Hamburg .
Aufgeregt deutet Onno K. Gent in die Ferne. „Da!“, ruft er. „Eine Steppenweihe!“
Der Mann mit dem ungewöhnlichen Vornamen steht am Deich in Pilsum in Ostfriesland, direkt an der Nordseeküste. Onno K. Gent ist Ranger im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer. Er kümmert sich um den Naturschutz und führt Naturliebhaber herum.
Gerade sind in Pilsum sehr viele Vögel zu sehen, die aus dem Norden in den Süden ziehen – nicht nur die seltene Steppenweihe. Auf den Wiesen rund um den Deich rasten viele Gänsearten, zum Beispiel Weißwangengänse. Sie haben den Sommer in kalten Regionen im Norden verbracht und ihre Jungen aufgezogen. Weil sie dort im Winter nichts zu fressen finden, müssen sie im Herbst nach Süden fliegen, zum Beispiel an die Nordseeküste. „Hier ist der Tisch reich gedeckt“, sagt Onno K. Gent. „Im nächsten Mai fliegen sie wieder nach Norden!“
Andere Vögel reisen noch viel weiter. Zum Beispiel der Steinschmätzer. Der kleine Vogel brütet am Polarkreis ganz im Norden und verbringt den Winter im Osten Afrikas. Auf dem langen Flug über viele Tausend Kilometer macht er drei Wochen Pause in Ostfriesland, um sich satt zu fressen.
Woher wissen die Vögel eigentlich, wohin sie fliegen müssen? Wissenschaftler haben darauf noch keine eindeutige Antwort gefunden. Sie glauben aber, dass die Vögel genetisch, durch ihr Erbgut, auf den Zug programmiert sind.
Übrigens: Vor 200 Jahren hatten die Menschen noch keine Ahnung, wohin die Vögel eigentlich fliegen. Im Jahr 1822 aber wurde in Deutschland ein Storch entdeckt, dem seltsamerweise ein afrikanischer Pfeil im Hals steckte. Er musste also in Afrika gewesen sein!