Hamburg . Dramatische Bestandseinbrüche haben zur Wahl des Tieres geführt. An den norddeutschen Küsten überwintern die guten Taucher.
Sie gilt als lauter Wintervogel, hat einen runden Kopf und einen kurzen stumpfen Schnabel: Die Eisente ist der Seevogel des Jahres 2017. Als farbenfroher Meeresvogel rastet der Wintergast aus dem Norden jedes Jahr in großen Trupps vor allem in der Ostsee. Die einst häufige Tauchente wird jedoch seit einigen Jahren immer seltener, teilte der Verein Jordsand zum Schutz der Seevögel und der Natur am Freitag in Ahrensburg mit.
Dramatische Bestandseinbrüche in Europa
„Die Eisente wurde als Seevogel des Jahres 2017 gewählt wegen der erschreckenden Erkenntnis, dass die noch vor kurzem weltweit häufigste Meeresente heute dramatische Bestandseinbrüche aufweist“, sagte der Vereinsvorsitzende Eckart Schrey. Dies gelte insbesondere für die hierzulande überwinternde Population aus Nordosteuropa und Westsibirien.
Die Gründe für den Rückgang sind laut Schrey nur unzureichend bekannt. „Maßgeblich sind aber neben Gefahren im Brutgebiet auch das Ertrinken in Stellnetzen der Fischerei, knappere Nahrungsressourcen durch Muschelfischerei sowie Sand- und Kiesabbau sowie der zunehmende Schiffsverkehr.“
Jagd und Windanlagen setzen der Ente zu
Ein verhältnismäßig neues Problem seien zudem Offshore-Windanlagen, die wichtige Rastgebiete zerschneiden. Auswirkungen des Klimawandels bis in die Eismeerregionen kommen vermutlich hinzu. Zudem wird die Ente vor allem in Russland sowie in Finnland und Dänemark noch gejagt.
Der Gesamtbestand in den Brutgebieten von Nordeuropa bis Westsibirien wird auf 1,6 Millionen Vögel geschätzt. Im Jahr 2002 waren es noch 4,6 Millionen. Der Weltbestand in Ostsibirien, Nordamerika, Grönland und Island sank von mehr als 7 Millionen auf jetzt etwa 3,5 Millionen. Deshalb stufen internationale Fachgremien die Art auch als in ihrem Bestand gefährdet und regional sogar als stark gefährdet ein.
Deutsche Küsten dienen als Überwinterungsquartier
An den Küsten von Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein überwintern bis zu 315.000 Eisenten. Schwerpunkte der Vorkommen sind die Insel Rügen und die Halbinsel Zingst, der Greifswalder Bodden sowie die Pommersche Bucht. Auch in der Kieler und Lübecker Bucht gibt es größere Bestände. An der Nordsee und im Binnenland bis zum Bodensee tauchen die Meeresvögel nur selten auf.
Beginnend von Mai bis Juni werden auf kleinen Süßgewässern in der Tundra binnen gut drei Wochen 5 bis 9 Eier ausgebrütet. Der älteste Ringvogel wurde 21 Jahre alt. Die Tauchente frisst Muscheln, Mollusken, Krebstiere, kleine Fische, Fischlaich und Insektenlarven.
Um den Niedergang dieser Seevogelart zu stoppen, fordert der Verein Jordsand strikte Schutzanstrengungen. Eckart Schrey: „Es müssen schnellstmöglich Schutzgebietsverordnungen erlassen und Managementpläne entwickelt werden, die ein gefahrloses Überwintern bei uns sicherstellen. Die in unserer Verantwortung liegenden Rast- und Nahrungsgebiete dieser anmutigen kleinen Ente müssen endlich ausreichend geschützt werden.“
Die geschwätzigen melodischen Rufe der Männchen, vergleichbar mit dem Klang von Dudelsäcken, brachten dem Vogel in Amerika den volkstümlichen Namen „Old Squaw“ ein, also so geschwätzig wie Inuit-Frauen. Der englische Name ist Long-tailed Duck.