Jork. Ernten allein reicht kaum noch: Bauern bieten deshalb Führungen, Picknicks und Aktionen für Kinder an, betreiben Hofläden oder Cafés.

Wenn Wilhelm Matthies mit seinem Obsthofexpress, diesem Minitrecker mit kleinen Anhängern, in seine Plantage hinter seinem Haus fährt und Besuchern vieles über den Obstanbau erzählt, ist er schon ein Weilchen unterwegs. So groß sind seine Ländereien. 15 Hektar bewirtschaftet der 58-Jährige in vierter Generation. Mit der Apfelernte sind Matthies und seine Kollegen im Alten Land in diesem Jahr zufrieden: „Das ist eine super Ernte“, sagt er. Und doch müssen die Obstbauern zusehen, wie sie weiterhin wirtschaftlich über die Runden kommen. Viele von ihnen vermarkten daher ihr Obst direkt, eröffnen Hofläden und Cafés, bieten Führungen an und sind zu einem beliebten Ausflugsziel geworden.

Obstbäume, wohin man blickt. Brav aufgereiht, ein wenig gestutzt und gebändigt, und dazwischen durchziehen Deiche und Gräben die Landschaft. Die Entschleunigung beginnt schon auf der Anfahrt zu den Obst­höfen. Wenn der Vordermann mit 40 Kilometern pro Stunde die Straße am Deich entlangfährt, bleibt es eben langsam. Ein Überholen lassen die Kurven nicht zu. Das ist eine gute Gelegenheit anzuhalten und sich am Straßenrand an den kleinen Ständen mit Obst und Gemüse einzudecken. Zur Erntezeit lohnt sich ein Ausflug besonders. Wilhelm Matthies und die anderen 650 Obstbauern sind bereits seit knapp vier Wochen am Ernten. Mitte August gab es die ersten Früh­äpfel, die letzten werden Ende Oktober von den Bäumen geholt.

Die beliebtesten Sorten: Elstar und Jonagold

350.000 Tonnen Äpfel werden in diesem Jahr geerntet, das sind elf Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Die Qualität ist sehr gut – die Äpfel haben die richtige Farbe, die richtige Größe, das Fruchtfleisch ist fest, das Zucker-Säure-Verhältnis optimal. Die beliebtesten Sorten: Elstar und Jonagold. „Wir hatten eine gute Apfelblüte und gute Bedingungen für die Bienen“, sagt Matthias Görgens, stellvertretender Leiter des Obstbauzentrums Jork.

Wilhelm Matthies ist Obstbauer in vierter Generation
Wilhelm Matthies ist Obstbauer in vierter Generation © Andreas Laible | Andreas Laible

Das mit den Bienen und den Blüten erklärt Wilhelm Matthies den Besuchern seines Hofs regelmäßig, wenn er seinen Obsthofexpress mit bis zu 72 Passagieren durch die Obstanlagen fährt. Dann geht es vorbei an Zwetschen-, Kirsch- und Apfelbäumen. 100 verschiedene Sorten Kern-, Stein- und Beerenobst baut Wilhelm Matthies an. Die Äpfel dominieren, sie nehmen 90 Prozent der Anbaufläche in den Gebieten rund um die Hamburger Stadtteile Neuenfelde, Cranz und Francop und in den niedersächsischen Gemeinden ein.

„Für das Bestäuben der Obstblüten bleiben über 20.000 Bienenvölker drei bis vier Wochen bei uns“, sagt Wilhelm Matthies, der sich die Bienen für 30 bis 50 Euro pro Volk mieten muss. Er erklärt auch, von welchen Faktoren eine gute Ernte abhängt und dass das vor allem beim Anbau von Kirschen heikel sein kann. Ein Regenschauer zur falschen Zeit kann die gesamte Ernte gefährden. Matthies informiert über Baumschnitt und Frostschutzberegnung. Dass die Obstbäume klein gehalten werden, hat einen Grund: Kleine Bäume trocknen nach dem Regen schneller, die Feuchtigkeit bleibt nicht so lange haften, und das wiederum reduziert möglichen Pilz­befall.

Mittlerweile gibt es bis zu 60 Hofläden

Um witterungsunabhängiger zu sein in Jahren mit Ernteausfällen, hat Matthies seinen Betrieb seit 1997 ständig erweitert und zunächst einen Hofladen eröffnet, 2001 kam das Café mit selbst gebackenen Torten und Kuchen dazu, außerdem vermietet er Ferienwohnungen. Sein Hofladen und die anderen im Alten Land bieten ein großes Sortiment rund ums Obst, außerdem Souvenirs und Dekoartikel oder hausgemachte Marmelade. Bis zu 60 Hofcafés gibt es mittlerweile.

Der Obsthof Matthies (www.obsthof.de) bietet dienstags Führungen und Fahrten mit dem Obsthofexpress an. Weitere Termine und Zeiten auf Anfrage. Beginn: 13 Uhr. Dauer: zwei Stunden. Erwachsene zahlen 11,50 Euro, Kinder 6 Euro. Buchbar bis Ende September. Infos: Obsthof Matthies, Am Elbdeich 31, Borstel in Jork, Telefon 04162-915 80.

Mit dem Apfeldiplom selbst pflücken – eine Auswahl an Ausflugstipps

Boßeltouren für Gruppen gibt es auf Hof Stubbe. Ziel des Spiels: mit möglichst wenigen Würfen eine bestimmte Strecke zurücklegen. Die Tour führt direkt an der Elbe entlang. Grundpreis pro Person: 4 Euro, hinzu kommt ein mit Getränken und leckeren Speisen gefüllter Boller­wagen. Informationen unter stubbes-gasthaus.de, Telefon 04142-25 35.

Der Altländer Obsthof bietet Boßeltouren durch die Obstanlagen an (zehn Teilnehmer zahlen 55 Euro), außerdem Hofführungen für Gruppen (Dauer 1,5 Stunden. Kosten: mindestens 50 Euro bis 20 Personen) und ein Obsthof-Abitur. Das erlangt man in zwei Stunden (Gruppe bis 15 Teilnehmer: 120 Euro, jede weitere Person 8 Euro). Dabei werden die Infos über Obst­anbau nach der Hofführung abgefragt. Bei der praktischen Prüfung geht es darum, wer die längste Apfelschnur schält. Informationen: altlaender obsthof.de, Hollernstraße 97, Hollern-Twielenfleth, Telefon 04141-72 20.

Äpfel selber ernten: Das geht bis zum 23. Oktober auf dem Obsthof Bey. Neben Hofführungen am Wochen­ende jeweils um 16 Uhr können auch Äpfel geerntet werden. Am Wochenende jeweils 10 bis 18 Uhr. Dazu bitte im Hofladen melden! Ein Kilo kostet einen Euro. Die jeweiligen Ernte­zeiten für die einzelnen Sorten: Elstar Mitte September, Boskop Ende September bis Mitte Oktober, Jonagold Mitte Oktober, Red Jonaprince Mitte Oktober, Braeburn ca. Mitte bis Ende Oktober. Infos unter günstige-äpfel-altes-land.de, Groß Hove, Jork, Telefon 04162-64 45.

Selber pflücken kann man auch bei Familie Dirk Meyer, Neuenfelder Fährdeich 18, Neuenfelde, Infos unter Telefon 0176-51 00 60 10 und www.apfelgarten-altes-land. de. Ein Kilo: 1,50 Euro. Der Obstbaubetrieb Dirk Stemmer bietet Äpfel zum Selberpflücken direkt am Straßenrand entlang der Finkenwerder Straße in der Nähe des Airbus-Geländes. Freitags, sonnabends und sonntags jeweils ab 9 Uhr. Das Kilo kostet 1,50 Euro.

Picknick unter Obstbäumen bietet unter anderem an: Das Obstparadies Jork. Der Picknickkorb muss vorbestellt werden und kann auf dem Hof abgeholt werden. Mit Bollerwagen geht es zum reservierten Platz im Liegestuhl am Wasserlauf oder an Sitzgruppen. Picknickzeiten: Dienstag bis Sonntag, Picknickkorb­ausgabe: 10–15 Uhr, Rückgabe bis 18 Uhr. Preis Altländer Picknick: 22 Euro ab zwei Personen, Grillpicknick: 24 Euro. Info: www.obstparadies-jork.de, Ulrike Schuback, Wes­- terjork 81, Tel. 04162-370.

Weitere Infos gibt es unter www.tourismus-altes-land.de. Außerdem lädt der Loki-Schmidt-Garten in Klein Flottbek zu den Norddeutschen Apfeltagen (23. bis 25. September) mit zahlreichen Workshops, Vorträgen und Apfelfest. Infos: apfeltage.info