

Sturmflut kam schneller als erwartet

Auf der Insel Usedom verursachte die Sturmflut schon am Abend größere Schäden. Inzwischen wurde dort die Alarmstufe 3 ausgerufen. Zwischen Koserow und Zempin habe es Steilufer-Abbrüche gegeben. Treppenaufgänge seien weggerissen worden, auch Imbissbuden und Teile von Strandpromenaden, sagte der Sprecher des Kreises Vorpommern-Greifswald, Achim Froitzheim. „Das ist kein Kindergeburtstag. Das ist schlimmer als erwartet.“

Auslöser der Sturmflut war das Tief „Axel“, das von Skandinavien über die Ostsee nach Weißrussland zog. Zudem war in den vergangenen Tagen besonders viel Wasser aus der Nordsee in die Ostsee gespült worden, so dass die Ostsee mehr Wasser führte als normal, sagte eine Sprecherin des BSH.

Nach Angaben des BSH kam die Sturmflut schneller als erwartet. Die Scheitelpunkte sollten bereits vor Mitternacht erreicht werden. An den Küsten Mecklenburg-Vorpommerns und Schleswig-Holsteins wurden am Abend bereits Wasserstände von mehr als 1,40 Meter über Normal, in Wismar und Lübeck von mehr als 1,50 Meter über Normal gemessen. Dies entspricht einer schweren Sturmflut. Zuletzt waren solche Pegelstände bei einer Ostsee-Sturmflut im November 2006 gemessen worden.

Härtetest für den Hochwasserschutz

Die Landkreise Vorpommern-Rügen und Vorpommern-Greifswald riefen bereits am späten Nachmittag Alarmstufe 2 aus. Damit wurden die Ordnungsämter der Küstengemeinden verpflichtet, die Deiche und Dünen regelmäßig zu kontrollieren. In Greifswald schützte ein Sperrwerk die Innenstadt vor Überschwemmungen. „Das Sperrwerk hat sich bislang bewährt. Die Deiche halten dicht“, sagte der Greifswalder Feuerwehrchef Mathias Herenz am Abend.

„Wenn man auf einer Insel lebt, muss man mit Sturm rechnen“, sagte Gabriele Richter, Bürgermeisterin der Insel Poel vor Wismar. In Heiligenhafen sollte am Abend ein Krisenstab seine Arbeit aufnehmen. „Diese Sturmflut ist der erste Härtetest für den Hochwasserschutz, den wir in den letzten Jahren aufgebaut haben“, sagte Sprecher Heiko Müller. Zum frühen Morgen hin sollten die Pegelstände an der gesamten Ostseeküste sinken.