Hamburg/Schwerin. Signifikantes Hochwasser und starke Böen in Hamburg, “Wasserberg“ in der Ostsee. Der Morgen am Fischmarkt im Video.
Das Tief "Axel" wirbelte den Norden durcheinander – zumindest ein bisschen: Am Mittwoch erreichte Hamburg das erste bedeutende Hochwasser dieses Winters, für die deutschen Küsten hatte das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) eine Sturmflutwarnung herausgegeben.
In Hamburg stieg das Morgenhochwasser am Fischmarkt St. Pauli auf 2,10 Meter über dem mittleren Hochwasser und galt damit als Sturmflut. Die meisten Fluttore blieben aber offen, wie die Polizei mitteilte. Am tief gelegenen Fischmarkt fuhren Autos und Busse durch das kniehoch auf der Straße stehende Wasser. Die Tore der historischen Fischauktionshalle blieben wie üblich offen, damit das Wasser ungestört ablaufen kann. Schwerer betroffen könnte die Ostseeküste sein, dort wird mit der schwersten Flut seit mehr als zehn Jahren gerechnet.
In der Nacht zu Mittwoch blieb es trotz zum Teil starker Winde in Hamburg relativ ruhig. Bis zum späten Mittwochvormittag rückte die Feuerwehr zu 40 wetterbedingten Einsätzen aus, am Abend vor allem wegen vollgelaufener Keller, überspülter Straßen oder auch entsorgter Weihnachtsbäume, die auf die Straße wehten. Am Mittwoch standen Windschäden wie abgerissene Äste oder umgekippte Bauzäune im Vordergrund. Verletzte gab es nicht, wie ein Sprecher der Feuerwehr am Mittwochmorgen sagte.
In Ahrensburg im Kreis Stormarn stürzte am Morgen ein Baum auf eine Garage, verletzt wurde auch dort niemand. Auf der Insel Wangerooge zerschlug der Sturm zwei der fünf Container, die bei Weihnachtsstürmen vor Uferbefestigungen angetrieben worden waren. Zwei weitere Container am Westende wurden aufgerissen, die Holzladung verteilte sich am Strand.
Verspätungen und Ausfälle bei der Bahn
"Es war im Vergleich zu anderen Unwettern eine ruhige Nacht“, betonte der Sprecher. Auf den Zugstrecken im Norden verursachten allerdings umgestürzte Bäume im morgendlichen Berufsverkehr Verspätungen. Betroffen waren rund um Hamburg die Strecken Kiel-Hamburg und Schwerin-Hamburg. Besonders in Richtung Osten kam es zu Verspätungen, da die Züge zwischen Schwerin und Hamburg umgeleitet werden mussten. Bis 10 Uhr waren alle Sperrungen wieder aufgehoben.
Auch in Niedersachsen mussten Pendler am frühen Morgen mehr Zeit mitbringen, besonders auf der Strecke zwischen Bremen und Hannover. Der Fernverkehr wurde zeitweise über Hamburg oder Rheine umgeleitet. Um kurz vor halb Neun konnte die Strecke wieder freigegeben werden. Einen Vorgeschmack auf den Sturm gab es bereits am Dienstag, als in Neu Wulmstorf (Landkreis Harburg) eine Böe ein Windrad zu Fall brachte.
Auf der Autobahn 1 zwischen Hamburg und Bremen sowie auf der Autobahn 27 bei Bremen kam es infolge des Wetters zu mehreren Unfällen. Ein Mann wurde schwer, mehrere weitere Personen wurden leicht verletzt, die Autobahn 1 musste in Fahrtrichtung Hamburg kurzzeitig gesperrt werden. Nach Angaben der Autobahnpolizei war der Auslöser vermutlich in allen Fällen ein Graupel- oder Schneeschauer, der zu unvermittelter Glätte führte.
Wegen des Sturmes musste die "Helgoland" ihren Fährbetrieb zwischen Cuxhaven und Helgoland einstellen. Die Fähren aus Dagebüll nach Föhr und Amrum fuhren, wenn auch mit leichter Verspätung.
"Wasserberg" für die Ostseeküste?
Auf die Ostseeküste könnte indes am Mittwoch und in der Nacht zu Donnerstag die schwerste Sturmflut seit mehr als zehn Jahren zurollen. Nach BSH-Angaben werden im Laufe des Mittwoch Wasserstände von 1,20 bis 1,50 Meter über Normal erwartet. Auch eine schwere Sturmflut mit Werten über 1,50 Meter ist nach Angaben der Behörde nicht auszuschließen. Der Höchststand wird in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag erwartet.
Sturmflut in Norddeich:
Ursache sind Tief "Axel" und der derzeit generell hohe Füllungsgrad der Ostsee von etwa 30 bis 40 Zentimeter über Normal. Das Tief, das von Skandinavien über die zentrale Ostsee nach Russland zieht, schiebe von der zentralen Ostsee einen "Wasserberg“ an die südliche Ostseeküste. Besonders betroffen könnten die größeren Buchten sein, aus denen das Wasser nicht abfließen könne.
Ämter zeigen sich vorbereitet
Nach Angaben des Umweltministeriums in Schwerin haben sich die Staatlichen Ämter für Landwirtschaft und Umwelt mit der Einrichtung von Hochwassermeldedienst und Bereitschaftsdienst auf die Sturmflut vorbereitet. Auch das Sperrwerk in Greifswald wird besetzt. Die vorhergesagten Wasserstände können zur Überflutung von Stränden und Dünenabtragungen führen. Die Küstenschutzanlagen vor bebauten Gebieten seien jedoch überall in einem Zustand, der derartigen Belastungen standhalte, sagte eine Ministeriumssprecherin.
Ähnlich schwere Sturmfluten hatten die deutsche Ostseeküste nach Angaben des BSH zuletzt am 21. Februar 2002 und am 1. November 2006 erreicht. Damals stieg das Wasser beispielsweise in Warnemünde auf 1,58 Meter (2002) und 1,62 Meter (2006) über Normal. In Koserow auf der Insel Usedom wurden Höchststände von 1,71 Meter (2002) und 1,54 Meter (2006) über Normal gemessen. Die Sturmflut von 2002 hatte beispielsweise Seebrücken auf Usedom und Rügen beschädigt und Schäden in Millionenhöhe an Küstenschutzanlagen verursacht.